Schalke-Führung sieht langfristigen Zukunfts-Plan - Baum mit klaren Aufgaben
Von Yannik Möller

Auf Schalke müssen sich wichtige Dinge grundlegend ändern. So argumentieren und erklären auch Sportvorstand Jochen Schneider und Marketingvorstand Alexander Jobst gegenüber dem kicker. Pläne zur Ausgliederung stehen an erster Stelle, aber auch die langfristige Arbeit und Struktur im Klub. Neu-Coach Manuel Baum hat indes klare Aufgaben, denen er gerecht werden muss.
Die Diskussionen bezüglich einer etwaigen Ausgliederung, sowie zu den Vor- wie Nachteilen laufen beim FC Schalke 04 bereits seit geraumer Zeit. Nicht erst, aber besonders durch die Coronakrise ist das Thema im Frühjahr diesen Jahres wieder besonders in den Fokus gerückt. Zwischen Tradition, sportlichem Anschluss, Zweifel oder Vertrauen angesichts der handelnden Personen - Aspekte, über die sich zahlreiche Fans schon lange unterhalten.
Im Interview mit dem kicker haben die beiden Vorstands-Mitglieder Jochen Schneider (Sport und Kommunikation) und Alexander Jobst (Marketing und Organisation) das Ausgliederungs-Thema erneut auf die Karte gesetzt. Jobst betonte vor dem Einstieg dazu, es gehe "zunächst darum, Anspruch und Realität in Einklang zu bringen". Ein übergeordnetes Dogma, das schon die Juli-Pressekonferenz beherrschte, als es um die Saison-Analyse und um die generelle sportliche Zukunft des Vereins ging. Der Tenor: "Das Anspruchsdenken der vergangenen 15, 20 Jahre passt nicht mehr zur aktuellen Konstellation."
Schalke-Vorstand erarbeitet Konzepte zur Ausgliederung: "Gemeinsam und in aller Ruhe austauschen"
Dementsprechend müsse sich auch Königsblau "mit einer Strukturveränderung beschäftigen", so der Marketing-Chef weiter: "Wir arbeiten derzeit an einem Konzept, um dem FC Schalke 04 eine Struktur zu geben, die zum einen zu 104 Prozent zu unserem Verein passt, es uns zum anderen aber ermöglicht, langfristig wieder höhere Ziele in Angriff zu nehmen." Schon längst steht diese Umformung als Thema bevor. "Das benötigt noch Zeit, aber sobald wir die Vorarbeiten abgeschlossen haben, werden wir unsere Fans und Mitglieder einbinden, das Für und Wider gemeinsam abwägen und uns in aller Ruhe detailliert austauschen."
Dies ist ein ganz wichtiger Punkt, den Jobst immer wieder betont: Es gehe nicht darum, ein solches Konzept möglichst schnell vorzulegen und darüber abzustimmen. "Im Gegenteil", so führte er aus, "wir wissen, dass das die entscheidende Frage für die Zukunft unseres Vereins ist. [...] Ein klassisches Ausgliederungsmodell wie etwa beim FC Bayern ist bei uns nicht zu realisieren, weil es einfach nicht zu Schalke 04 passt." Eine bereits öfter genannte Alternative wäre der Weg als Genossenschaft, als eine Art Ausgliederung light.
Ebenfalls ein wichtiger Punkt, vor allem nach erneuten Diskussionen um Clemens Tönnies und dessen Rolle im und rund um den Verein: "Fakt ist: Das Konzept zur Zukunft hat keinen Bezug zu Clemens Tönnies, weder in einem Amt noch als potenzieller Investor." Dieser, so Jobst weiter, habe auch keine offizielle und schon gar keine inoffizielle Funktion mehr im Klub. Das Bild, das durch dessen Stadion-Besuch am ersten Spieltag in München abgegeben wurde, bezeichnete er als "verheerend".
Die Ausgliederung ist auch kein akutes Thema, die Knappen stehen nicht mehr vor einer "potenziell existenzbedrohenden Situation", wie es noch zu Beginn der Coronakrise hieß. Diese Bedrohung sei "mit der Wiederaufnahme des Spielbetriebs und somit der Sicherstellung der TV-Gelder" abgewendet worden, erklärte Jobst.
Schalke weiterhin mit "gewaltiger" Strahlkraft - McKennie-Leihe als beispielhafter Kompromiss
Trotz der finanziell stark angeschlagenen Lage und der sportlich gefährlichen Situation wollen die beiden Vorstands-Mitglieder kein schwarzes Bild von Schalke malen. Die berühmte Strahlkraft des Klubs, so Schneider, sei "bei den Spielern noch sehr hoch, national, aber insbesondere auch international". Das sei "gewaltig", wenn auch immer mehr Konkurrenten mit einem "dickeren Portemonnaie oft den Unterschied" machen könnten, was Neuverpflichtungen betrifft.
So betitelte er auch die Leihe von Weston McKennie zu Juventus Turin als "einen Kompromiss". Ohne die sportliche Talfahrt, in Kombination mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise, wäre einem "derartigen Transfer niemals zugestimmt" worden. Einen positiven Aspekt hat dieser Deal dennoch, wie der Sportvorstand anmerkte: "Die Wahrscheinlichkeit, dass Juve in ihm kommenden Sommer verpflichten muss, ist ausgesprochen hoch". Oftmals ist von der Qualifikation für die Champions League die Rede, dann fließen weitere und sehr wichtige 18,5 Millionen Euro.
Aber auch in anderen Teilen des Vereins ist Schalke nach wie vor gut aufgestellt. So sprach Jobst von einer Vermarktungssituation "auf Champions-League-Niveau" - das könne man so selbstbewusst sagen, dabei sei man 15 anderen Klubs aus der Bundesliga voraus. Die Partner seien zudem langfristig an der Seite des S04, doch würden auch diese erwarten, dass man "ein großer, ambitionierter Klub bleibt".
Schneider bei Wagner-Zukunft "federführend" - Baum muss für Erfolgserlebnisse sorgen
Neben der wirtschaftlichen Lage stehen natürlich die sportlichen Aussichten - inklusive der sehr großen Sieglos-Serie - im Vordergrund. Die Trennung von David Wagner am zweiten Spieltag führte zu viel Kritik. Aber nicht wegen der Trennung an sich, sondern weil nach der Ansicht vieler zu spät kam. "Wir waren der Überzeugung, dass unsere Mannschaft wieder so erfolgreich spielen könnte wie in der vergangenen Hinrunde [...]. Bei dieser Idee war ich federführend, aber diese Rechnung ist leider nicht aufgegangen", erklärte Schneider.
Der Sportvorstand stand schon im Verlauf der Rückrunde stark in der Kritik, weil er keine Zweifel an Wagner aufkommen lassen wollte und ihm anschließend sogar noch die ganze Zeit der Saisonvorbereitung schenkte. Dann der Schlussstrich nach dem zweiten Spieltag: "Nach dem Bremen-Spiel war der Glaube bei David, den ich weiter für einen sehr guten Trainer halte, und bei uns nicht mehr da, die Wende herbeizuführen. [...] Deshalb sahen wir uns zu dieser Trennung gezwungen."
Nachfolger ist Manuel Baum, der mit der 4:0-Niederlage gegen RB Leipzig direkt einen Schlag verkraften musste. Gegen das Argument, man hätte mit seiner Anstellung noch eine Woche warten können, wehrte sich Schneider (wie auch Baum selbst): "Ich bin überzeugt davon, dass wir es richtig gemacht haben. Sonst hätte es doch geheißen: Baum drückt sich vor dem Spiel - und der will der richtige Trainer für Schalke sein?"
Die Ansprüche an den neuen Coach sind von Schneider ebenso klar formuliert, wie sie bei vielen Fans auf Hoffnungen treffen: "Die Mannschaft benötigt Struktur, Ordnung, einen Plan. Sie muss sich über das Training Erfolgserlebnisse holen. Denn ich bin überzeugt davon: Ist dieses Erlebnis einmal da, bringt das auch den Glauben zurück. Dann kommen wir auch wieder ins Laufen."
Nun gehe es primär darum, dass die Mannschaft mit dem Trainerteam daran arbeitet, "wie wir wieder Bundesliga-Spiele für uns entscheiden können". Langfristig übergeordnet steht der sportliche Plan, mit jungen Spielern und Talenten für eine gute Basis und auch finanziellen Erfolg zu sorgen. Dafür sei es auch wichtig, im Bereich der Knappenschmiede "antizyklisch zu handeln" und dementsprechend weiter zu investieren, und nicht etwa zu kürzen: "Dieses Potenzial werden wir künftig wieder stärker für die Profi-Mannschaft nutzen, denn die Vergangenheit hat doch gezeigt, dass gerade dies der Weg des FC Schalke 04 ist."
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