Droht Schalke mit Grammozis ein "Wagner 2.0"-Szenario?
Von Yannik Möller
Rund um Schalke laufen die Debatten, ob an Dimitrios Grammozis als Trainer festgehalten werden sollte. Einige Fans monieren ein schon jetzt zu langes Festhalten - droht S04 ein neues Wagner-Szenario?
Während zahlreiche Fans, die es mit dem FC Schalke halten, längst einen Trainerwechsel fordern, weil sie weder spielerischen Fortschritt noch die Zuversicht auf den erhofften Aufstieg sehen, wollen die Verantwortlichen um Rouven Schröder und Peter Knäbel an ihrem Coach festhalten.
Auch wenn der Direktor und der Vorstand des Bereiches Sport die gemeinsame Aufarbeitung der letzten Spiele betonen, so scheint eines klar: ihr Ziel ist und bleibt die Kontinuität auf dem Trainerposten. Ein Wechseln käme für sie, zum jetzigen Stand, mit zu vielen Ungewissheiten einher. Finanziell, sportlich, personell - daher soll Grammozis den derzeitigen Negativtrend umkehren.
Vertrauen auf Grammozis könnte im erneuten Wagner-Dilemma enden
Eine Ausgangslage, die den ein oder anderen Fan schon jetzt an das Dilemma um David Wagner im Sommer 2020 erinnert. Zwar nicht, was den jeweils sportlichen Stand betrifft - immerhin hatte S04 unter Wagner eine Rückrunde lang nicht mehr gewonnen und eine sichtbar zerrüttete Truppe. Aber in der Frage um Kontinuität sind gewisse Ähnlichkeiten nicht von der Hand zu weisen.
Auch Jochen Schneider wollte am Ende der Saison 2019/20 auf Kontinuität setzen. Ein nicht nur ehrenwertes, sondern im Fußballgeschäft wichtiges Ziel. Das damalige Problem: Beständigkeit nur um der Beständigkeit willen, also weil man diese notfalls erzwingen möchte, führt nicht zum Erfolg.
Schneider entschied sich, Wagner die gesamte Vorbereitung und den Saisonstart zu geben. Schon nach dem zweiten Spieltag war Schluss. Manuel Baum, der damalige Nachfolger, hatte keinerlei Zeit, sich und das mehr als angeknackste Team zu vereinen und zusammen vorzubereiten. Die Spielzeit endete, wie sie enden musste - im redlich verdienten Abstieg.
Absteigen wird Schalke in dieser Saison nicht, dafür wurden bereits zu viele Punkte gesammelt und dafür ist auch die Qualität der Mannschaft für die 2. Bundesliga viel zu hoch. Doch darum geht es in dieser Betrachtung auch nicht. Die Frage ist, ob Schröder und Knäbel mit Grammozis auch nur um der Kontinuität willen weitermachen wollen, oder ob sich dieses Vertrauen auszahlt?
Das Potenzial für ein "Wagner 2.0"-Szenario ist zweifelsfrei da. Grammozis hat seinem Team bislang kein klares System, keinen klaren Plan an die Hand geben können. Ein spielerisches Fundament fehlt, wenn wichtige Spieler wie Thomas Ouwejan mal nicht funktionieren (können). So gibt es derzeit kaum Anzeichen dafür, dass zuverlässig die für den Aufstieg notwendigen Punkte geholt werden.
Wird zulange am Trainer festgehalten, obwohl es schon früher keinen Sinn mehr ergeben hätte, wird der Anschluss an die Tabellenspitze verloren. Man hätte wichtige Wochen verschenkt und so eine potenziell positive Wendung verpasst.
Das ist natürlich die pessimistische Betrachtung dieser Abwägung, doch ist sie möglich und würde zu einem wiederholten, wenngleich unterschiedlichem Wagner-Fall führen.
Die S04-Verantwortlichen hoffen zurzeit nicht nur auf den optimistischen Ausgang aus dieser Lage, sie glauben auch daran. Ansonsten würden sie nicht die gemeinsame Arbeit betonen und sich vor Diskussionen über "das große Ganze" verschließen. Im Sinne des Vereins bleibt zu hoffen, dass ein solches "Wagner 2.0"-Szenario nur Schwarzmalerei bleibt.