Fünf Nebengeschichten zum Schalke-Sieg in Rostock
Von Yannik Möller
Der 2:0-Sieg von Schalke gegen Rostock brachte den angereisten Knappen wichtige drei Punkte - auch für Dimitrios Grammozis. Doch das Spiel hatte rundherum mehr zu bieten als lediglich das Endresultat: Das Torwart-Drama, die Langer-Verletzung, eine desaströse erste Hälfte und noch mehr.
Schalke gewinnt in Rostock (0:2) - 5 Nebengeschichten zum S04-Spiel
1. Langer fällt langfristig aus
Eine Nachricht, die sich den Freitag über bereits abzeichnete und am Samstagabend bestätigt wurde: Michael Langer wird vorerst schwer verletzt ausfallen. Der Keeper zog sich einen Kreuzbandriss im rechten Knie zu, musste dementsprechend operiert werden.
Von kaum einem anderen Spieler wird so oft gesprochen, wenn es um den wichtigen Zusammenhalt und ein gutes Klima in der Kabine geht. Wenngleich Langer als normalerweise dritter, zuletzt zweiter Torwart nur sehr selten zum Einsatz kommt, ist er für Schalke ein wichtiger Bestandteil des Kaders.
Somit muss man vorerst mit zwei Torhütern auskommen.
Nach dem Spiel zeigte sich das Team jubelnd in der Kabine, vor ihnen ein Langer-Trikot. "Der Sieg ist für dich", hieß es dazu.
Eine persönliche Botschaft gab es dazu auch von Klublegende Mike Büskens: "Den Sieg sollten wir Michi Langer widmen. Michi, komm schnell wieder auf die Beine. Wir brauchen dich auf der Wiese, wir brauchen dich in der Kabine. Du lebst diesen Klub zu 100 Prozent."
2. Der Fährmann-Fraisl-Tausch
Bis zum Freitagmittag, als es die Bild bereits meldete, hatte wohl so gut wie niemand mit einem Torwartwechsel gerechnet. Ja, ein Patzer gegen Karlsruhe und eine dürftige Spieleröffnung von Ralf Fährmann gab es. Allerdings auch mehrere Treuebekenntnisse, einen verlängerten Vertrag mitsamt Gehaltsreduzierung - und eine neue Nummer eins, die in den vorigen vier Partien nicht einmal Teil des Kaders war.
Dementsprechend auch der Gesichtsausdruck von Fährmann. Vor dem Spiel und auf dem Weg zur Bank, in der Halbzeit und auch nach Abpfiff: der 32-Jährige zeigte sich sichtlich enttäuscht.
"Wir sind im Leistungsfußball. Ich stelle nicht nach Vertragsdauer oder nach Typen auf, sondern muss Entscheidungen treffen", so Dimitrios Grammozis nach dem Spiel (via WAZ). Weiter: "Das war keine Entscheidung gegen Fährmann, sondern für Martin Fraisl. Er hat uns im Training gezeigt, dass er unbedingt in die Mannschaft will."
Fraisl zeigte sich souverän bei Paraden, bei gegnerischen Flanken war er aber nicht 100 Prozent sicher. Mit dem Ball am Fuß hatte er hier und da Probleme. Zusammenfassend lässt sich wohl sagen: rein leistungstechnisch hätte ein Fährmann-Einsatz in diesem Spiel kaum einen Unterschied gemacht.
3. Halbzeit eins war zum Wegschauen - Grammozis: "Nicht so gut gefallen"
In der ersten Halbzeit wurde Schalke vom Aufsteiger aus Rostock spielerisch dominiert. Daran gibt es nichts zu rütteln. Die Gastgeber fanden schnell ins Spiel, während S04 defensiv sehr ungeordnet und offensiv sehr ungefährlich agierte.
Lange Bälle wurden in Unterzahlsituationen geschlagen, eine vernünftige Aufteilung, die für etwas Ruhe und Ordnung hätte sorgen können, suchte man vergebens. Es waren spielerisch desaströse erste 45 Minuten.
Grammozis wählte angesichts dieser Leistung sehr schmeichelhafte Worte: "Nicht so gut gefallen hat mir die erste Halbzeit. Da waren wir nicht gut drin, Hansa hatte mehr vom Spiel."
So wurde es auch gegen den Aufsteiger nichts mit einem nahezu durchgehend souveränen Auftritt.
4. Terodde macht Terodde-Sachen
"Das 1:0 von Simon Terodde kurz vor der Pause war dann so etwas wie der Dosenöffner für uns", so Grammozis. Wieder einmal war es Terodde, der Schalke am leben und im Spiel hielt. Unfassbar: von den insgesamt 13 Liga-Toren wurden zehn von ihm erzielt und zwei vorbereitet.
Ohne ihn, das lässt sich wohl so plakativ sagen, wäre Grammozis seinen Job längst wieder los. Er ist und bleibt der beste und wichtigste Transfer des vergangenen Sommers.
Und gegen Rostock funktionierte er, wie er auf Schalke funktionieren muss: Eine Flanke von links, die er durch einen flachen Kopfball perfekt in die lange Ecke verlängerte, und ein perfektes Stellungsspiel, als Mehmet-Can Aydin die Nerven behielt und eine gute Flanke nochmals ablegte.
Damit hat S04 unfassbar viel Glück: spielerisch geht nach wie vor so wenig in der Offensiv, dass ein Terodde - der aus dem Nichts treffen kann - so wichtig ist, dass man es kaum in Worte fassen kann.
5. Vier Spiele, drei Siege: Grammozis dennoch weiter in der Kritik
Aus den letzten vier Spielen haben die Gelsenkirchener drei Siege holen können. Gegen Düsseldorf, gegen Paderborn und nun gegen Rostock. Gegen Karlsruhe hat man mit einer Roten Karte und nach einem Sonntagsschuss verloren.
Mit diesen drei Sätzen klingt der jüngste Sieg wie ein klarer Aufwärtstrend für Schalke. Und dennoch steht Grammozis weiter in der Fan-Kritik. Das ist verständlich und liegt selbstredend nicht nur an den Ergebnissen.
Mit der Spielweise, die S04 nun seit Spieltag eins an den Tag legt, wird man mittelfristig nicht erfolgreich sein können. Fast ausnahmslos jeder einzelne Punktgewinn stand zumindest zwischenzeitlich auf der Kippe. Eine spielerische Entwicklung, die dringend notwendig ist, ist weiterhin nicht zu erkennen.
Mit einem starken Kader taumelt Schalke fast von Spiel zu Spiel, mit sehr wenigen Großchancen und kaum erkennbaren Spiel- beziehungsweise Offensivstrukturen. Früher oder später wird das nicht mehr ausreichen. Deshalb richtet sich die Kritik nicht rein auf Grammozis und auch nicht bloß auf das Hier und Jetzt - sondern auf die Sorgen, mal wieder zu spät zu reagieren.