S04-Vorstand mit offenem Brief: Das Ziel verfehlt
Von Yannik Möller
Am Donnerstag hat sich der Schalke-Vorstand "an die Fans und Mitglieder" des Vereins gewandt, wie man den offenen Brief einleitete. Während so mancher Punkt zurecht angesprochen und thematisiert wird, verfehlt die grundlegende Intention und der vermeintliche Aufhänger - die Kritik am Vorstand - jedoch das Ziel. Ein Kommentar.
"Liebe Fans und Mitglieder, unser Verein steckt derzeit in einer Situation, die so noch keiner von uns erlebt hat." So beginnt das Statement, dass der FC Schalke 04 am Donnerstag im Namen des Vorstands veröffentlicht hat. Gemeint sind also Jochen Schneider (Sport und Kommunikation), Alexander Jobst (Marketing und Vertrieb) sowie Christina Rühl-Hamers (Finanzen und Personal).
Ganz grob zusammengefasst, geht es in diesem offenen Brief um die Schwierigkeit und um die vielfältigen Dimensionen der großen Krise, in der sich Königsblau derzeit befindet. Fehler der letzten Jahre werden eingestanden ("vor allem sportlich und finanzpolitisch"), das Auftreten der Profimannschaft wird thematisiert und auf den Kampf um den Klassenerhalt eingeschworen, zum Zusammenhalt wird aufgerufen und - ganz wichtig dabei - die teils lautstarke Kritik der letzten Wochen am Vorstand findet ebenfalls in mehreren Absätzen Platz.
Kritik an der Kritik: Schalke-Vorstand verwirkt ein grundsätzlich richtiges Statement
Der letzte Punkt, eine Reaktion auf große und kritische Plakate seitens mancher Ultra-Gruppierung und so mancher Kritik aus dem Netz, nimmt dabei das Hauptaugenmerk ein. Gewollt oder nicht, dabei völlig egal. Und die Art und Weise, wie diese Kritik aufgegriffen wird, trifft dabei völlig zurecht auf viel Unverständnis der angeschriebenen und sogar extra angemailten Schalke-Fans und -Mitglieder.
Während man Verständnis "für euren Unmut über die derzeitige Situation" habe und den Fans "jedes Recht" einräume, "auch mal lautstark zu schimpfen", so sei "eine Grenze überschritten", sobald sich das auf einzelne Personen bezieht. Diese Grenze sei überschritten, sobald (im Wortlaut!) "Einzelne namentlich zum Buhmann ausgerufen oder zum Alleinschuldigen erklärt werden sollen". Das sehr große Problem daran: Das hat gar keiner getan. Niemand hat Schneider oder Jobst als Alleinschuldigen bezeichnet. Die Kritik an der Kritik ist somit nicht nur falsch, sie verzerrt, wie begründet diese zum Großteil tatsächlich ist.
Sowohl bei den Plakat-Aktionen, bei denen teilweise sogar auf einzelnen Bannern gleich mehrere Versäumnisse aus verschiedenen Bereichen des Vereins zu finden wahren, als auch im Netz, wo so gut wie jeder Fan - insofern er Kritik an den Verantwortlichen übt - auch die Fehler der vorigen Jahre im Hinterkopf hat, findet dieser indirekte Vorwurf nicht statt.
Und selbst wenn es so wäre, wenn ausnahmslos nur Jobst angesprochen, kritisiert und für Versäumnisse verantwortlich gemacht werden würde. Dann ist das so. Niemand, absolut niemand aus der Vereinsführung, garantiert auch nicht der Aufsichtsrat, hat über die letzten Jahre, das letzte Jahrzehnt fehlerfrei für den S04 gearbeitet. Die derzeitige sportliche wie finanzielle Notlage ist ein Resultat von Fehlern, die über Jahre hinweg und von verschiedenen Personen - aber auch von Schneider und Jobst - gemacht wurden. Das Ansprechen dieser Tatsache darf nicht verdreht werden, um den Inhalt (!) der Kritik zu kritisieren.
Aussprachen zwischen S04-Vorstand und Fans notwendig - kein Warten bis zur Mitgliederversammlung
Was dringend nötig wäre: Ein offener Diskurs, große Aussprachen, zwischen Verein und Fans. Im Statement wird zwar betont, "spätestens auf der nächsten Mitgliederversammlung" würden sämtliche Themen "schonungslos auf den Tisch gebracht", doch jeder weiß, wie lange eine solche Veranstaltung noch nicht stattfinden können wird und wie lange die Not nach richtigem Diskurs schon existiert.
S04-Fan und Twitternutzer @julian04ze hat es in einer eigenen Antwort passend erklärt: "Nicht auf der nächsten Mitgliederversammlung, sondern jetzt muss eine Aussprache erfolgen. Wenn derzeit keine physischen Treffen möglich sind, sollte man als 'modern' aufgestellter Verein in der Lage sein, zumindest ausgewählte Vertreter aller Fanbereiche via Web zum Diskurs zu laden." Sein Fazit fällt ebenso kritisch aus: "Ihr sprecht immer von Miteinander, bewegt euch aber keinen Millimeter auf die Fans zu."
Auch wenn der Appell zum Zusammenhalt, zur Unterstützung und zum gemeinsamen Support der Mannschaft an sich völlig richtig und verständlich ist - ein sehr bitterer Beigeschmack bleibt erneut, wobei ein solcher offener Brief eigentlich zum Ziel haben sollte, die Fans zu erreichen, sie zu beschwichtigen, Verständnis zu zeigen und selbstkritisch zu sein. Davon waren die Zeilen des Vorstands jedoch weit entfernt.