Rudi Völler schießt gegen UEFA-Pläne: "Hat nichts mehr mit Fair Play zu tun"
Von Dominik Hager
Die angedachte Reform der Champions League erhitzt weiterhin die Gemüter. Rudi Völler zeigte sich im Aktuellen Sportstudio des ZDF kritisch gegenüber den Ideen der UEFA. Der Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen heißt eine Platzvergabe nach einem Koeffizienten nicht gut. Dieser würde die Leistung der Teams aus den letzten zehn Jahren berücksichtigen.
Die Champions League der Zukunft soll nicht mehr 32, sondern 36 Klubs beinhalten. Dies ist jedoch nicht die einzige geplante Veränderung. Ab 2024 soll die Vorrunde nämlich nicht in Vierergruppen entschieden werden, sondern in einer Rangliste mit allen 36 Teams. Jeder Verein würde anhand einer zuvor festgelegten Setzliste gegen zehn andere Klubs antreten. Nach Abschluss der Gruppenspiele ziehen die besten acht Teams sofort ins Achtelfinale ein, während die Mannschaften von Rang neun bis 24 in Play-off-Matches um die die acht weiteren Plätze spielen würden. All das klingt in erster Linie kompliziert und nach einer hohen Belastung für die Spieler.
Völler kritisiert angedachten Koeffizienten: "Hat nichts mit Fair Play zu tun"
Rudi Völler ist jedoch ein anderer Punkt ein Dorn im Auge. Dieser bezieht sich auf die Qualifikationskriterien, die von vielen Seiten kritisch betrachtet werden. Das aktuelle Modell sieht vor, dass sich 19 Teams aus den fünf europäischen Top-Ligen direkt qualifizieren, was einen zusätzlichen festen Platz für die Ligue 1 bedeuten würde. Zudem soll ein weiterer Meister aus einer kleineren Liga einen Startplatz erhalten.
Die übrigen zwei Plätze sollen über einen Koeffizienten verteilt werden. Dieser resultiert aus den Leistungen der Klubs auf europäischer Bühne in den letzten zehn Jahren. Noch ist jedoch nicht klar, ob nur zwei der vier zusätzlichen Plätze auf diese Weise vergeben werden oder sogar alle. "Was ich total schlecht finde, ist, wenn die Champions League von 32 auf 36 Teams aufgestockt wird und die vier Klubs kommen über einen Koeffizienten rein, der mit dem Abschneiden in der aktuellen Saison nichts zu tun hat. Das ist eine unglaubliche Ungerechtigkeit, und das hat dann auch nichts mehr mit Fair Play zu tun", wütet Rudi Völler.
Völler fürchtet das Ende des Leistungsprinzips: "Das Schlimmste, was dem Fußball passieren kann"
Durch die Regeländerung könnte es tatsächlich sogar dazu kommen, dass aktuelle Zweitligisten in die Königsklasse rutschen, weil sie vor acht, neun oder zehn Jahren groß aufgespielt haben. Sicherlich ein wenig wahrscheinliches Szenario, das im schnelllebigen Fußball aber nicht unmöglich scheint. "Wenn ein oder zwei Mannschaften reinrutschen, weil sie acht Jahre vorher die Champions League gewonnen haben, das können doch nicht mal die eigenen Fans solcher Vereine gutheißen", befindet Völler, der sich ansonsten offen gegenüber Reformen zeigt. Der frühere DFB-Coach hält jedoch vom Koeffizienten gar nichts, da man somit das Leistungsprinzip außer Kraft setzen würde. "Das ist das Schlimmste, was dem Fußball passieren kann", warnt er.
Ginge es nach dem Leverkusener Sportdirektor, so sollte der derzeitige Qualifikationsmodus weiterhin Bestand haben. Daher appellierte er scharf an Rainer Koch, Vize-Präsident des DFB und Mitglied im Exekutiv-Komitee der UEFA, "ein Zeichen zu setzen". Welche der angedachten Reformen wirklich durchgesetzt werden, entscheidet sich voraussichtlich am 19. April.
Rudi Völler trifft mit seinen Aussagen den Kern
Im Grunde kann man Rudi Völler in diesem Punkt absolut Recht geben. Die Lorbeeren aus der Vergangenheit sollten nicht zehn Jahre Bestand haben. Fußball bedeutet auch, dass sich die Teams jede Saison aufs Neue beweisen müssen und sich nicht auf alten Erfolgen ausruhen können. Dies wäre auch für den Nachwuchs ein schlechtes Zeichen. Das harte Profigeschäft hat eben auch Tiefen und die müssen zum Beispiel durch die Nichtteilnahme an der Königsklasse bestraft werden. In gewisser Weise würde man auch die Spannung der Liga zerstören, wenn sich einige Teams ihrer Sache schon sicher sein könnten. In der laufenden Saison müssten möglicherweise der FC Liverpool oder Borussia Dortmund in der Liga gar nicht mehr kämpfen, da ihnen der Koeffizient die Teilnahme sichern würde.
All das kann jedoch nicht im Sinne der Fans sein, die einen erbitterten Kampf um die internationalen Plätze sehen wollen. Die große europäische Bühne muss man sich eben auch sportlich verdienen. Warum sollten die Akteure davon profitieren, dass Spieler vor vielen Jahren gute Leistungen für den Verein gezeigt haben, die mit der aktuellen Mannschaft jedoch nichts mehr zu tun haben? Hier gilt ganz klar das Prinzip, dass nicht jede Veränderung eine gute Veränderung ist.