Ronald Koeman über seinen Beginn beim FC Barcelona: "Müssen jetzt den eingeschlagenen Weg weitergehen!"

Als Spieler schon eine Klublegende: Barça-Coach Ronald Koeman
Als Spieler schon eine Klublegende: Barça-Coach Ronald Koeman / Eric Alonso/Getty Images
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In gut zwei Wochen ist Ronald Koeman seit 100 Tagen im Amt des Cheftrainers beim FC Barcelona. Grund genug für die in Barcelona ansässige Mundo Deportivo, im Interview mit dem Holländer eine erste Bestandsaufnahme dieser ersten drei Monate seines Wirkens zu machen.

Ganz allgemein gesprochen, und losgelöst von den nicht immer optimalen Resultaten, fühlt sich Koeman "ganz zufrieden" mit seiner Anfangszeit bei seiner alten Liebe Barça, für die er zwischen 1989 und 1995 sechs Jahre als Spieler aktiv war.

"Wir verändern gerade einige Dinge, wie z.B. mit mehr Intensität zu spielen. Aber auch in vielen anderen Bereichen sind wir auf einem guten Weg." Dabei ignoriert er jedoch nicht, dass es ergebnistechnisch besser hätte laufen können. "Ich bin zwar nicht zufrieden mit den letzten Spielen, in denen wir ziemlich viele Punkte haben liegen lassen, aber im Allgemeinen schon. Wir sind erst am Anfang. Es gibt noch viele Dinge zu verbessern. Wir müssen jetzt den eingeschlagenen Weg weitergehen."

"Man kann immer Dinge verbessern!"

In puncto Kaderzusammenstellung differenziert der Holländer, der freilich auch nicht den herrschenden Realitäten den Rücken zuwendet. "Generell bin ich mit der Gruppe zufrieden. Aber es gibt natürlich äußere Zwänge, wie die wirtschaftliche Situation des Klubs. Jetzt arbeite ich mit den Spielern, die ich habe. Aber wenn du mich fragst, ob diese meinen Idealvorstellungen entsprechen, muss ich Zweifel anmelden. Man kann immer Dinge verbessern. Auf einigen Positionen sind wir sehr limitiert, was mit der Gesamtsituation des Vereins zu tun hat."

Entsprechend laut denkt der Coach über personelle Verstärkungen nach. "Mit Ramon Planes (Sportdirektor der Blaugrana, Anm. d. Red.) spreche ich immer über die Zukunft und darüber, welche Spieler wir verpflichten können und wo uns der Schuh am meisten drückt. Aber angesichts der wirtschaftlichen Situation des Klubs, weiß ich, dass ich nicht viel verlangen kann."

Konkret auf Memphis Depay angesprochen, wollte sich Koeman - ganz Diplomat (oder Psychologe, je nach Sichtweise) nicht aus der Reserve locken lassen. "Zunächst einmal ist es nicht gut, über Spieler zu reden, die nicht da sind. Es stimmt, dass sein Name zuletzt immer wieder fiel, und dass er die letzten Spiele mit der holländischen Nationalelf allesamt auf der Neunerposition bestritten hat. Jeder kann seine Meinung haben, aber zur Zeit ist der Spieler nicht hier und wir werden sehen, was die Zukunft bringt."

Ein Mann für die Zukunft? Memphis Depay
Ein Mann für die Zukunft? Memphis Depay / Soccrates Images/Getty Images

In Bezug auf die erfahreneren Spieler im Kader, wie z.B. Samuel Umtiti, zeigt sich Koeman eher verhalten, dass sie in Kürze quasi zu "internen Winterverstärkungen" werden könnten. "Ich glaube, diesem Spieler (Umtiti) fehlt noch etwas im physischen Bereich. Er trainiert, aber bei vielen Dingen kann er noch nicht alles im selben Umfang mitmachen, wie seine Kollegen. In der Zukunft, wenn er denn fit ist, ist er einer mehr im Kader. Ein Innenverteidiger. Es hängt dann von seiner Leistung und seiner Fitness ab, ob er uns weiterhelfen kann."

Auf eine mögliche Verpflichtung des ebenfalls in den Medien immer wieder genannten Eric García wollte Koeman - schlüssigerweise - genauso wenig eingehen wie auf seinen Landsmann. "Das hängt von Manchester City ab."

"Messi ist der beste Spieler der Welt!"

Natürlich kann ein Name wie Lionel Messi in einer ersten Bestandsaufnahme des Trainers nicht fehlen. Koeman zeigt sich sehr zufrieden mit dem argentinischen Superstar. "Ich habe mit ihm vom ersten Tag an frank und frei gesprochen. Zweifel an ihm hatte ich nie. Ich sehen ihn jeden Tag trainieren, und wie sehr er es liebt, zu spielen. Schon am ersten Tag habe ich gesagt, dass er der beste Spieler der Welt ist, und natürlich ziehe ich es vor, den besten Spieler der Welt in meiner Mannschaft zu haben."

Das Gegenstück zu Messi bildet auf gewisse Weise das Sorgenkind Antoine Griezmann, der noch nicht so richtig in Schwung gekommen ist bei seinem neuen Klub. "Er braucht Selbstvertrauen, und Tore zu schießen gibt dir dieses Selbstvertrauen. Man kann nicht sagen, dass er nicht hart arbeiten würde. Aber zur Zeit fällt es ihm im Kreis der französischen Nationalmannschaft etwas leichter, weil er die Kollegen dort schon lange kennt und immer auf der gleichen Position spielt. Aber ein Spieler, der hart an sich arbeitet und ständig versucht, die Dinge zu ändern, wird am Ende auch belohnt werden."

Sorgenkind Nr. 1: Antoine Griezmann
Sorgenkind Nr. 1: Antoine Griezmann / Eric Alonso/Getty Images

Hart arbeiten, und zwar als Rekonvaleszent, wird auch Ansu Fati nach seiner Knieoperation müssen. Vier Monate wird das Super-Talent dem Klub fehlen. "Mit ihm fehlt uns jetzt über Monate hinweg ein guter Spieler, der auf außen spielen aber auch als Neuner agieren kann. Er hat schon gezeigt, zu was er in der Lage ist. Aber es nützt nichts: wir müssen die Situation akzeptieren, und nun anderen Spielern die Möglichkeit geben, sich zu zeigen."

Wird dem Klub längere Zeit fehlen: Super-Talent Ansu Fati
Wird dem Klub längere Zeit fehlen: Super-Talent Ansu Fati / Quality Sport Images/Getty Images

Lob für Dembélé

Vielleicht ja einem Ousmane Dembélé, der zuletzt bereits zu wesentlich mehr Einsatzzeiten kamen als noch vor einigen Wochen und Monaten. "Vor allem liegt das daran, dass der Spieler jetzt physisch besser drauf ist. Er hat hart trainiert, Extra-Schichten geschoben. Wenn er gut in Form ist, braucht man über seine Qualitäten gar nicht zu sprechen. Ich bin sehr zufrieden, wie er zuletzt gearbeitet hat."

Auf dem Weg zur alten Stärke: Ousmane Dembélé
Auf dem Weg zur alten Stärke: Ousmane Dembélé / Eric Alonso/Getty Images

Losgelöst von den speziellen sportlichen Herausforderungen der Gegenwart, sieht Koeman auch Dinge innerhalb des Klubs verändert, seit er den Verein 1995 verließ. "Es gibt jetzt noch mehr Pressevertreter als damals. Und natürlich verändert die Corona-Pandemie, wie bei allen anderen Klubs, alles. Ohne Publikum zu spielen ist schwierig. Auch für die Spieler. Ich vermisse die Fans."

Doch gibt es auch positive Veränderungen seit damals. "Jetzt arbeiten wir in der Ciudad Deportiva (Trainingsgelände, Anm. d. Red.), die es damals noch nicht gab. Hier gibt es viele Möglichkeiten, sich im Training auf die Aufgaben in optimaler Weise vorzubereiten. Aber grundsätzlich hat sich der Klub eigentlich nicht groß verändert, auch wenn die handelnden Personen natürlich andere sind."

Von Pedri sehr überrascht

Hat seinen neuen Trainer positiv überrascht: Pedri
Hat seinen neuen Trainer positiv überrascht: Pedri / Eric Alonso/Getty Images

Auf die Frage, welcher seiner Spieler ihn am meisten überrascht habe, braucht Koeman nicht viel Zeit, um zu antworten: "Pedri. Ich wusste vorher nicht viel von ihm. Nur dass Barcelona ihn von der UD Las Palmas verpflichtet hatte. Ich hatte vorher ein paar Videos von ihm gesehen, aber dass er sich derart schnell anpassen und verbessern würde, hat wohl keiner erwartet."