Roger Schmidt & Erik ten Hag gehandelt: Wer hat das Zeug für FC Bayern?
Von Dominik Hager
Nach der Absage von Ralf Rangnick ergab sich auf Anhieb die brennende Frage, auf welchen Kandidaten sich die Bayern-Verantwortlichen jetzt stürzen werden. Laut Informationen der Sport-Bild-Reporter Christian Falk und Tobi Altschäffl fokussieren sich die Münchner nun auf Roger Schmidt.
Der 57-Jährige ist seit Sommer 2022 bei Benfica SL tätig und grundsätzlich noch bis 2026 gebunden. Eine Ausstiegsklausel in Höhe von 30 Millionen Euro soll im Schmidt-Kontrakt verankert sein. Zwar würden die Bayern eine derartige Summe wohl nicht bezahlen, jedoch soll auch Benfica nicht mehr ganz glücklich mit dem Coach sein. Demnach wäre Schmidt wohl für eine deutlich geringere Summe zu haben.
Laut Angaben der Sport Bild stand Schmidt schon länger auf der Liste der Bayern-Verantwortlichen, ist jedoch erst jetzt ein heißes Thema. Dies ist durchaus schlüssig, zumal Schmidt keiner der Coaches ist, die man auf Anhieb mit einem Top-Klub in Verbindung bringen würde.
Schmidt wartet auf den ganz großen Coup
Seine bisherigen Stationen (Paderborn, Salzburg, Leverkusen, Guoan, Eindhoven, Benfica) zeigen, dass er bislang eher Klubs aus dem 1B- oder 1C-Regal trainiert hat. Dementsprechend sehen auch seine Erfolge aus. Schmidt wurde mit Benfica und Salzburg Meister und mit Guoan und Eindhoven Pokalsieger. Der erfahrene Coach ist nirgendwo wirklich gescheitert, hat überall gewisse Erfolge vorzuweisen, den ganz großen Knall hat es jedoch nie gegeben.
Natürlich kann hierbei angemerkt werden, dass Schmidt bislang dafür auch schlichtweg die Rahmenbedingungen gefehlt haben, jedoch wäre ein Job beim FC Bayern gewissermaßen Neuland. Schmidt hat noch nicht den Druck erfahren, wie ihn ein Bayern-Coach durchlebt und auch noch keine Stars wie Harry Kane oder Manuel Neuer trainiert.
Der FC Bayern tut sich in der Regel schwer damit, einen Trainer anzustellen, der genau das noch nicht vorweisen konnte, jedoch erfordern besondere Situationen auch mal besondere Handlungen. Die Crème de la Crème wie beispielsweise Jürgen Klopp und Pep Guardiola ist aktuell wohl nicht verfügbar, weshalb man sich ein Regal darunter bedienen muss. Schmidt passt mit seiner offensiven und auf Pressing ausgelegten Spielphilosophie grundsätzlich zum FCB und man müsste bei ihm auch keinen Total-Reinfall à la Jürgen Klinsmann befürchten. Genauso wenig würde er aber Begeisterungsstürme, sondern bei den meisten Münchnern eher ein emotionsloses "Passt scho" auslösen.
Erik ten Hag gehandelt: Ajax-Magie bald auch in München?
Emotionaler könnte die Gefühlslage hingegen bei Erik ten Hag ausfallen, der von der Sport Bild als Alternative zu Schmidt angeführt wird. Im Gegensatz zu Schmidt, der bei seinen Stationen relativ vergleichbare Erfolge erzielen konnte, hat ten Hag in kürzerer Zeit mehr Höhen und Tiefen erlebt.
Unvergessen ist der Lauf, den der Niederländer mit Ajax Amsterdam in der Champions League hingelegt hat, der nur mit enorm viel Pech nicht im Finale endete. Kein anderes Team zeigte in der Saison 2018/19 solch atemberaubenden Fußball wie Ajax unter ten Hag. Zu den prägenden Figuren gehörten die damals noch blutjungen Matthijs de Ligt und Frenkie de Jong. Wie würde sich ein gewisser Uli Hoeneß freuen, wenn dem Coach das mit Jamal Musiala, Aleksandar Pavlovic und Mathys Tel auch gelingen würde?
Ten Hag hat gezeigt, dass er junge Spieler entwickeln kann, aus einem vermeintlichen Underdog ein Top-Team machen kann und hervorragenden Ballbesitzfußball spielen lässt. All das sind Faktoren, die ihn für einen Job beim FC Bayern interessant machen. Hinzu kommt, dass er bereits erfolgreich als Coach bei Bayern II tätig war und demnach den Verein schon kennt.
United-Zeit wirft ein schlechtes Licht auf ten Hag
Zwar hat ten Hag zahlreiche Argumente für sich, in den letzten beiden Jahren bei Manchester United aber genauso viele gegen sich gesammelt. Der 54-Jährige hinterließ mit seiner kompromisslosen Art Eindruck, jedoch liest sich seine Bilanz schon ziemlich ernüchternd.
In der Saison 2022/23 reichte es in der Premier League zwar immerhin für Rang drei, jedoch war die Erwartungshaltung höher, nachdem der Klub mit Transfers von u.a. Antony, Casemiro und Lisandro Martínez ein Transfer-Minus von 220 Millionen Euro gemacht hatte.
Noch unschöner gestaltet sich die laufende Spielzeit mit derzeit Rang sechs in der Liga und einem peinlichen Aus in der Champions-League-Gruppenphase hinter dem FC Bayern, Galatasaray und Kopenhagen.
Zwar ist es gewiss nicht leicht, United-Coach zu sein, jedoch ist es ten Hag eben auch nicht gelungen, das Chaos zu meistern. Dies zeigen auch die Auseinandersetzungen mit Cristiano Ronaldo und Jadon Sancho. Auf der einen Seite ist ten Hag keiner, der sich auf der Nase herumtanzen lässt, auf der anderen Seite zeigte sich dadurch aber auch, dass der Niederländer nicht mit allen Charakteren zurechtkommt. Beim FC Bayern muss ein Trainer jedoch sowohl mit Stars umgehen können als auch mit jenen, die besonderen Zuspruch brauchen.
Unter diesen Gesichtspunkten ist es schwierig, sich ten Hag als Bayern-Trainer vorzustellen. Stand jetzt steht der 54-Jährige ohnehin noch bei Manchester United unter Vertrag. Dies könnte sich angesichts der enttäuschenden Saison allerdings ändern. Bei den Red Devils soll Thomas Tuchel hoch im Kurs stehen, wodurch eine Art Trainer-Tausch möglich wäre.
Ob die Bayern das Risiko mit ten Hag wirklich eingehen würden, ist ungewiss. Jedoch könnte angesichts der Absagenwelle auch das Motto gelten: "Wer nicht riskiert, verliert."
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