Reus, Dahoud und Co.: So läuft es für die Sorgenkinder beim BVB
Von Oscar Nolte
Der BVB hat den besten Saisonstart unter Cheftrainer Lucien Favre aufs Parkett gelegt. Doch Borussia Dortmund wäre nicht Borussia Dortmund, wenn es keine Sorgenkinder gäbe. 90min hat analysiert, bei wem noch Sand im Getriebe ist und wer sich überraschend gut schlägt.
Borussia Dortmund ist mit einem breiten Kader und einigen Sorgenkindern in die Saison gestartet. Kapitän Marco Reus muss nach einer überschaubaren Saison und einer erneut langen Verletzungspause zu seiner alten Form finden, Nico Schulz überhaupt erstmal in Dortmund ankommen. Mo Dahoud steht wohl vor seiner letzten Chance, beim BVB endlich den Durchbruch zu schaffen und Neuzugang Thomas Meunier muss die großen Fußstapfen von Achraf Hakimi ausfüllen.
Zeit für ein Zwischenfazit! Wir haben die schwarz-gelben Sorgenkinder unter die Lupe genommen:
1. Marco Reus
Sky-Experte Didi Hamann sprach zuletzt ein vernichtendes Urteil über Marco Reus und forderte, dass dem Nationalspieler die Binde abgenommen werden sollte. Zugegeben: der BVB-Kapitän sucht nach seiner langen Verletzungspause noch nach seiner Top-Form und ist aktuell kein uneingeschränkter Stammspieler.
Nichtsdestotrotz ist und bleibt Reus der verlängerte Arm von Cheftrainer Lucien Favre auf dem Platz und der Anführer der jungen Dortmunder Offensivabteilung. Sportdirektor Michael Zorc sieht bei Reus zudem eine aufsteigende Tendenz. Dem Dortmunder Kapitän sollte noch Zeit gegeben werden, aber Butter bei die Fische: zwei Tore und eine Vorlage in zehn Pflichtspielen sind für die Ansprüche des Stürmers zu wenig. Die Kritik der letzten Wochen ist trotzdem überzogen - bei Reus ist Geduld gefragt.
2. Thomas Meunier
Achraf Hakimi hat in zwei Jahren beim BVB mehr Sprints hingelegt, als ich in 25 Jahren. Und noch ein feiner Unterschied: beim Marokkaner mündeten die Tempoläufe in der Regel in Toren. Sein Abschied hinterließ im Sommer eine Lücke, die nicht zu schließen ist: es gibt keinen vergleichbaren Rechtsverteidiger auf dem Markt.
Der BVB verpflichtete mit Thomas Meunier einen anderen Spielertypen, der allerdings mit internationaler Klasse und Erfahrung aufwerten kann. In seinen ersten Wochen tat sich der Belgier in schwarz und gelb jedoch schwer; vor allem gegen Lazio Rom lieferte Meunier eine schwache Partie ab. Offensiv kann der aus Paris verpflichtete Rechtsfuß zudem nicht kompensieren, was in Dortmund mit Hakimi verloren gegangen ist.
Dafür stabilisiert Meunier die rechte Abwehrseite merklich und kriegt auch daher regelmäßig das Vertrauen von Cheftrainer Lucien Favre geschenkt. Gegen Zenit St. Petersburg und Arminia Bielefeld wies der Belgier zudem eine aufstrebende Form auf. Auch hier gilt: Geduld ist gefragt, doch Meunier scheint langsam in die Spur zu finden.
3. Mahmoud Dahoud
Die Absenz der Fans in den deutschen Stadien hat etwas offengelegt, das die meisten BVB-Fans überraschte: Mo Dahoud ist das Sprachrohr auf dem Rasen. Der frisch gebackene Nationalspieler ist absoluter Wortführer in Dortmund und weist damit eine Qualität auf, die dem schüchtern wirkenden Mittelfeldspieler bisher nur wenige Fans zugetraut hätten.
Fakt hingegen ist und war: Dahoud muss in dieser Saison endlich seinen Durchbruch in schwarz und gelb schaffen. In seinen ersten drei Jahren beim BVB zeigte Dahoud immer gute Ansätze, mehr aber eben nicht. In der Rückrunde der vergangenen Saison schien der 24-Jährige, der schon bei Borussia Mönchengladbach unter Cheftrainer Lucien Favre spielte, in seinen Rhythmus zu finden, wurde dann jedoch durch eine Verletzung ausgebremst.
Doch die positive Tendenz bei Spielmacher Dahoud bestätigt sich auch in dieser Saison. Nach marginalen Anlaufschwierigkeiten hat der Nationalspieler mittlerweile zu seiner Form gefunden und spielt befreit und selbstbewusst auf. Der ballverliebte Mittelfeldspieler trifft zudem aktuell häufig die richtigen Entscheidungen auf dem Platz - etwas, das Dahoud in den vergangenen drei Jahren zu oft vermissen ließ. Kurz und knapp: Mo Dahoud entwickelt sich derzeit von einem Dortmunder Sorgenkind zu einer festen Größe.
4. Nico Schulz
Nico Schulz, ebenfalls deutscher Nationalspieler, scheint beim BVB das unrühmliche Erbe von Jeremy Toljan anzutreten: von der TSG Hoffenheim mit viel Vorschusslorbeeren verpflichtet, scheint Borussia Dortmund einfach eine Nummer zu groß zu sein.
In seiner ersten BVB-Saison spielte Schulz, für den die Borussia immerhin 25 Millionen Euro auf den Tisch legte, weit unter seinen Möglichkeiten. So weit, dass sogar eine Trennung nach nur einem Jahr nicht unwahrscheinlich war. Corona-bedingt hielt der BVB seine Schäfchen aber beisammen. Heißt für Schulz: eine neue Bewährungschance.
Verletzungsbedingt absolvierte der 27-Jährige bisher allerdings nur sechs Pflichtspielminuten. Und da mit Felix Passlack ein unerwarteter Konkurrent aktuell hervorragend performt, sehen Schulz' Aussichten auf weitere Einsatzminuten überschaubar aus. Der Linksverteidiger wird es schwer haben, seinen Status als Sorgenkind abzulegen.
5. Manuel Akanji
Fehlerfreie Spiele hatten in der vergangenen Saison bei Manuel Akanji Seltenheitswert. Und als Innenverteidiger wiegen Patzer nun einmal besonders schwer. In der Hierarchie rutschte der Schweizer daher hinter Mats Hummels und Dan-Axel Zagadou ab, mit Emre Can verpflichtete der BVB im Sommer zudem einen weiteren Konkurrenten.
Da Lucien Favre über weite Strecken der Saison in einer Dreierkette spielen ließ und Zagadou verletzt ausfällt, war Akanji trotzdem gesetzt - abgesehen von einer zweiwöchigen Corona-Pause. Und langsam aber sicher findet auch der Schweizer in die schwarz-gelbe Spur. Akanji wirkt deutlich sicherer und abgeklärter und spielt aktuell neben Abwehrchef Mats Hummels einen ordentlichen Part. Sein Treffer im Derby gegen Schalke ist zusätzliches Balsam für Akanjis Seele. Auch dieses Dortmunder Sorgenkind befindet sich auf einem aufsteigenden Ast.