Real Madrid: Vinicius Júnior kommt immer besser in Schwung!
Von Guido Müller
Mit einem schmucklosen 3:1-Erfolg gegen Atalanta Bergamo hat sich Real Madrid für das diesjährige Viertelfinale der Champions League qualifiziert. Neben der weiterhin anhaltenden Treffsicherheit eines Karim Benzema freuten sich die merengues am Mittwochabend vor allem über einen wieder in Form kommenden Vinicius Júnior.
Der gelbgesperrte Casemiro schrie sich fast die Lunge aus dem Leib. Auch alle anderen entweder auf der Tribüne oder auf der Ersatzbank befindlichen Real-Profis waren mit lautstarker Unterstützung zur Stelle, als Vinicius Júnior in der 52. Minute nach herrlichem Dribbling in den Strafraum der Italiener eindrang.
Doch der kollektive Torschrei erstarb auf ihren Lippen. Denn "Vinnie" setzte den Ball knapp am Gehäuse von Sportiello vorbei. Und Sergio Ramos, der die Szene aus sicherer Entfernung verfolgt hatte, plumpste vor lauter Enttäuschung wie ein Maikäfer auf den Rasen.
Es wäre der zweite Champions League-Treffer in dieser Saison für den 20-jährigen Brasilianer gewesen.
Den insgesamt sehr guten Eindruck, den der pfeilschnelle Außenstürmer im Estadio Alfredo di Stéfano hinterließ, konnte indes auch diese vertane Großchance nicht trüben. Bei Real atmen sie alle kollektiv auf: Vinicius ist zurück!
Zeit der Angst vorbei?
Vorbei offenbar die lange Zeit der Angst, die den Südamerikaner nach seiner Verletzung im März 2019 (eingehandelt im damaligen Champions-League-Achtelfinalrückspiel gegen Ajax Amsterdam) über Monate hinweg begleitete.
Jetzt war es erneut ein Rückspiel im Achtelfinale der Königsklasse, das den Kreis schloss. Sehr partizipativ im Offensivspiel der Königlichen, mit dieser gewissen Portion Frechheit, die man von einem Außenstürmer immer erwartet, war der Brasilianer an vielen guten Aktionen seines Teams beteiligt.
Und bestätigte somit die schon guten Eindrücke der letzten Wochen. "Ich bin mental sehr stark", ist des Spielers eigene Erklärung für diesen Formanstieg. Was man auch durchaus sein muss, wenn man als gerade mal 18-Jähriger seine Heimat verlässt und sich einem der schillerndsten Klubs der Welt anschließt. (Quelle: marca.com)
Noch dazu mit der Bürde einer 45 Millionen Euro schweren Ablösesumme, die die Königlichen im Sommer 2018 an Flamengo überwiesen.
Dass er die nicht von Anfang an mit überragenden sportlichen Leistungen würde zurückzahlen können, hätte man vielleicht den Fans von anderen Klubs erzählen können - nicht aber denen von Real Madrid.
Entsprechend murrte das Publikum im Bernabéu-Stadion schon nach den ersten Auftritten des Hochbegabten: ja, sah alles ganz flott und schön aus - aber von einem Real-Spieler, zumal einem Stürmer, wird hier immer noch ein bisschen mehr erwartet.
Ein "mehr" das von Vinicius aber bislang noch nicht all zu oft zu sehen war. Selbst verschuldet fiel er dann im letzten Jahr auch noch bei seinem Trainer in Ungnade.
Knatsch mit Trainer und Mitspielern
Vielleicht aus Frust über seine Nicht-Nominierung hielt es Vinicius während der Kabinenansprache Zidanes vor dem Champions-League-Achtelfinalrückspiel gegen Manchester City im vergangenen August offenbar für wichtiger, sein Handy zu checken als seinem Coach zuzuhören.
Der Franzose registrierte dieses Desinteresse natürlich - und ließ den Flügelstürmer in der Folge nur noch selten in den Genuss der vollen Spielzeit kommen. Wenige Monate später schien Vinicius auch mannschaftsintern auf Grund gelaufen zu sein.
Karim Benzema jedenfalls riet während der Halbzeitpause des Champions-League-Spiels bei Borussia Mönchengladbach seinem Landsmann Ferland Mendy, den Ball nicht mehr zu Vinicius zu passen, weil dieser gegen die Mannschaft spielen würde. Starker Tobak.
Mittlerweile hat sich das Binnenklima rund um Vinicius Júnior schon wieder erholt. Und mit seiner Leistung gegen Atalanta Bergamo hat der Brasilianer weitere Pluspunkte auf dem Weg zum Unterschiedsspieler bei Real Madrid gemacht.