Real-Boss Pérez: Abstruse Gedanken über Verkürzung der Spieldauer

Schweigt am besten Mal für ein paar Tage: Reals Präsident Florentino Pérez
Schweigt am besten Mal für ein paar Tage: Reals Präsident Florentino Pérez / Jonathan Moscrop/Getty Images
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In dem ganzen Tumult, den die vorübergehende Schaffung und postwendende Abschaffung einer europäischen Superliga provoziert hat, ist ein Kommentar von Real Madrids Präsidenten Florentino Pérez bezüglich der Spieldauer ein wenig unter den Tisch gefallen.

Im TV-Programm El Chiringuito bekam Pérez zunächst die Gelegenheit, die Pläne für eine elitäre Superliga, ohne meritokratische Prinzipien, zu verteidigen. Dies tat er in der ihm eigenen Art: nämlich mit Verweisen auf den rein finanziellen Aspekt.

Durch die Corona-Krise habe sich die finanzielle Situation vieler Klubs (zufällig wären die meisten von ihnen Gründungsmitglieder der Superliga geworden) dramatisch verschlechtert. Und wenn nicht gehandelt (sprich: irgendeine alternative Gelddruckmaschine in Form eines neuen Wettbewerbs erfunden) würde, wären diese Vereine in drei Jahren pleite.

Dieser Logik sei an dieser Stelle die Replik von Karl-Heinz Rummenigge entgegen gehalten, der sinngemäß empfahl, sich zur Lösung der durch die Pandemie nochmals erhöhten Geldprobleme doch mal mehr darauf zu konzentrieren, die Kosten zu kontrollieren statt immer neue Einkommensquellen erschließen zu wollen.

Pérez´Blick für die "Sorgen" der Jugendlichen

Im Vergleich zu den für den Fußball im Allgemeinen sehr schädlichen Sezessions-Bestrebungen der 12 Klubs, kommt eine andere "Idee" Pérez´ fast schon eher niedlich-komisch daher.

Er beklagte nämlich in besagtem Programm, dass unter den Fußball-Fans die Altersgruppe zwischen 16 und 24 Jahren offenbar nicht mehr genügend Geduld aufbringe, um einem Fußballspiel (von insgesamt 90 Minuten Dauer) beizuwohnen.

"Das ist eine Realidad", so Pérez. "Die Play Station, die Plattformen, all das wird von den Jugendlichen konsumiert. Und die sagen, dass ein Spiel sehr lang für sie sei. Irgendwas müssen wir tun, damit der Fußball am Leben bleibt." (via as.com)

Dann ging Pérez in die Details. "Wenn die Jugendlichen sagen, dass ein Spiel zu lang für sie sei, wenn sie sagen, dass sie einem ganzen Spiel nicht mehr folgen können, dann - ich weiß nicht- muss man vielleicht die Spieldauer verkürzen."

Und wenn besagte Zielgruppe - weil sie durch Dauer-Home-Schooling und corona-konforme Zoom-Meetings gar nicht mehr die Augen vom Bildschirm kriegt - die Tore auf dem Bildschirm nicht mehr richtig erkennen kann, machen wir die einfach größer, oder wie?


Und wenn ihnen die Abseits-Regel zu kompliziert erscheint, schaffen wir sie einfach ab? By the way: zu meiner Schulzeit dauerte eine gewöhnliche Unterrichtsstunde 45 Minuten. Ein Fußballspiel dauert somit zwei Unterrichtsstunden, unterbrochen durch eine viertelstündige Pause.

Wenn das für die Geduld einer bestimmten Gruppe von Fußball-Fans eine unzumutbar lange Zeit darstellt, sollte man vielleicht besser auf diese Fans verzichten.

Das ist der Boss eines der größten Klubs der Welt?

Und trotzdem: man ist verwundert bis irritiert, wie leicht sich einer der einflussreichsten Fußballfunktionäre des Planeten mittlerweile von diffusen Meinungsbildern leiten lässt.

Gleichzeitig erklären solche Aussagen auch ein Stück weit, wie es möglich sein konnte, dass ausgerechnet der Präsident des Klubs, der der UEFA vielleicht mehr als jeder andere Verein in Europa zu verdanken hat, eingeflüstert von fußball-entfernten Bankern und Strippenziehern, die Solidarität mit dem Rest der Fußball-Welt von heute auf morgen aufkündigen konnte.

Die von Pérez maßgeblich vorangetriebene Superliga ist (vorerst) gescheitert. Zum Teil an sich selbst (angesichts der im Nachhinein sehr schlampig anmutenden Kommunikation nach außen) - und vor allem an dem wunderbaren solidarischen Widerstand, den am gestrigen Tage europaweit Tausende von Fans geleistet haben.

Über Pérez´Planspiele zur Verkürzung der Spieldauer dürften sie am Abend nach der "Schlacht gegen die Superliga" dann auch nochmal herzhaft gelacht haben.