Olympisches "Spy-Gate": Spionieren hatte bei Kanada Tradition - Trainerin suspendiert

Das Spionieren per Drohne war kein Einzelfall: Kanadas Männer- und Frauennationalteams haben jahrelang ihre Gegner beobachtet. Das hat Konsequenzen: Kanada-Trainerin Bev Priestman wurde für die Dauer der Olympischen Spiele suspendiert.
Kanada-Trainerin Bev Priestman wurde suspendiert
Kanada-Trainerin Bev Priestman wurde suspendiert / Logan Riely/GettyImages
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Das "Spy-Gate" nimmt immer größere Ausmaße an. Vor dem ersten Spiel des kanadischen Frauen-Nationalteams gegen Neuseeland war bekannt geworden, dass Kanada die Gegnerinnen während deren Training mit einer Drohne beobachtet hatte. Assistenztrainerin Jasmine Mander und Analyst Joseph Lombardi wurden darauf nach Hause geschickt.

Doch damit nicht genug: Neuseeland rief die Polizei und eine Untersuchung von FIFA, IOC und dem kanadischen Olympischen Komitee (COC) begann. In deren Laufe wurde festgestellt, dass Kanada nicht nur einmal, sondern zweimal Drohnen eingesetzt hatte, um das neuseeländische Training zu beobachten und so Erkenntnisse über die Taktik der Gegnerinnen zu gewinnen.

"Spy-Gate": Kein Einzelfall, sondern ein System

Jetzt wurde klar, dass das "Spy-Gate" weit über einen Einzelfall hinausgeht. Was aussah wie eine einzige Drohne, entpuppt sich als ein komplettes System. Die Untersuchung des IOC ergab, dass Kanada bereits vor den Olympischen Spielen Drohnen einsetzte, um Gegner auszuspionieren.

Kanadas Cheftrainerin Bev Priestman hatte zuvor nicht klar verneinen wollen, dass sie von dem Drohnenflug gewusst habe. Da das Spionieren bei Kanada anscheinend System hatte, scheint es dem IOC unwahrscheinlich, dass Priestman nicht involviert war. Daher wurde die Trainerin für die Zeit der Olympischen Spiele suspendiert - ihre Zukunft über den Sommer hinaus ist noch unklar. Für sie springt während des Turniers Co-Trainer Andy Spence ein.

Doch damit nicht genug: Das kanadische Medium TSN Sports berichtete, dass das Spionieren der Gegner bereits jahrelang praktiziert wurde. Das betrifft nicht nur das Frauen-Nationalteam, sondern auch die Männer. Besonders brisant: Auch bei den Olympischen Spielen 2021, als die kanadischen Frauen sensationell Gold errangen, soll das Trainerteam bereits die Gegnerinnen gefilmt haben.

Die Spionage war darüber hinaus nicht nur das Werk einzelner Trainerinnen und Trainer, sondern eine Vorgabe des Verbands, wie TSN Sports berichtet. "Einigen Mitarbeitern und Vertragspartnern wurde gesagt, dass das Filmen zu ihren Aufgaben gehörte und dass sie ihre Stelle beim Verband verlieren könnten, wenn sie den Forderungen nicht nachkämen", schreibt TSN Sports.

Kanada gewann Spiel gegen Neuseeland - Wertung unklar

Der kanadische Fußballverband hat große Geldprobleme. Das führte schon während der WM 2023 zu einem Protest der kanadischen Fußballspielerinnen gegen den Verband Canada Soccer. Aus Geldmangel konnte das Frauenteam weniger Freundschaftsspiele bestreiten als andere Teams, wurde laut den Spielerinnen zudem schlechter bezahlt und hatte unzureichende Infrastruktur zur Verfügung. Diese Geldsorgen könnten den kanadischen Verband dazu bewogen haben, sich auf "kreative" Weise einen Vorteil zu verschaffen.

Kanada gewann das erste Spiel beim olympischen Frauenfußball-Turnier mit 2:1 gegen Neuseeland - die Gegnerinnen, die von der Spionage betroffen waren. Neuseeland hatte gegenüber der FIFA gefordert, dass Kanada für das Spiel keine Punkte bekommen solle. Ob dieser Forderung nachgegeben wird, steht noch nicht fest.

Die Spielerinnen betonten, nichts von den Vorfällen gewusst zu haben. "Die Spiele stehen für Fairplay. Wir sind keine Betrüger", sagte Verteidigerin Vanessa Gilles: "Es war sehr hart, aber als Spielerinnen halten wir zusammen.“