Olympia-Erlebnisbericht aus Marseille: Deutsche Fans machen die Straßen zur Party-Meile

Das DFB-Team hatte bei Olympia 2024 gleich drei Mal das Vergnügen, im imposanten Stade Vélodrome in Marseille aufzulaufen. Die mitgereisten Fans nutzten diese Gegebenheit, um das Stadion und die umliegenden Straßen zu einer deutschen Fan-Meile zu machen.
Marseille war die am häufig genutzte Spielstätte der deutschen Mannschaft während des olympischen Fußball-Turniers
Marseille war die am häufig genutzte Spielstätte der deutschen Mannschaft während des olympischen Fußball-Turniers / Xavier Laine/GettyImages
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In Marseille im Süden Frankreichs liegt unweit des Stade Vélodrome, der Heimat von Olympique Marseille, der Boulevard Gustave Ganay. Biege ich dort ein, wird das Rauschen des Verkehrslärms auf der stark befahrenen Hauptstraße in meinem Rücken langsam immer leiser. Mit der Annäherung an den Pub Le Black Stone ein paar hundert Meter weiter wird das Geräusch schließlich durch immer lauter werdende Musik verdrängt und durch ein buntes Stimmengewirr ersetzt.

Schwarz-rot-goldene Alternativdimension im Herzen Marseilles

Bereits vor der Tür wird man von Fahnen in schwarz-rot-gold begrüßt. Sobald ich den Pub betrete, öffnet sich dort am 28. Juli 2024 eine ganz andere Welt. Auch im Inneren sind sämtliche Flaggen an der Decke drapiert. Hinzu kommen dicht an dicht stehende Leute – die Mehrheit gekleidet in Trikots der deutschen Mannschaft vom Retro-Look bis hin zum aktuellen Kassenschlager in pink und lila mit Beflockung auf dem Rücken.

United States v Germany: Women's Football - Olympic Games Paris 2024: Day 2
United States v Germany: Women's Football - Olympic Games Paris 2024: Day 2 / John Todd/ISI/GettyImages

Der Fanklub der deutschen Nationalmannschaft verwandelt auch zum zweiten Spieltag der Gruppenphase des Olympischen Fußballturniers einen kleinen Fleck französischer Erde in eine deutsche Partymeile. Bereits beim erfolgreichen Auftakt gegen Australien ist das der Fall gewesen. Bei sämtlichen Kaltgetränken, die bei Temperaturen knapp über 30 Grad dringend nötig sind, unterhalten sich die Leute und tauschen ihre Tipps und ihr Fachwissen über das anstehende zweite Gruppenspiel der Nationalmannschaft gegen die USA aus.

Haben die Deutschen eine Chance gegen die USA, die erfolgreichste Nationalmannschaft im Fußball der Frauen? Geht das ohne die verletzte Lena Oberdorf gut? Wie stehen die Chancen auf einen Medaillengewinn? Neue und alte Bekannte kommen zusammen, um die gemeinsame Leidenschaft zu zelebrieren. Ich blicke in sämtliche lachende Gesichter, die voller Vorfreude auf den zweiten Auftritt der Deutschen beim olympischen Turnier sind.

Fangesänge gepaart mit französischer Cuisine

Auch der Garten des Pubs ist vollgepackt mit deutschen Anhängern, die neben den Erfrischungsgetränken die französische Cuisine in Form von gegrillten Köstlichkeiten genießen. An einem Tisch nahe dem Eingang kaufe ich mir eine Pin-Marke passend zum Spiel Deutschland vs USA im Austausch für eine kleine Spende an das Fanklub-Projekt. Angesteckt an mein schwarzes DFB-Trikot aus dem Jahr 2020 fühle ich mich damit umso mehr als Teil eines Ganzen, das an diesem sonnigen Sonntagabend entsteht.

United States v Germany: Women's Football - Olympic Games Paris 2024: Day 2
United States v Germany: Women's Football - Olympic Games Paris 2024: Day 2 / Daniela Porcelli/ISI Photos/GettyImages

Doch damit nicht genug, zusätzlich werden auch noch große Deutschland-Flaggen verteilt, die alsbald durch die Lüfte geschwungen werden. Angeleitet – oder besser: angefeuert – von einem Mitglied des Fanprojekts über ein Megafon gibt es bereits im Biergarten des Pubs erste Fangesange und Schlachtrufe. Anfangs noch etwas verhalten, doch dann immer lauter, stimmen die Anwesenden in die Rufe mit ein und wärmen ihre Stimmbänder schon einmal auf, um sich auf das nachfolgende Geschehen vorzubereiten.

Deutsche Fans als Attraktion für französische Anwohner

Etwa 90 Minuten vor Anpfiff ist es dann endlich so weit, der Fanmarsch zum Stadion beginnt. Ich reihe mich gleich in eine der vordersten Plätze ein und stimme mit ein: "Wer gewinnt heute? – Deutschland!" So geht das etwa eine Viertelstunde auf dem Weg bis vor die imposante Spielstätte, das Stade Vélodrome mit seinem außergewöhnlich gewölbten Dach.

Begleitet werden wir von schaulustigen französischen Anwohnern, die ihre Handys zum Filmen des Spektakels zücken oder uns aus den Autos zuhupen. Die Stimmung ist fröhlich und erwartungsvoll – immerhin geht es für die deutsche Mannschaft gegen den olympischen Rekordsieger, der mit Erfolgstrainerin Emma Hayes als einer der Favoriten auf den Turniersieg gilt.

Vor dem Stadion kommt der Fanmarsch schließlich zu einem Stopp, doch die Stimmung steigt weiter exponentiell an. Bevor sich die mitgereisten Fans in Richtung ihrer zugewiesenen Plätze verabschieden, posieren noch einmal alle gemeinsam für ein Gruppenfoto auf den Treppenstufen des hohen Aufstiegs vor der Arena.

Für mich geht es im Anschluss zur Nordtribüne, wo auch wieder ein großer Teil aus Fans des DFB-Teams besteht. Neben meiner Gruppe nehmen Zuschauer mit einer Kanada-Flagge Platz, die regelmäßig in "U-S-A"-Rufe einstimmen, aber ebenso für gute Aktionen der deutschen Mannschaft Beifall klatschen. Auch insgesamt scheint sich diese Stimmung durch einen Großteil des Publikums zu ziehen – der Inbegriff des olympischen Spirits, der die Fans erfasst hat.

Trotz geringer Zuschauerzahl: Ausgelassene Stimmung auf den Rängen

Im Vergleich zum Vorabend, als das Männerteam der USA im gleichen Stadion einen klaren Sieg feiern konnte, ist die Kulisse weitaus lauter und ausgelassener. Jeder Angriff wird von Jubel und Anfeuerungsrufen unterstützt. Immer wieder macht eine La-Ola-Welle die Runde, was die Stimmung weiter anfacht.

Auch die Kameramänner tragen zum Ambiente auf den Rängen bei, während sie sich mehrfach auf die Suche nach Gesichtsbemalungen und großen Flaggen machen. Erst nach dem Spiel, als eine US-amerikanische Freundin mich darauf aufmerksam gemacht hat, stelle ich fest, dass auch ich mich unter den Auserwählten befunden habe, die zwischenzeitlich im Fernseh-Stream des Spiels zu sehen waren (unten am Bildrand, aber immerhin). Der Fakt, dass im TV so viele Fans häufig anstelle des Geschehens auf dem Feld gezeigt wurden, ist wiederum ein ganz anderes Thema.

FBL-OLY-PARIS-2024-USA-GER
FBL-OLY-PARIS-2024-USA-GER / PASCAL GUYOT/GettyImages

An dieser Stelle kritisch angemerkt werden muss allerdings unbedingt noch die Anzahl der Zuschauer in der Arena. Nur die unteren Ränge sind vollständig gefüllt, während weiter oben nur spärlich Fans aufzufinden sind. Für ein Duell zwischen zwei Topmannschaften wie in diesem Fall hätte man sich eigentlich eine deutlich größere Kulisse erhofft und auch erwartet.

Belohnt wird das Publikum mit einem qualitativ hochwertigen Fußballspiel samt fünf Toren. Auch wenn sich das DFB-Team schlussendlich mit 1:4 geschlagen geben muss, sind die deutschen Fans auch nach Abpfiff gut gelaunt und positiv gestimmt für die weiteren Turnierspiele.

Fazit: Fußball-Fest mit Luft nach oben

Rückblickend auf das gesamte Erlebnis habe ich das Spiel als ein gelungenes Fußballfest empfunden, das trotz allem noch ein deutlich größeres Potenzial gehabt hätte. Abgesehen von den umliegenden Straßen in Marseille scheint sich der Gedanke des Olympischen Turniers der Frauen nicht sehr weit verbreitet zu haben. Umso schöner war es, viele Fans aus den USA und Deutschland angetroffen zu haben, die ihre Mannschaften bei bester Laune lautstark unterstützt und eine vergleichsweise kleinere Menschenmenge ganz groß wirken haben lassen.