Oliver Kahn befürwortet Champions-League-Revolution: "Guter Kompromiss"

Oliver Kahn äußert sich zu wegweisenden Angelegenheiten im europäischen Fußball.
Oliver Kahn äußert sich zu wegweisenden Angelegenheiten im europäischen Fußball. / Alexander Hassenstein/Getty Images
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Im Jahr 2024 steht mutmaßlich eine größere Reform in der Champions League an und auch die nationalen Ligen denken darüber nach, wie man die Spannung maximieren kann. All das ist jedoch - gerade aufgrund der hohen Belastungen - ein Spiel mit vielen Hindernissen, natürlich spielt auch das Thema Geld immer eine Rolle. Im Interview gegenüber dem kicker hat sich Oliver Kahn genau diesen Fragen angenommen.


Erstmals 36 anstelle von 32 Teams sollen im Jahr 2024 um den Henkelpott kämpfen. Demnach würde es dann kein Gruppen-, sondern ein Ligasystem geben. Das hieße: Die Klubs würden erst einmal acht bis zehn Ligapartien bestreiten, die anhand einer festgelegten Rangliste ("Schweizer System") bestimmt werden. Am Ende qualifizieren sich die ersten acht Teams direkt fürs Achtelfinale, während weitere 16 Mannschaften im Rahmen von Playoff-Spielen um die verbliebenen acht Tickets kämpfen. Ganz schön kompliziert und vor allem ganz schön belastend für die Spieler.

Oliver Kahn kann sich mit diesem Konzept jedoch ganz gut anfreunden. "Das ist ein sehr ausgewogener Kompromiss, der den Spagat sehr gut hinbekommt. Es ist ein sportlich attraktiver Modus", so Kahn im kicker.

Doch was meint der Titan eigentlich mit dem angesprochenen "Spagat"?

Laut dem früheren Nationaltorwart gehe es darum, den Spagat zwischen den nationalen Ligen und den internationalen Wettbewerben bestmöglich hinzubekommen. Demnach ruft er dazu auf, neue Ideen nicht immer gleich als unmöglich abzustempeln. "Wir vom FC Bayern sind die Letzten, die nicht an einem spannenden Wettbewerb interessiert sind", bestätigt er. Dass die Corona-Pandemie die Entwicklungen im europäischen Fußball hemmt, glaubt Kahn zudem nicht. "Die Pandemie hat keinen Einfluss. Dass der Fußball globaler und internationaler wird, liegt vor allem an der gesellschaftlichen Entwicklung", vermutet der 51-Jährige.

Revolutionen auch in der Bundesliga? "Es sollte keine Denkverbote geben"

Am Ende könnte die Reform für den FC Bayern sogar einen Vorteil bieten. So haben die Bundesligisten den Vorteil, dass ihre Saison nur 34 Spieltage umfasst. In den anderen europäischen Topligen sind es aufgrund der 20 Teams insgesamt 38 Spiele. Bei den häufig zu hörenden Klagen über die vielen Spielen erscheint es dennoch nicht unbedingt logisch, die internationalen Wettbewerbe weiter aufzumotzen.

Freuen dürfte dies zumindest die Klubs, die nicht international vertreten sind, zumal die Diskrepanz in puncto Erholungsphasen nochmal größer wäre. Ob dies jedoch reicht, um eine spannende Liga zu generieren? Wie im internationalen Bereich, gibt es eben auch hier zahlreiche Überlegungen. "Es gibt immer wieder Gedankenspiele über Formatänderungen und über die Anpassung der 50+1 Regelung, die Investoren einen geregelten Einstieg in deutsche Fußballvereine ermöglicht. Auch andere Verteilungsschlüssel werden debattiert. Darüber sollte es auch in der Bundesliga kein Denkverbot geben", so Kahn.

Doch wie könnte das konkret aussehen?

Michael Reschke schlug beispielsweise vor, nach den 34 Spielen ein Finalturnier der ersten vier auszutragen. "Denkverbote sollte es nicht geben", stellt der designierte Rummenigge-Nachfolger klar. Sonderlich überzeugt klingt er jedoch nicht, zumal eigentlich auch die Konstanz über die ganze Saison hinweg über den Meistertitel entscheiden sollte.

Balance des Fußballs steht auf dem Spiel: Kahn fordert strikte Anwendung der FFP-Regelungen

Während die Bayern in der Bundesliga finanziell das Maß aller Dinge sind, stehen sie europäisch gesehen, auch wegen der 50+1 Regel, nicht ganz an der Spitze der Nahrungskette. Hier befinden sich die sogenannten "Scheichklubs" Paris Saint-Germain oder Manchester City. Die neureichen Klubs sind mitverantwortlich dafür, dass die Ablösesummen und Gehälter in den letzten Jahren scheinbar ungebremst nach oben schossen. Wäre da nicht die Corona-Pandemie als hemmendes Element, hätte sich diese Entwicklung weiter ausgebreitet.

Grund hierfür ist das Financial Fairplay, bzw. die noch immer recht lasche Handhabung dieses Systems. So werden zwar regelmäßig Teams verwarnt, ohne letztlich aber richtig zuzuschlagen. "Wer ein Interesse an der Gesundung des Fußballs hat, der sollte strikt dafür plädieren, dass die FFP-Regelungen strikt angewendet und sogar noch stringenter gemacht werden", fordert auch die Bayern-Legende. "Es geht darum, das gesamte Fußballsystem wieder in Balance zu bringen", führt er fort.

In diesem Punkt kann die Pandemie aber auch wieder zur Gefahr werden. "Die Aufweichung des Financial Fairplay ist eine Befürchtung, da in Corona-Zeiten Stimmen laut werden, die mehr Freiheit für Investitionen fordern. Das sollten wir genau im Auge behalten", warnt Kahn.