Oliver Glasner bei der Eintracht: Spalter oder Erfolgsgarant?
Von Simon Zimmermann
Was kann man bei Eintracht Frankfurt vom neuen Trainer Oliver Glasner erwarten? Der Österreicher war sowohl beim LASK als auch in Wolfsburg äußerst erfolgreich. Zweifel und Gefahren gibt es trotzdem. Der Abschied von den Wölfen - trotz Champions-League-Qualifikation - lässt tief blicken.
Zwei Spielzeiten verbrachte Oliver Glasner auf der Trainerbank des VfL Wolfsburg. Zwei äußerst erfolgreiche! Im ersten Jahr schafften die Wölfe mit dem 46-jährigen Österreicher die Qualifikation für die Europa League. In den Playoffs verpasste der VfL allerdings die Gruppenphase. Mit Blick auf den weiteren Saisonverlauf 2020/21 vielleicht sogar ein Glücksfall.
Denn die Wölfe legten eine formidable Bundesliga-Spielzeit hin. Defensiv extrem stabil und mit einigen Waffen in der Offensive stand am Ende der vierte Platz und die Qualifikation für die Champions League. Doch schon lange vorher zeichnete sich die Trennung von Glasner und dem VfL ab. Schon vor der Rückrunde hieß es, die Freistellung des Übungsleiter stehe unmittelbar bevor. Am Ende rauften sich die Beteiligten bis Saisonende zusammen - das Tischtuch schien aber längst zerschnitten.
Warum verabschiedete sich Glasner aus Wolfsburg?
Warum eigentlich, fragte man sich in Fußball-Deutschland. Von außen betrachtet lief es in Wolfsburg wie geschnitten Brot. Oder um im Thema zu bleiben: der VW-Motor lief und lief und lief.
Das Verhältnis mit Jörg Schmadtke, Geschäftsführer Sport und zweiter Vater des Erfolges, soll unterkühlt gewesen sein - freundlich ausgedrückt. Zuletzt äußerte sich VfL-Kapitän Josuha Guilavogui extrem negativ über Glasner. Der Franzose spielte im zweiten Jahr des Österreichers in Wolfsburg kaum noch eine Rolle. Auch deshalb muss man seine Aussagen wohl mit Vorsicht genießen.
Schmadtke verteidigte die Aussagen seines Kapitäns gegenüber Funke-Medien: "Es ist grundsätzlich nie wünschenswert, wenn man im Nachgang nachkettet. Andererseits wird Josuha seine Beweggründe gehabt haben. Wer daher an Josuhas Charakter zweifelt, der schießt über das Ziel hinaus."
Wie also ist Glasner einzuschätzen? Und ist er nach seinem Wechsel zur Frankfurter Eintracht ein willkommener Erfolgscoach für die SGE oder droht er den Verein zu spalten? Trotz all dem sportlichen Erfolg in Wolfsburg scheint der Österreicher zumindest einiges an verbrannter Erde hinterlassen zu haben.
Glasner schottet sich ab - spaltet er so auch die Eintracht?
Blickt man von außen auf den Trainer, muss man festhalten, dass Glasner nicht wirklich der charismatischste unter den Bundesliga-Übungsleitern ist. Adi Hütter war da schon ein etwas anderer Charakter. Doch allein davon auf die Qualitäten Glasners zu schließen ist unfair und nicht schlüssig.
Der Abgang in Wolfsburg wirft dennoch viele Fragen auf und zeigt die Gefahren hinter Glasners Verpflichtung. Die Frankfurter Rundschau jedenfalls versuchte in einem Bericht etwas Licht ins Dunkle zu bringen. Glasner wolle enge Vertraute um sich scharren und sei kein Freund von Widerspruch, heißt es dort. Mit seinem österreichischen Trainerstab habe er sich abgekapselt, heißt es aus Wolfsburger Insiderkreisen weiter. Mit Schmadtke etwa sei nur das Allernötigste besprochen worden. Glasner und seine Assistenten seien wie ein "Team im Team" gewesen, was bei Teilen der Mannschaft nicht gut angekommen sei.
Menschlich scheint Glasner ein eher unnahbarer Typ zu sein, der wirklich offen nur mit seinen engsten Vertrauten kommuniziert. Dass im Umkehrschluss die Beziehung zur Mannschaft und der Führungsebene unterkühlt sein kann, ist da nur logisch. Die Gefahr, dass Glasner ähnliches auch in Frankfurt widerfährt ist also gegeben.
Glasner und die SGE: Sportlich gesehen ein perfektes Match!
Auf der anderen Seite dürfte die Beziehung Glasner-SGE rein sportlich ziemlich gut passen. Sieht auch Neu-Sportvorstand Markus Krösche so. "Er hat es geschafft, innerhalb von zwei Jahren eine Spielphilosophie in Wolfsburg zu implementieren. Oliver Glasner hat in dieser Zeit viele Spieler weiterentwickelt. Er hat eine klare Idee, klare Prinzipien und er hat es geschafft, das Maximale aus der Mannschaft herauszuholen und sie in die Champions League geführt", erinnerte er gegenüber Sport1 an die Erfolge des Österreichers beim VfL. Und die fuhr Glasner zuvor auch schon beim LASK in der Heimat ein, weshalb er sich auf den Wunschzettel von Jörg Schmadtke coachte.
Als Bruno Labbadia in seiner letzten VfL-Saison als Trainer sehr erfolgreich war, wollte Schmadtke dennoch unbedingt Glasner als neuen Trainer installieren. Die Art von Fußball, die Glasner spielen lässt, wirkte einfach zu erfolgsversprechend. Ein Reiz, den er auch auf Krösche ausübt: "Er passt perfekt zu der Art und Weise, wie wir Fußball spielen wollen und welche Spieler wir im Kader haben", befand der SGE-Sportchef.
Zweifel an Glasner bleiben - und können nur mit der Zeit ausgeräumt werden
Und in der Tat scheinen der Eintracht-Kader und Glasners Trainer-Qualitäten ziemlich perfekt zu matchen. Die "dunkle Komponente" beim neuen Trainer, die zuletzt in Wolfsburg immer mehr zum Vorschein kam, wirft aber ihre Schatten voraus. Anders als in Wolfsburg könnte das im deutlich emotionaleren Umfeld in Frankfurt viel schneller überkochen.
Am Ende bleibt die Frage ungeklärt, ob Glasner den Klub spalten wird oder als Erfolgscoach eintrifft. Möglich ist beides - auch zusammen, wie er in Wolfsburg "eindrucksvoll" unter Beweis gestellt hat.