Nukleare Explosion auf Schalke: Kann es wirklich noch schlimmer kommen?
Von Tal Lior
Was hatten wir nicht schon alles in dieser Schalke-Saison: Suspendierungen und unverhoffte Begnadigungen, Trainerwechsel im Minutentakt, Schlägereien, Revolten und jede andere Disziplinlosigkeit, die man sich im Fußball vorstellen kann. Dies alles resultierte am Sonntagmorgen mit der Entlassung der kompletten sportlichen Führung des FC Schalke 04. Wenn es danach noch schlimmer werden kann, haben wir im deutschen Fußball einen neuen Maßstab der Erniedrigung erreicht.
Während sich Fußball-Deutschland an den täglich in Gelsenkirchen ausgeführten Schlammschlachten und Comedy-Aufführungen ergötzt, nippt der Schalke-Fan nach monatelanger Folterung nur noch apathisch und von der Fußball-Welt völlig losgelöst an seiner Flasche Veltins. Welch eine Wirkung hat schon ein 1:5 gegen Stuttgart und eine davor missglückte Spieler-Revolte, wenn der Klub ohnehin schon seit einer gefühlten Ewigkeit einfach nur panisch versucht, täglich ein neues Störfeuer zu löschen?
Im Bundesliga-Rennen hat das Schalke-Fahrrad schon einiges erlebt. Es wurden schon oft die Reifen ausgewechselt, an den Bremsen wurde hantiert, und das Lenkrad musste ebenfalls mehrmals dran glauben. Doch der Handwerker, der sich der Sache annahm, hatte kein großes Interesse an diesem Fahrrad. Mit dem minimalen Verantwortungsgefühl, das eben jeder Handwerker hat, versuchte er täglich zumindest den Schein zu erwecken, dass er für die von ihm angeforderte Arbeit irgendetwas tut. Nun hat uns aber dieses verkommene Fahrrad kaum von der Startlinie gebracht, während die Konkurrenz schon uneinholbar dem Ziel entgegenkommt.
Der ein oder andere Mensch, der noch etwas Mitleid aufbringen kann, darf aber nun mit Freude wahrnehmen, wie der völlig niedergeschlagene Besitzer des Fahrrads sich ein Herz nimmt und das Letzte tut, was ihm noch übrig bleibt: Das alte Teil wegschmeißen!
Und so ist es nun endlich gekommen. Weg mit dem Scheiß, sogar zu Fuß kommt man mittlerweile besser voran. Klar, wir selbst haben ebenfalls viel mit dem Zustand des Gefährts zu tun und deshalb könnte man uns selber gerne mal auch austauschen. Da wir aber vorerst noch für das Rennen gemeldet sind, wird sich das dann hoffentlich beim nächsten Rennen ermöglichen.
Schalke muss nun für die 2. Liga planen, und zwar mit klarem Kopf, wenigen Ambitionen und einem Plan, der aus dem Einmal-Eins der Kaderzusammenführung besteht und keinerlei waghalsige Unternehmungen beinhaltet. Das ist jetzt leider unsere Realität, und wenn wir das nicht schnell einsehen, könnte es vielleicht noch schlimmer kommen.
Ich vermisse ebenfalls die Zeiten, in denen wir international als Champions-League-Mannschaft angesehen wurden und mit der immensen Bindung zwischen Fans und Mannschaft, einem beeindruckenden Stadion und einem insgesamt übergroßen Klub prahlen durften. Was uns aber nun beschäftigen sollte, ist es, Spieler und Funktionäre zu finden, die wirklich ein Verantwortungsgefühl für diesen Klub aufbringen können. Die wirklich spüren, dass ihr Leben vom Erfolg und Misserfolg Schalkes abhängt. Denn nur so kann man den nötigen Aufwand aufbringen, um diesen Schlamassel aufzuräumen.
Längst vergangenen Chancen sollte man als Schalke-Anhänger nicht nachtrauern. Natürlich wäre es besser gewesen, diesen Schritt schon vor Monaten einzugehen. Dass er jedoch nun tatsächlich erfolgt ist, ist in dieser trostlosen Situation ein willkommener Hoffnungsschimmer.