Nichts muss - vieles kann: HSV steht vor einer aufregenden letzten Transfer-Woche!
Von Guido Müller
Heute in einer Woche (und ein paar Stunden), am 5. Oktober um 18.00 Uhr, endet die diesjährige Sommertransfer-Periode. Auch für den Hamburger SV bedeutet das, dass in den kommenden sieben Tagen noch richtig viel bezüglich des Kaders passieren kann. Wir geben einen kleinen Überblick.
"Jetzt zu sagen, der Kader steht final - davon bin ich weit entfernt!" Das sagte HSV-Coach Daniel Thioune am gestrigen Sonntag. (Quelle: bild.de). Und tatsächlich verdichten sich die Anzeichen, dass zumindest noch ein paar Spieler den Traditionsklub kurz vor Transferschluss verlassen können. "Es wird", so der Trainer, "noch mal eine Dynamik entstehen. Spieler, die Montagabend nicht zum Einsatz kommen, werden sagen, dass sie sich verändern möchten.“
Der Kandidaten gibt es einige. Allen voran der frühere U21-Nationalspieler (und Europameister) Gideon Jung. Seit 2014 ist der gebürtige Düsseldorfer für die Rothosen aktiv - doch so düster wie zurzeit sah seine sportliche Perspektive an der Alster noch nie aus. Unter Thiounes zahlreichen Vorgängern in diesen sechs Jahren konnte sich Jung stetig weiter nach oben kämpfen. Das mündete im November 2017 (also noch zu Bundesligazeiten) in eine vorzeitige Vertragsverlängerung, die dem 26-Jährigen ein angebliches Jahressalär von mehr als einer Million Euro einbringen soll.
Typisch HSV, könnte man sagen. Auch im Herbst 2020 hat der Klub mit Altlasten aus der Vergangenheit zu kämpfen. Die statttliche Entlohnung des in der Defensive vielseitig einsetzbaren Allrounders stellt sich nun jedenfalls als Hürde für einen Wechsel dar. Denn in der Zweiten Liga gibt es nicht so viele Klubs, die Jung dieses Gehalt zahlen wollen. Zuletzt winkte auch der durchaus interessierte 1. FC Nürnberg ab.
Den Berater hat Jung bereits gewechselt
Vielleicht auch deswegen hat Jung, einem Bericht der Bild-Zeitung zufolge, seinen Berater gewechselt. Statt René Deffke regelt jetzt die Agentur Wassermann Jungs Geschäfte. Wassermann ist global aufgestellt, unterhält gute Kontakte auf die britische Insel. Ein erster Fingerzeig? Wenn es auch für die Premier League wohl kaum reichen wird - schon in der Championship (der englischen Zweiten Liga) werden extrem gute Gehälter gezahlt - und tummeln sich einige schillernde Traditionsklubs mit Ambitionen (Nottingham Forest, Blackburn Rovers, Middlesbrough, Birmingham City, Queens Park Rangers).
Das Jung-Lager soll, damals noch in der Person von Deffke, schon vor einiger Zeit bei der Führung des HSV vorstellig geworden sein, um sie darüber zu informieren, sich einen Tapetenwechsel vorstellen zu können. Der HSV erhofft sich aus einem Transfer einen knappen siebenstelligen Betrag.
Immer noch keine Klarheit auf der Torwart-Position
Doch die defensive Zone ist nicht der einzige Mannschaftsteil, in dem der HSV noch Veränderungen herbeiführen will. Weiterhin scheint es nämlich so, dass Daniel Heuer Fernandes lediglich unter Bewährung steht und momentan nur deshalb seinen Platz im Gehäuse sicher hat, weil es schlichtweg keine Alternativen gibt. Es gilt weiterhin Thiounes Aussage von vor einigen Tagen: "Die Torwart-Position bleibt offen." Der zuletzt gehandelte Ron-Thorben Hoffmann von Bayern Münchens Zweitvertretung wird es allerdings nicht werden. Und wohl auch nicht Nils-Jonathan Körber von Herthas Zweiter.
Nur eines scheint sicher: wer immer es auch werden wird - er dürfte gleich als Nummer 1 gesetzt sein. Denn nur um den Kader aufzufüllen bzw eine verlässlichere Nummer 2 (gegenüber dem aktuellen Ersatzkeeper Tom Mickel) ins Team zu holen, hätte man sich auch bei der eigenen Regionalliga-Mannschaft bedienen können. Zu der wechselte bekanntlich vor einigen Wochen das hoch eingeschätzte Torwart-Talent Leo Oppermann (kam von Union Berlin).
Was passiert mit Hinterseer und Opoku?
Und auch ganz vorne könnte sich bis zum 5. Oktober noch was tun beim HSV. Lukas Hinterseer soll schon seit Längerem prinzipiell Grünes Licht für einen Wechsel erhalten haben. Doch erst jetzt wurde bekannt, dass dies offenbar nur eingeschränkt gilt. Denn wie die Mopo erfahren haben will, darf Hinterseer nicht zu einem deutschen Zweitliga-Klub gehen. Der HSV will nicht die Konkurrenz verstärken. Vielleicht auch deshalb ließen akzeptable Angebote bislang auf sich warten. Zudem muss man den Angreifer, aus Vereinssicht, nicht unbedingt ziehen lassen. Nur wenn man einen adäquaten Ersatz für den Österreicher findet, darf er gehen.
Auch Hinterseers Sturmkollege Aaron Opoku könnte das Weite suchen. Allerdings nur auf Leihbasis. Schließlich hat man den Kontrakt mit dem 21-Jährigen erst vor kurzem bis 2024 verlängert. Man hält weiterhin große Stücke auf das Eigengewächs - doch kann ihm auch in dieser Spielzeit nicht die erforderlichen Einsatzzeiten garantieren. Aber auch diese Personalie ist eine Kann-aber-muss-nicht-Sache. Thioune dazu: "Spielzeit tut jedem Spieler gut. Die hatte Aaron in den letzten Wochen vielleicht weniger bei uns. Es steht im Raum, dass er sich verändert. Er muss es aber nicht unbedingt."
Eine ganz andere Front hat der HSV bei Stephan Ambrosius zu beackern. Mit dem gebürtigen Hamburger steht der Klub seit einiger Zeit im Austausch bezüglich einer Ausweitung des Arbeitspapiers. Das ist nämlich nur noch bis Sommer 2021 gültig. Weshalb sich Ambrosius' neuer Berater Nochi Hamasor offenbar bemüßigt fühlte, seinem Klienten gleich schon mal internationales Top-Niveau anzudichten.
Sogar die SSC Neapel soll sich für den 21-jährigen Abwehrspieler interessieren. Ob dies nur branchenübliches Klappern oder mehr ist, sei mal dahingestellt. Ich persönlich habe erhebliche Zweifel, dass sich ein Klub wie Neapel, in den vergangenen Jahren Dauergast in der Champions League, ernsthaft mit Ambrosius beschäftigt. Zumindest für die erste Mannschaft. In dieser Personalie soll der HSV dem Spieler nunmehr ein Angebot für einen neuen Vertrag unterbreitet haben. Ausgang: ungewiss. Sollte Ambrosius am Ende doch gehen, müsste für ihn Ersatz her. Oder ist er in Maximilian Rohr, der nun von Carl-Zeiss Jena kommt und - so der offizielle Diktus - erstmal in der Regionalliga-Mannschaft Fuß fassen soll, womöglich schon gefunden?
Torwart, Innenverteidigung, Sechserposition und Sturm - in nahezu allen Bereichen könnte sich beim HSV in den kommenden sieben Tagen noch einiges tun.