Neues Spieler-Bündnis nimmt sich Hannover-Boss Kind zur Brust: Der Anfang der Revolution
Von Christian Gaul
Martin Kind erregte zuletzt in gewohnt polemischer Manier Aufsehen, als er den eigenen Towart Ron-Robert Zieler scharf kritisierte. Zwar ruderte der Boss von Hannover 96 schnell wieder zurück, doch die Reaktion des neu formierten Spieler-Bündnisses zeigt, dass sich in Zukunft einiges ändern könnte.
"Wir hätten ihn gar nicht verpflichten dürfen damals" - das waren die Worte, die Martin Kind für den verdienten Hannoveraner Keeper und ehemaligen Nationaltorwart Ron-Robert Zieler erübrigen wollte. Der öffentlichen Empörung geschuldet gab sich Kind kurz darauf kleinlaut, doch der Schaden war - mal wieder - bereits angerichtet.
Besonders das neu formierte Spieler-Bündnis um Mats Hummels, Neven Subotic, Sven Bender und viele weitere nahm diese Aussagen über einen Kollegen mit Sorge zur Kenntnis - und verfasste eine Antwort, die es nicht nur in sich hatte, sondern auch Veränderungen im öffentlichen Umgang mit den Fussballprofis anschiebt.
Bezug auf Enke - starkes Statement der Kollegen
In einem vom Kicker in voller Länge veröffentlichten Statement ließ das Bündnis sehr genau wissen, was sie von der respektlosen Behandlung Zielers durch den eigenen Klub-Chef halten.
Nicht nur erinnert das Bündnis zurecht an den Fall Robert Enke, der sich aufgrund der psychischen Belastung das Leben nahm, es stellt weiterhin fest, dass es sich klar gegen Mobbing positioniert und - im Gegensatz zur bereits bestehenden Vereinigung der Vertragsfussballer (VdV) - sich nicht nur zu arbeitsrechtlichen Themen äußern will.
Das Statement im Wortlaut:
"Ich bin tief betroffen", sagte Martin Kind vor einiger Zeit in Erinnerung an den Selbstmord von Robert Enke, um dann jetzt Ron-Robert Zieler öffentlich zu diskreditieren. Ohne ein Mindestmaß an Anstand, Respekt und Professionalität, insbesondere gegenüber einem ehemaligen Nationalspieler und Weltmeister. Im Nachgang kam dann noch die allzu gängige Begründung "Als Profi müsse man das hinnehmen", die einen zwangsläufig zur Frage bringt, ob nicht ein Mindestmaß an sportlichen Grundwerten vonnöten wäre.
Wir als Bündnis-Spieler stehen dazu und setzen uns dafür ein. Polemik und Respektlosigkeit gehören nicht zum Fußball. Auch nicht vor dem Hintergrund, dass die Spieler zuletzt ein erhöhtes Verletzungsrisiko eingegangen sind, auf Gehälter verzichtet haben und damit die finanzielle Grundlage für das Fortbestehen des einen oder anderen Vereins gelegt haben.
Das neu entstandene Spieler-Bündnis, das inzwischen mehr als 460 Spieler und Spielerinnen aus der 1, 2., 3. und Frauen-Bundesliga vertritt, besitzt da eine klare Haltung:
"Der Umgang zwischen Verein und Spieler sollte auch bei sportlichen Differenzen immer respektvoll und wertschätzend sein. Natürlich kann sich ein Funktionär zu sportlichen Einschätzungen äußern. Sachlich und intern. Aber nicht respektlos über die Medien."
Das Spieler-Bündnis hat sich zur Aufgabe gemacht, Spieler und Spielerinnen zu vertreten, wenn es um die übermäßige Belastung des infolge Corona dicht gedrängten Spielkalenders geht, aber auch bei gesellschaftlichen Themen wie Rassismus oder Mobbing.
Fingerzeig für die Zukunft - Subotic und Hummels als Zugpferde
Die völlig berechtigte Kritik an den öffentlich getätigten Äußerungen Kinds stellen ein Novum im deutschen Profi-Fussball dar. Während sich die Spieler in Einzel-Interviews oft auf die Zunge beißen müssen, wenn sie zu Reaktionen auf Aussagen ihrer Kritiker gezwungen werden, sorgt das Spieler-Bündnis als übergreifende Institution dafür, dass den Profis eine Plattform gegeben wird, die sich nicht ausschließlich mit vertraglichen Themen beschäftigt.
Stattdessen nutzt die Vereinigung die sozialen Netzwerke, um dem ständigen Druck durch Vorgesetzte und ehemalige Profis oder sonstige "TV-Experten" einen Gegenpol zu bieten, der sich der Thematik annimmt.
Besonders erfreulich ist, dass sich mit Mats Hummels und Neven Subotic zwei derzeit noch aktive Profis bereit erklären, ihren Namen und ihren Ruf für die gute Sache herzugeben. Hummels, der schon immer als Kritiker der Medien galt und unsachliche Kritik des Öfteren stark konterte - Subotic, der sich mehrfach in diversen Talkshows zu gesellschaftlichen Themen positionierte und als eloquenter Vertreter seiner Berufsgattung gilt. Fehlen eigentlich nur noch Christoph Kramer und Joshua Kimmich...
Man darf gespannt sein, inwiefern dieses Statement bei den Empfängern ankommt und ob es zu einer Verbesserung des Umgangs mit den oft als "zu weich" empfundenen Profis führen wird. In jedem Fall ist der Anfang gemacht und in Zukunft werden sich die üblichen Verdächtigen mindestens zweimal überlegen, ob und wie sie ihre öffentlichen Aussagen gestalten.