Neuer für Leno der beste Keeper der Welt der letzten Jahrzehnte
Von Guido Müller

Als Torhüter hat man es im Fußball ganz allgemein schwerer denn als Feldspieler. Zum einen, weil immer nur einer zur Zeit zwischen den Pfosten stehen kann. Zum anderen weil Fehler sich meistens direkt in Gegentoren niederschlagen. Wenn du als Torwart auch noch zusätzlich einen der Weltbesten deiner Zunft vor dir hast, brauchst du vor allem zwei Dinge: Gelassenheit und Geduld.
Beides scheint Bernd Leno (27) zu haben. Der Arsenal-Keeper gab gegenüber der Welt Einblicke in sein Innenleben - und darüber, wie er mit der überschaubaren Perspektive, im DFB-Team zum Zuge zu kommen, fertig wird. "Natürlich ist das nicht leicht. Aber ich weiß sehr genau, mit wem ich es in diesem Fall zu tun habe. Ich kann das schon ganz gut einschätzen. Ich habe immerhin den besten Torhüter der Welt vor mir." Gemeint ist natürlich Manuel Neuer.
Kätzerisch könnte man noch anfügen: Und die Nummer zwei der Weltbesten gleich mit. Denn auch an einem Marc-André ter Stegen kommt Leno aktuell (und auf unabsehbare Zeit) nicht vorbei.
Mehr Lob geht nicht! Hat @Bernd_Leno recht? pic.twitter.com/dGAJNDmNip
— 90min DE ?? (@90min_DE) November 16, 2020
Lenos Mega-Lob an Neuer: "Bester Keeper, den es in den letzten 30, 40 Jahren auf der Welt gab!"
Doch zurück zu Manuel Neuer. Der sei für Leno sogar "der beste Keeper, den es in den letzten 30, 40 Jahren auf der Welt gab". Große Worte. Vielleicht mag hier auch die schwarz-rot-goldene Brille, durch die Leno die Fußball-Welt sieht (trotz seines Arbeitsplatzes in London) eine Rolle gespielt haben.
In Slowenien würden sie wohl dasselbe von einem Jan Oblak sagen. Und in Tschechien von einem Petr Cech. Und die Spanier würden mit Iker Casillas dagegen halten. Und die Italiener mit Gianluigi Buffon. Um die Diskussion nur mal auf die herausragenden Schlussmänner der letzten zehn bis zwanzig Jahre zu beschränken.
1992 - ein einschneidendes Jahr für die Torwart-Gilde
30 bis 40 Jahre. Das würde die Zeit vor dem Jahr 1992 einschließen. Dieses Jahr war ein einschneidendes für die Gilde der Keeper. Denn damals beschloss die FIFA eine der bedeutendsten Regel-Änderungen der letzten Jahrzehnte.
Seit dem Sommer 1992 darf ein Torwart den ihm von einem Mitspieler zugespielten Ball (außer das Anspiel erfolgt mit dem Kopf oder der Brust) bekanntlich nicht mehr mit der Hand aufnehmen, sondern muss ihn wie alle anderen auf dem Platz mit dem Fuß verarbeiten.
Eine Zäsur - nicht nur für das Torwartspiel. Der Fußballsport an sich wurde dadurch schneller, dynamischer - und fehlerbehafteter. Denn für eine ganze Generation von Schlussleuten war fortan ein radikales Umdenken angesagt. Vorbei die ewigen Tändeleien am Strafraum, wo sich Abwehrspieler und Torwart die Bälle fast ohne Gefahr zuschieben konnten. Auf einmal waren gewisse technische Fähigkeiten nun auch von den Torhütern gefordert.
Epochenübergreifende Vergleiche sind immer schwierig
Müssig ist es jedoch, Spekulationen darüber anzustellen, ob denn nun die Schumachers, Steins, Shiltons oder van Breukelens von damals sich im neu reglementierten Fußball genauso zurecht gefunden hätten, wie vor der FIFA-Entscheidung.
Ganz sicher gehört Manuel Neuer zu den herausragenden Schlussmännern seiner Epoche. Und bisweilen mag er auch der weltweit beste seiner Zunft gewesen sein. Alle anderen darüber hinaus gehenden Vergleiche sind dann jedoch - wie immer in solchen Fällen - reine Ansichtssache.