Neue Gespräche und Fan-Kampf um Rangnick: Wie es auf Schalke jetzt weitergeht
Von Yannik Möller
Was am Freitagnachmittag erstmals in die Welt getragen wurde, hat über das Wochenende an Fahrt aufgenommen: Ralf Rangnick könnte zu Schalke zurückkehren. Gleichzeitig stellen sich aber verschiedene Fragen, es gilt, diverse Aspekte zu beachten.
Die ersten Meldungen am vergangenen Freitag über eine potenzielle Rückkehr von Ralf Rangnick zu Schalke 04 sorgten für viel Chaos. Fans von Blau-Weiß, die entweder ebenso überrascht wie euphorisch auf die Meldungen reagierten, das zeitgleich große Unverständnis über den Ärger im Aufsichtsrat, fragende Gesichter beim Lesen von einer vermeintlich ominösen Gruppe, die sich um die Dienste Rangnicks bemüht hat.
Über das Wochenende hat sich in dieser Angelegenheit viel getan. Manche Unklarheit um die etwaige Installation des kompetenten Machers werden klarer, andere Kandidaten sagen ab, der DFB ist offenbar raus aus der Thematik. Und was würde das alles eigentlich für S04-Coach Dimitrios Grammozis bedeuten?
Rangnick-Rückkehr zu Schalke? Die wichtigsten Fragen und Antworten
1. Krösche sagt ab - wurde er überhaupt gefragt?
Während über eine mögliche Rückkehr von Rangnick gesprochen wurde, kam bereits raus, dass Markus Krösche - Sportdirektor bei RB Leipzig - der Favorit von Schalkes Aufsichtsratsvorsitzendem Dr. Jens Buchta sein soll.
Frühzeitig machten sich Zweifel breit: Warum sollte Krösche jetzt und ausgerechnet von Leipzig zum S04 gehen? Eine Frage, die sich im Nachhinein (wenig überraschend) als berechtigt herausstellte - es folgte die Absage: "Ich stehe nicht zur Verfügung." Das bekräftigte er rund um die Partie am Sonntagnachmittag gegen Frankfurt (1:1) erneut.
Einerseits keine Überraschung, wodurch der vermeintliche Buchta-Plan ins Wanken gerät. Etwas kurios kommt jedoch die Aussage von Oliver Mintzlaff daher (via Bild): "Weder Markus Krösche hat mich über angebliche Gespräche mit Schalke 04 informiert. Noch hat Schalkes Aufsichtsratschef Herr Buchta mich oder beim Verein gefragt, ob er mit Markus sprechen kann."
Für etwaige Gespräche zwecks eines Wechsels, und sei die Chance auch noch so klein, müsste der Verein eigentlich informiert werden. So gibt es Platz für Spekulationen, der AR-Chef auf Schalke habe sich völlig verspekuliert.
2. Der Rangnick-Plan im Aufsichtsrat - der aktuelle Stand
Im Aufsichtsrat gab es am Freitag keine Mehrheit für den Plan mit Rangnick, dazu viel Ärger. Der Grund: Mit Krösche wähnte man sich nahezu sicher. Gleichzeitig wurde Mitglied Stefan Gesenhues, Kontaktperson der Gruppe, die den 62-Jährigen gerne im Amt sehen würde, Verrat vorgeworfen. Er habe im Geheimen mit der "Opposition" verhandelt.
Inzwischen scheint sich die Lage dahingehend etwas beruhigt zu haben. Gesenhues gab gegenüber der WAZ zu, dass er das Thema anders ins Gremium hätte tragen sollen. Er könne es nachvollziehen, dass sich manche Kollegen "überrumpelt gefühlt haben".
"Ich befand mich in einem kurzfristigen Entscheidungsnotstand und habe mich deshalb für diesen Weg entschieden - in gutem Glauben, es für Schalke richtig zu machen", erklärte er. Das hätte er seinem Empfinden nach besser machen können.
Laut kicker halte im Aufsichtsrat keiner eine Zukunft mit Rangnick grundsätzlich für eine schlechte Idee. Allerdings gibt es große Bedenken, dass der Nährboden für sein Engagement nicht gegeben ist.
Am heutigen Montag soll es demnach zum Gespräch zwischen dem Gremium und Rangnick kommen. Auch die Gruppe hinter diesem Projekt wolle nochmals den Austausch suchen. Nach Bild-Infos hat Rangnick bereits eine Absichtserklärung unterschrieben!
3. Die Gruppe, die Rangnick installiert sehen möchte - was plant sie?
Es ist der große Aspekt, der noch manchen S04-Fan am Plan mit Rangnick zweifeln lässt - auch wenn man seine Kompetenz schätzt: Die bislang anonyme Gruppe einflussreicher Schalker, angeblich aus Bereichen der Politik, Wirtschaft, des Sports, die das Thema angestoßen haben soll.
Zur Wahrheit gehört dem kicker zufolge, dass es zunächst gar nicht primär um Rangnick ging. Die 14 Personen sollen dem Aufsichtsrat Untätigkeit vorwerfen, einen totalen Absturz möglichst verhindern. Im Januar wurde Kontakt zu Buchta aufgenommen, damals noch mit der Personalie Erik Stoffelshaus im Hinterkopf.
Nun soll Rangnick jedoch nicht abgeneigt sein, zurückzukehren. Drei zentrale Punkte soll der Plan dieser Gruppe umfassen: Eine Starke Persönlichkeit als Sportvorstand, nun der zweifache Ex-Schalker. Eine Ausgliederung des Vereins (ohnehin schon geplant). Eine Neubesetzung der Führungsebene (Vorstand und Direktoren).
Der Tenor demnach: Um Schalke nicht nur vor dem endgültigen Absturz (Perspektivlosigkeit in der 2. Bundesliga?) zu retten, sondern wieder fit zu machen, brauche es dieses Mal einen richtigen Neustart, der die Bezeichnung auch verdient.
Drei Männer aus diesem Hintergrund-Team würde gerne für die Aufsichtsrats-Wahlen bei der Mitgliederversammlung am 13. Juni kandidieren. Bislang bleiben sie im Hintergrund, weil sie offenbar dem Wahlausschuss (lässt die Kandidaten zu) nicht öffentlich vorgreifen oder Druck ausüben wollen.
4. Fan-Petition erreicht schwindelerregende Höhen
Selten sind sich so viele S04-Fans in einem Thema so einig, wie bei einem möglichen Engagement mit Rangnick derzeit. Natürlich befürworten nicht alle eine Rückkehr, es gibt auch Kritik am Vorgehen rund um dieses Vorhaben.
Dennoch ist die Mehrheit laut. Eine am Freitagabend gestartete Petition im Sinne Rangnicks als Sportvorstand kann sich zum aktuellen Stand (10 Uhr - Montag) auf etwas mehr als 45.000 Unterschriften berufen. Mehr Stimmen, als elf (!) aktuelle Bundesligisten insgesamt an Mitgliedern haben!
Von Samstag auf Sonntag wurden an der Geschäftsstelle zudem einige Banner aufgehängt. Von "Pro Rangnick - zum Wohle des Vereins", bis hin zu "Ahnungslosenrat austauschen" war viel zu lesen. Inzwischen hat der Verein die Spruchbänder offenbar entfernen lassen.
Bei allen Zweifeln, manchen Sorgen und stellenweiser Kritik: Ein Großteil der S04-Anhänger scheint sich lautstark für Rangnick auszusprechen, zumindest für ergebnisoffene Gespräche.
5. Rangnick beim DFB kein Thema - Weg frei für S04?
Bis zuletzt galt der DFB mit der Suche nach einem Nachfolger für Joachim Löw als womöglich großer Konkurrent von Königsblau, wenn es um die Zusage Rangnicks geht. Er selbst betonte schon, den Hörer abnehmen und sich zumindest anhören zu wollen, was der Verband zu sagen hätte. Das sei auch eine Frage des Respekts, sagte er.
Anscheinend ist Rangnick aber gar kein Thema bei der Suche nach dem nächsten Bundestrainer. Die FAZ berichtet am Montagmorgen, eine Zusammenarbeit sei seitens des DFB erst gar nicht angedacht, Kontakt habe es bislang ebenso wenig gegeben.
DFB-Direktor Oliver Bierhoff erklärte jüngst, bereits vor ein paar Monaten Gespräche aufgenommen zu haben. Rangnick war dementsprechend nicht dabei. Bei einem gleichzeitig noch immer ausbleibendem Kontakt ist das Zeichen klar: Bierhoff hat offenbar keinerlei Interesse am 62-Jährigen.
6. Sollte Rangnick zum S04 kommen - was ist mit Grammozis?
Am Samstag stand Dimitrios Grammozis bei seinem zweiten S04-Spiel an der Seitenlinie, direkt spürte er die negative Wucht des nahenden Abstiegs: Die 5:0-Pleite gegen den VfL Wolfsburg war ein direkter Treffer.
Die Frage mag etwas voreilig gestellt sein, und doch könnte sie noch wichtig werden: Wenn Rangnick tatsächlich als Sportvorstand zu Schalke zurückkehrt, was passiert dann mit Grammozis?
Eigentlich sollte er den nahezu sicheren Abstieg begleiten und den Neustart in der zweiten Liga leiten. Dafür unterschrieb er einen Vertrag bis 2022. Es ist schwer zu sagen, was mit dem fünften S04-Coach der aktuellen Saison passieren würde.
Rangnick könnte einen eigenen Plan und somit eine eigene Trainer-Personalie mitbringen. Jemanden, mit dem er eine Vision teilt und dem er völlig vertraut in seinem Handeln. Es ist aber auch denkbar, dass er und Grammozis gemeinsamen Boden finden, nicht nur in der künftigen Spielidee, sondern auch in der Herangehensweise. Womöglich eine Frage der Zukunft.