Nationale Langeweile, Super-Liga und die Sonderbehandlung für Katar: Fußball macht langsam keinen Spaß mehr

Lässt zu, dass Katar an der Europa-Qualifikation zur WM 2022 teilnimmt: UEFA-Präsident Aleksander Ceferin
Lässt zu, dass Katar an der Europa-Qualifikation zur WM 2022 teilnimmt: UEFA-Präsident Aleksander Ceferin / Robbie Jay Barratt - AMA/Getty Images
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Dass Katar die WM-Qualifikation in Europa mitspielen darf, sorgt für Kopfschütteln. Es ist eine der vielen Meldungen, die noch einmal bewusst werden lassen, dass sich der Fußball von seinen Wurzeln entfernt hat. Der Zirkus macht schon lange keinen Spaß mehr.

Es geht überall um Geld. Auch im Fußball. Doch mittlerweile kennen Vereine und Verbände keine Grenzen mehr. Die FIFA wickelt dubiose Milliarden-Deals ab, die UEFA kreiert einen dritten europäischen Wettbewerb und verliert gleichzeitig einen Rechtsstreit gegen Manchester City, das weiterhin Zahlungen der Klubbesitzer als Sponsorengelder tarnen darf, während Ablösesummen und Gehälter ins Unermessliche steigen.

National herrscht längst Langeweile

Nur ein kleiner Anteil der Vereine kann sich den immer teureren Luxus leisten. Damit einher geht eine Monopolisierung des Wettbewerbs: In Italien wird Juventus Turin seit 2012 ununterbrochen Meister, in Deutschland seit 2013 der FC Bayern, in Frankreich ist Paris St. Germain seinen Kontrahenten finanziell und qualitativ haushoch überlegen, in Spanien kämpfen Real Madrid und der FC Barcelona seit den 1980er Jahren fast durchgehend allein um den Titel und selbst in England haben sich Manchester City und der FC Liverpool vom Rest abgesetzt.

Die laufende Saison ist auf vielen Ebenen spannender als die vergangenen Spielzeiten - allerdings nur, weil die Belastung für die Spitzenklubs aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie enorm ist. Die Leidtragenden sind die Spieler, die fürstlich bezahlt werden, körperlich aber längst an der Belastungsgrenze angekommen sind und sich irgendwie durch die Saison retten müssen - bis im Sommer die Europameisterschaft ansteht.

Auch zu Corona-Zeiten wird vorrangig an Geld gedacht

Trotz der Pandemie wird seit Mai weitergespielt, um jeden Preis sollen bald auch wieder die Fans in die Stadien zurückkehren. Man darf Karl-Heinz Rummenigge glauben, wenn er sagt, dass er in erster Linie wegen der fehlenden Stimmung auf eine Fan-Rückkehr hofft - aber damit sind auch enorme Geldsummen verbunden, nach denen sich die Vereine wohl noch mehr sehnen.

Wie viele Klubs die Pandemie überstehen werden, ist unklar. Werder Bremen und Schalke 04 kämpfen von Beginn an ums Überleben, weitere Vereine werden mittelfristig folgen, wenn sie nicht bereits in der gleichen Lage sind.

Diejenigen, die nur ein kleines Stück vom Kuchen abbekommen, werden am Ende jedoch mit noch weniger dastehen, während die großen Klubs sich darum bemühen werden, zu alter Finanzstärke zurückzukehren - was ihnen angesichts ihrer Macht auch gelingen dürfte. Denn sobald sie weniger Geld erhalten sollen, werden wieder Pläne über eine europäische Super-Liga publik. Nach dem Motto: Wir brauchen die UEFA nicht.

Welche Fragen sich die gehandelten Vereine aber nicht stellen: Haben die Fans wirklich Lust darauf, jede Woche Bayern München gegen Real Madrid oder den FC Barcelona gegen Juventus Turin spielen zu sehen? Verliert eine derartige Super-Liga nach zwei, drei Jahren nicht ihren Reiz? Und wie weit können sie gehen, bis die Blase platzt?

Erneute Sonderbehandlung für Katar

Dass das Spiel in den Hintergrund gerückt ist, wurde am Dienstag noch einmal deutlich. Die UEFA bestätigte, dass Katar an der europäischen WM-Qualifikation teilnehmen wird. Ursprünglich sollte das Gastgeberland der WM 2022 an der Asien-Qualifikation teilnehmen, doch es ist nicht die erste Bevorzugung, die der katarische Verband erfährt. So durfte die Nationalmannschaft bereits bei der Copa América 2019 teilnehmen, auch 2021 soll sie laut BILD wieder dabei sein - genau wie beim Gold Cup.

Obwohl Katar dem asiatischen Verband angehört, spielt es bis zur WM im eigenen Land bei der Europa-Qualifikation, der Südamerikameisterschaft und der Nord- und Mittelamerikameisterschaft mit. Die UEFA spricht ihrerseits von Unterstützung in der Vorbereitung auf die WM. Allerdings darf man sich berechtigterweise die Frage stellen, wie hoch der Preis dafür war, den der europäische Verband erhalten hat.

Solange das Geld größtenteils nur in eine Richtung fließt, wird sich nichts ändern

Der Fußball hat sich vor vielen Jahren von seinen Wurzeln entfernt und wandert seither auf merkwürdigen Pfaden. Nicht wenigen ist in den vergangenen Jahren die Lust am Spiel, bei dem das Runde ins Eckige muss, vergangen. Und es dürften noch einige weitere Folgen. Denn Konstrukte wie das Financial Fairplay oder die Wünsche nach einem ausgeglichenen Wettbewerb sind nur leere Hülsen in der Öffentlichkeit. Hinter den Kulissen wird eine andere Sprache gesprochen, und es dominiert derjenige, der das meiste Geld und damit verbunden auch die Macht hat. Diejenigen sind es auch, die verkennen, dass sie den Sport zerstören. Denn solange das Geld läuft und die Meisterschaft wieder mit großem Vorsprung gewonnen wird, ist ihre Welt in Ordnung.