Nagelsmann-Rauswurf: Schneiden sich die Bayern-Bosse ins eigene Fleisch?
Von Dominik Hager
Der FC Bayern hat am Donnerstagabend für einen mächtigen Paukenschlag gesorgt. Laut übereinstimmenden Medienberichten ersetzt Thomas Tuchel Julian Nagelsmann als Cheftrainer in München. Im Netz entwickelte sich schnell eine Welle der Entrüstung angesichts der streitbaren Entscheidung. Für Nagelsmann ist seine Amtszeit nach eineindreiviertel Jahren vorbei, doch auch für die Bosse um Kahn, Salihamidzic und Hainer kann sich die Entscheidung zu einem gehörigen Schuss ins eigene Bein entwickeln.
Julian Nagelsmann war das erklärte Langzeitsprojekt der Bayern. Schlappe 25 Millionen Euro ließen sich die Münchner den damaligen Leipzig-Trainer kosten und nahmen diesen für fünf Jahre unter Vertrag. Eine damals schon erstaunliche Entscheidung, da niemand wusste, ob der junge Coach schon weit genug ist und kaum ein Trainer eine solche Zeitspanne in der Bundesliga und insbesondere beim FC Bayern überstanden hat. Das Zeichen der Verantwortlichen war jedoch eindeutig. Es sollte auf Beständigkeit und Kontinuität gesetzt werden. Man wollte Geduld mit Nagelsmann haben und mit diesem eine Ära prägen.
Trotz lobender Worte: Bayern werfen teures Lanzeitsprojekt raus
Schon zu diesem Zeitpunkt war klar, dass das Projekt Nagelsmann auf keinen Fall schnell scheitern darf. Genau das ist jetzt aber passiert, wodurch die Münchner Verantwortlichen haufenweise Geld verbrannt haben. Umso bemerkenswerter ist dabei jedoch, dass es keinen zwingenden Grund gab, den Coach zu feuern. In der Champions League und im Pokal waren die Leistungen einwandfrei und auch in der Bundesliga sind noch alle Chancen vorhanden. Eigentlich sollte man meinen, dass man den Coach in einer etwas unrunderen Phase die Treue hält, wenn man sich immer derart klar hinter diesen gestellt hat.
Erst am Sonntag schwärmte Herbert Hainer noch in höchsten Tönen von Julian Nagelsmann. "Wir planen mit ihm langfristig, haben das mit einem Fünf-Jahres-Vertrag dokumentiert, weil wir mit ihm etwas aufbauen wollen. Man erkennt einen deutlichen Fortschritt in diesen eineinhalb Jahren. Julian macht es sehr gut", erklärte dieser im kicker-Interview. Sätze wie diese sind auch in den anderen Phasen stets gefallen, wenn Nagelsmann in der Kritik stand.
Entwickelt sich der Nagelsmann-Rauswurf für die Bayern-Bosse zum Bumerang?
Selbstredend haben sich die Bayern-Bosse mit ihren Aussagen, Handlungen und vor allem mit dem rausgeworfenen Geld ziemlich in die Bredouille gebracht. Es ist absolut gerechtfertigt, wenn man die Verantwortlichen für das gesamte Kapitel Nagelsmann scharf kritisiert. Das einzige, was all das Geschehene wieder gerade biegen könnte, wäre der sportliche Erfolg unter Thomas Tuchel.
Dieser hängt aber schon im ersten Monat seiner Amtszeit am seidenen Faden. Für die Tuchel-Bayern stehen ohne viel Zeit der gegenseitigen Akklimatisierung Spiele gegen Borussia Dortmund, Machester City und den SC Freiburg an. Hierbei kann Tuchel schon vieles gewinnen, aber genauso gut fast alles verlieren. Tatsächlich könnten binnen weniger Wochen drei Titel-Chancen flöten gehen. Ob man Tuchel selbst nach so kurzer Zeit einen Vorwurf machen könnte, ist schwer zu sagen, jedoch wäre er ein Stück weit sicher verbrannt.
Noch heftiger würde all das aber die Bayern-Bosse treffen. Wer einen solch teuren Trainer derart knapp vor den eigentlich saisonentscheidenden Spielen entlässt, hat die volle Verantwortung für jeglichen drohenden Misserfolg. Sollten die kommenden großen Spiele schief gehen und der Erfolg in dieser Saison ausbleiben, könnten in der Führungsreihe Köpfe rollen - und das auch absolut zu Recht. Kahn, Hainer und Salihamidzic haben sich auf einen enorm gefährlichen Pfad begeben und können nur von Bergführer Tuchel unversehrt zum Gipfel gebracht werden. Rutscht der Coach jedoch aus, dürfte er das Führungs-Trio mit in den Abgrund reißen.