Nagelsmann holt Hummels ins DFB-Team zurück - Was dafür und was dagegen spricht
- Neuer Bundestrainer erklärt Rückholaktion des 34-Jährigen
- Letztes Länderspiel beim Achtelfinal-Aus bei der EM 2021
- Pro & Contra Hummels-Comeback in der Nationalmannschaft
Von Dominik Hager
Mats Hummels ist nach zwei Jahren zurück in der Nationalmannschaft. Julian Nagelsmann hat den Routinier für seine guten Leistungen in Dortmund belohnt und ihn für den Kader gegen die USA und Mexiko nominiert. Wir sehen uns genauer an, was für die Hummels-Rückkehr und was dagegen spricht.
So begründet Nagelsmann die Hummels-Nominierung
Der neue Bundestrainer machte deutlich, dass er Hummels als wichtiges Element der Mannschaft sieht. Der 76-fache Nationalspieler soll vorangehen und mit seiner Erfahrung anleiten:
"Mats ist ein Spieler mit großer Erfahrung. Er ist exzellent im Spielaufbau, hat immer den Mut, Bälle ins Mittelfeld zu spielen. Mats ist gut im Coaching, hat ein gutes taktisches Verständnis. Ich verspreche mir von ihm, dass er schon im Training die Dinge, die ich sehen will, unterstützen kann. Wir brauchen Spieler, die viel sprechen, viel coachen, die meine Ideen verstehen und auf die anderen übertragen können. Er soll die anderen Jungs mitführen."
Das spricht für Hummels
Nagelsmann nominiert nach Leistung
Als Bundestrainer geht es im Großen und Ganzen darum, relativ strikt nach Leistung zu nominieren. Sieht man sich die noch immer vorhandene Leistungsstärke von Mats Hummels an, gehört der Innenverteidiger auch in die Nationalmannschaft. Der Routinier hat seine Qualitäten in Sachen Zweikampf- und Kopfballstärke, Stellungsspiel, Spielaufbau und Torgefahr nie verloren und vereint damit zahlreiche Fähigkeiten, die ein Innenverteidiger benötigt. Insbesondere im Aufbauspiel kommt kein DFB-Verteidiger an den 34-Jährigen heran.
Es hat seine Gründe, warum Hummels beim BVB trotz der Konkurrenz von Süle und Schlotterbeck aktuell gesetzt ist. Auch auf Nationalmannschafts-Ebene gibt es eben nicht viele Verteidiger, die es mit der Qualität von Mats Hummels aufnehmen können.
Kurzfristiger Erfolg wichtiger als langfristige Planung
Das absolute Highlight steht mit der Heim-EM bereits in neun Monaten an. Alles was nach dem Turnier passiert, ist fürs Erste komplett zweitrangig, wenn nicht gar irrelevant. Es ist nicht die Zeit, um auf Spieler zu bauen, die zukünftig vielleicht mal eine tragende Rolle spielen könnten. Was zählt, ist das Hier und Jetzt, weswegen es wenig relevant ist, ob ein Spieler 18 oder 34 Jahre alt ist. Die EM 2024 wird für das Team auch nervlich eine ziemliche Belastung, weil der Druck gewaltig ist und hierbei ist es von enormen Vorteil einen derart erfahrenen Mann mit dabei zu haben, der Stresssituationen absolut gewohnt und gewachsen ist.
Hummels ist ein Führungsspieler
Seit einiger Zeit tobt in Deutschland eine Führungsspieler-Debatte. Es benötigt Typen, die klar ihre Meinung sagen und auch Missstände ansprechen können. An diesen mangelte es zuletzt gewaltig. Die Amazon-Doku hat hierbei ein recht klares Bild gezeigt. Abgesehen von Kimmich, Müller und Füllkrug scheint kaum ein Spieler mal in der Lage zu sein, das Wort zu ergreifen. Stellte Hansi Flick nach Mannschaftsbesprechungen Fragen in die Runde bzw. forderte zur Meinungsäußerung auf, erhielt er so wenig Resonanz, wie ein Schüler von seiner Klasse nach einem Referat.
Hummels ist hingegen ein Typ, der auf und neben dem Platz den Mund aufmacht, damit gerne auch mal aneckt, aber aufgrund seiner Intelligenz und seines Fußball-Sachverstands selten unrecht hat. Sicherlich gibt es Stimmen, die sagen, dass Hummels ein schwieriger Typ sei, jedoch ist es manchmal eben auch wichtig, dass jemand ohne Zurückhaltung die Sachverhalte anspricht. Eine derartige Leitfigur kann das DFB-Team absolut gebrauchen.
Das spricht gegen Hummels
Tempo-Defizit von Hummels eklatant
Es gibt in Bezug auf Hummels eigentlich nur einen klaren Contra-Punkt, der allerdings ziemlich ins Gewicht fällt. Gemeint ist natürlich sein eklatantes Tempo-Defizit. Der Routinier war nie der schnellste und hat im Alter weiter an Tempo verloren. In einem Zeitalter, in dem Geschwindigkeit eine enorme Rolle spielt, ist das als absolut problematisch anzusehen. Bei all den positiven Eigenschaften, die Hummels verkörpert, ist der fehlende Speed eben die ganz klar negative.
Dies fällt nicht in jedem Spiel auf, weil der 34-Jährige viel mit seinem Stellungsspiel regelt, jedoch sind dann doch immer wieder Partien dabei, in denen Hummels nicht mehr wirklich klarkommt. Geht es dann gegen die richtigen Sturm-Raketen Europas, wird es mit dem Borussen in der Abwehr schwer. Dies gilt insbesondere für den Fall, wenn Deutschland wie in den letzten Jahren hoch verteidigt. Mit Hummels ist eine derartige Spielweise kaum noch möglich. Hierbei sei jedoch auch angemerkt, dass es wohl gar nicht schaden würde, wenn das DFB-Team mal tiefer steht.
Kein Platz für Nico Schlotterbeck
Wird ein Mats Hummels nominiert, muss natürlich im gleichen Zuge ein anderer Innenverteidiger weichen. Getroffen hat es diesmal seinen Teamkollegen Nico Schlotterbeck. Dies ist gewissermaßen schade, weil Schlotterbeck viel Talent mitbringt und eine gute Saison neben Hummels spielt. Der 23-Jährige gehört schon zu den Kandidaten, denen man auch einen Stammplatz im DFB-Team zutrauen würde. Eigentlich bringt dieser nämlich alles mit und ist im Vergleich zu Hummels auch deutlich schneller. Was gegen Schlotterbeck spricht, sind jedoch seine Auftritte in der Nationalmannschaft, die bei der WM und auch danach alles andere als gut waren.
Demnach kann man durchaus sagen, dass angesichts der nahenden EM Hummels fürs Erste die bessere Option ist. Klar ist aber auch: Baut man jetzt nicht auf einen Schlotterbeck, der im DFB-Team noch immer so etwas wie ein Ankommender ist, wird es auch bis zur EM nichts mehr.
Fazit:
In Summe kann man die Entscheidung von Julian Nagelsmann sehr gut nachvollziehen.
Wichtig ist allerdings, dass man Hummels nur in den Spielen bringt, in denen seine Qualitäten zur Geltung kommen und man ihn lieber draußen lässt, wenn man mit einer hoch stehenden Abwehr und gegen schnell angreifende Gegner agiert. Die Abwägung könnte durchaus schwierig werden, da die von Nagelsmann angesprochenen tief verteidigenden Mannschaften gerne kontern, was Hummels dann eher weniger entgegenkommt.
Demnach muss man sich davon verabschieden, dass Hummels jetzt der Retter der Nation wird. Seine Erfahrung und seine Leader-Fähigkeiten könnten dennoch von großem Wert sein.
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