Nach EU-Urteil: Verklagt der 1.FC Köln die FIFA?
Von Lennart Sörnsen
Das Fußballgeschäft könnte erneut auf den Kopf gestellt werden. Mit dem Urteil, welches der Europäische Gerichtshof EuGH am Freitag im Fall von Lassana Diarra gesprochen hat wird das aktuelle Transfersystem in Frage gestellt. Diarra hatte seinen ehemaligen Verein Lokomotiv Moskau nach einem Streit mit seinem Trainer trotz laufenden Vertrages verlassen. Die FIFA sowie der Sportgerichtshof CAS verhängten eine zehn Millionen Euro-Strafe, an der sich spätere Arbeitgeber des Franzosen hätten beteiligen müssen.
Der EuGH jedoch sieht darin einen Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit von Diarra. Die aktuellen Regeln der FIFA bezüglich Transfers seien zu weitreichend, auch wenn einige Regeln für die sportliche Planbarkeit und Vertragsstabilität von Bedeutung sein. Somit würden diese für Spieler und zukünftige Vereine eine Behinderung darstellen, die potenziell eine Anstellung verhindere. Im Klartext: die Transferregeln können potenziell einem Berufsverbot nahekommen.
Für einen Verein ist dieses Urteil besonders bitter. Der 1.FC Köln hatte Anfang des Jahres eine Transfersperre von der FIFA und dem CAS aufgebrummt bekommen. Im Abstiegskampf konnten im Winter keine wichtigen Neuzugänge geholt werden. Nach dem Abstieg konnte der Verein ebenfalls keine neuen Spieler unter Vertrag nehmen. Die Domstädter standen somit vor der riesigen Herausforderung ohne Neuzugänge den Verein für eine tiefere Liga zu rüsten. Das EuGH-Urteil stellt die Transfersperre nun in Frage. Doch warum gab es diese Transfersperre überhaupt?
Transfersperre wegen Verpflichtung von Jugendspieler
Die FIFA hatte den Kölnern vorgeworfen, bei der Verpflichtung des Jugendspielers Jaka Cuber Potocnik gegen das Transferrecht verstoßen zu haben. Demnach hätte der Verein den Spieler zum Vertragsbruch bei seinem früheren Verein Olimpija Ljubljana gedrängt. Dieser hatte seinen Vertrag einseitig aufgekündigt und dafür triftige Gründe aufgeführt. Der Verein habe Versprechen wie etwa Trainingseinheiten mit der ersten Mannschaft nicht eingehalten. Dieser bestritt diese Gründe jedoch und klagte - mit Erfolg. Die FIFA konnte die genannten Gründe nicht nachvollziehen.
Das Problem für den 1.FC Köln ist dabei, dass das aktuelle Regelwerk der FIFA laut Paragraph 17.4 eine Umkehr der Beweislast beinhaltet. Die Kölner hätten somit beweisen müssen, dass sie unschuldig sind. "Die Rechtsgrundlage, auf der wir verurteilt worden sind, ist europarechtswidrig, weil es gegen Kartellrecht und die Arbeitnehmerfreizügigkeit verstößt", äußerte sich nun FC-Geschäftsführer Christian Keller gegenüber dem Kicker. Der Verein habe dies, so Keller, auch angeführt. "Seitenlang" habe man die Probleme dieses Regelwerks beim Verfahren des CAS vorgelegt. Doch das Urteil hatte Bestand, auch das Gnadengesuch im Sommer scheiterte.
EuGH bestätigt den FC - Kommt es zur Klage?
Nun bestätigt das Urteil des EuGH die Sichtweise der Kölner. Mit dem Rechtsspruch ist die Grundlage für die Transfersperre des FC im Grunde hinfällig. "Nach der neuen Rechtsprechung hätte der Spieler kündigen können und wir hätten nicht beweisen müssen, dass wir unschuldig sind", so Keller.
Dem Verein nutzt das letztlich jedoch nicht. Die Transfersperre läuft Ende des Jahres ohnehin aus, der Abstieg und die folgenden Probleme beim Neuaufbau sind bereits geschehen. Einzig die Verpflichtung eines ablösefreien Spielers bis zum 31.Dezember wäre nun womöglich erlaubt. "In Nachhinein haben wir Recht bekommen, aber das ist ein schwacher Trost. Praktisch bringt uns das nichts", zeigt sich auch Keller enttäuscht.
Der Verein könnte nun Klage gegen die FIFA einreichen und so versuchen, zumindest einen Schadensersatz zu bekommen. "Es könnte schon sein, dass ein Schadenersatzanspruch besteht. Da überlegen wir uns, was wir machen", bestätigt Keller diese Möglichkeit.
Ob es tatsächlich zu dieser Klage kommt ist noch offen. Auch völlig unklar wäre, wie hoch ein möglicher Schadensersatz ausfallen könnte. Den Abstieg und dessen Folgen wird dieser so oder so wohl kaum kompensieren können. Ein Schadensersatz hätte so wohl eine größere symbolische als sportliche Auwirkung.
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