Nach Boykott im Auftaktspiel: Iran singt Nationalhymne gegen Wales
Von Daniel Holfelder
Anders als im ersten Gruppenspiel gegen England haben die iranischen Spieler die Nationalhymne gegen Wales nicht boykottiert. Die gesamte Mannschaft sang die Hymne mit.
Das Nichtsingen zum Auftakt gegen die Engländer hatte international für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Mit ihrem Schweigen hatten die Nationalspieler ihre Solidarität mit den Anti-Regierungsprotesten in ihrer Heimat zum Ausdruck gebracht. Dass das Team gegen Wales nicht am Boykott festhielt, geht mutmaßlich auf Druck seitens des Regimes in Teheran zurück.
Wie die ARD berichtet, drohen den Profis und ihren Familien im Iran harte Strafen. "Viele gehen davon aus, dass Konsequenzen drohen, wenn sie in den Iran zurückkehren. Das könnte der Ausschluss aus der Nationalmannschaft sein. Oder sogar das Ende der sportlichen Karriere, wenn sie bei iranischen Vereinen spielen", so die Iran-Korrespondentin Katharina Willinger. Aus dem WM-Aufgebot stehen neun Akteure bei iranischen Teams unter Vertrag.
Dass die Regierung keinen Druck auf das Nationalteam ausübe, wie offiziell behauptet wird, glaubt Willinger nicht: "Aus dem Sicherheitsapparat fährt immer jemand mit. Frei bewegen kann man sich sicher nicht, wenn man Teil einer iranischen Nationalmannschaft ist."
Im Stadion: Konflikte zwischen regierungsnahen Fans und Regierungskritikern
Die Presseagentur AP meldet, dass es vor der Partie gegen Wales zu Auseinandersetzungen zwischen regierungsnahen und regierungskritischen Anhängern gekommen sei. Kleinere Gruppen von Männern hätten Beleidigungen sowie die Parole "The Islamic Republic of Iran" in Richtung von Frauen geschrien, die vor Ort Interviews über die Proteste im Iran gegeben haben.
Darüber hinaus sollen regimetreue Fans ihren Landsleuten Hüte abgenommen haben, auf denen der Namen des kürzlich inhaftierten Ex-Nationalspielers Voria Ghafori geschrieben stand. Zusätzlich konfiszierten katarische Ordner ein T-Shirt mit der Aufschrift "Women Life Freedom". Schon gegen England hatten Sicherheitskräfte des Gastgeberlandes Protestbekundungen seitens iranischer Fans verhindert.