Mia san unaufhaltsam: Der FC Bayern spielt in einer eigenen Liga
Von Florian Bajus

Der FC Bayern ist eine Maschine. Die Niederlage in Hoffenheim war ein Ausrutscher, aktuell zeigt der Triple-Sieger wieder seine wahren Stärken: Er spielt in seiner eigenen Liga.
Vor jeder Saison stellt sich die Frage, wer den FC Bayern stoppen kann. Die einzigen Hoffnungen ruhen auf Borussia Dortmund, doch selbst der starke BVB hat extreme Schwierigkeiten damit, über eine ganze Saison mit der Übermacht aus München mitzuhalten. Nach der Pokal-Schmach 2012 begann die erdrückende Erfolgsserie der Bayern, die seither acht Meisterschaften, fünf Pokalsiege und den zweifachen Gewinn des Triples vorweisen können.
In den vergangenen beiden Spielzeiten war der FCB noch verwundbar. Die Mannschaft harmonierte nicht mit Niko Kovac, der keine klare Spielidee vorweisen konnte und an der Seitenlinie häufig auf Einzelaktionen seiner Starspieler hoffen musste. Mit Hansi Flick hat sich alles schlagartig verändert. Der aktuelle Cheftrainer gibt den Spielern seit seiner Amtsübernahme im November eine klare Spielidee an die Hand und hat zudem ein offenes Ohr für seine Stars, die gefordert und manchmal auch gestreichelt werden müssen.
Jeder Spielzug ist einstudiert, die Abläufe wie aus einem Guss. Darüber hinaus stellen die Bayern ihren ohnehin unbändigen Ehrgeiz unter Flick noch stärker zur Schau. Egal ob es 1:0 oder 4:0 steht, ein Manuel Neuer ärgert sich über jedes Gegentor, selbst bei jedem Einwurf wird der Ball entweder sofort gefordert oder über die Entscheidung des Schiedsrichters lamentiert.
Statistiken aus dem Bilderbuch
Seit November vergangenen Jahres hat der FC Bayern 45 Pflichtspiele unter Hansi Flick absolviert. Das Ergebnis: 41 Siege, 1 Unentschieden, 3 Niederlagen. Das ergibt einen Schnitt von 2,76 Punkten pro Spiel. Noch bemerkenswerter ist aber das Torverhältnis von 150:37. In 21 Partien hat die Mannschaft mindestens vier Tore erzielt, allein zweimal in den vergangenen zwei Monaten schenkte sie ihrem Gegner sogar acht Treffer ein. Die Null stand derweil in der Hälfte der Spiele, 23 weiße Westen sind ein mehr als ordentlicher Wert.
Flick schafft, was Kovac misslungen ist
Am Samstag wurde Eintracht Frankfurt mit 5:0 in der Allianz Arena abgefertigt - dabei waren die Münchner nicht einmal in ihrer Bestform. Nur wenige Tage nach der Gala in der Champions League gegen Atlético Madrid (4:0) reichte ein durchschnittlicher Auftritt, um den noch ungeschlagenen Hessen ihre erste Niederlage zuzufügen. Ganz davon zu schweigen, dass Robert Lewandowski nur zwei Spiele über 90 Minuten durchgespielt hat und schon nach dem fünften Spieltag bei zehn Bundesligatoren steht.
Vergleicht man die Startaufstellung mit der Elf, die im November vergangenen Jahres mit 1:5 bei der SGE verlor, lässt sich festhalten, dass sieben Akteure am gestrigen Nachmittag wieder in der Startformation gestanden haben. Anders als vor einem Jahr noch diskutiert, ist die Mannschaft kein untrainierbarer Haufen von übersättigten Stars. Es brauchte vielmehr einen Trainer, der sportliche und menschliche Komponenten eint. Kovac scheiterte trotz des Doubles in beiden Aspekten, Flick erscheint hingegen wie eine Mischung aus Pep Guardiola und Jupp Heynckes.
Auch mit Blick auf die vergangenen beiden Spielzeiten in der Champions League lässt sich festhalten, dass die Bayern unter Kovac nicht ansatzweise so weit waren wie unter Flick. Ist es Zufall, dass fast die identische Mannschaft ein Jahr nach dem deutlichen Achtelfinal-Aus gegen Liverpool den Henkelpott gewinnt? Kovac hat das Potenzial der Mannschaft nicht ansatzweise erkannt, er konnte es auf seine Art nicht ausschöpfen. Flick schon.
Kaum ein Spieler kann den FC Bayern verstärken - und kaum ein Gegner kann ihn aufhalten
Selbst der Abgang von Thiago ist für die sportlichen Ergebnisse nicht so verheerend wie zunächst gedacht. Joshua Kimmich tritt nun aus dem Schatten des Spaniers heraus und ist der Strippenzieher im Mittelfeld. Der deutsche Nationalspieler gehört mit Neuer, David Alaba, Thomas Müller und Lewandowski zu der wichtigsten Achse von Flick. Das Quintett eint spielerische Klasse, Erfahrung und Ehrgeiz und überträgt diese Eigenschaften auf die übrigen Mannschaftsteile.
Darüber hinaus wird deutlich, warum abgesehen von Leroy Sané keine Stars, sondern Spieler für die Breite verpflichtet worden sind: Der Kader ist in der Spitze so stark besetzt, dass er kaum zu verbessern ist. Es gibt so gut wie keinen ersetzbaren Spieler. Stattdessen soll die Stammelf geschont werden, um so erfolgreich wie möglich durch die anstrengende Saison zu kommen. Stand jetzt bringen die Neuzugänge genügend Qualität mit, um diese Aufgabe zu erfüllen.
Der FC Bayern hatte also auch in den vergangenen beiden Jahren die Qualität, in einer eigenen Liga zu spielen. Mit Flick wurde ein Trainer gefunden, der diese Qualität auch abruft. Selbst in einer europäischen Superliga, über die wieder einmal diskutiert wird, wäre diese Mannschaft derzeit kaum aufzuhalten. Einzig der FC Liverpool könnte sie in Gefahr bringen, wohingegen Manchester City, der FC Barcelona und Real Madrid mehr denn je straucheln. Nicht nur in der Bundesliga dürfte man sich daher die Frage stellen, wer diese Bayern bezwingen kann.