Matthäus bringt Tedesco ins Gespräch: Der richtige Mann für Schalke?
Von Yannik Möller
Die Schalker Abschiedstournee aus der Bundesliga ist in vollem Gange, längst muss der Klub den Neustart in der zweiten Liga planen. Lothar Matthäus bringt dafür Ex-Coach Domenico Tedesco ins Gespräch, der Moskau am Saisonende verlassen wird. Die Frage, die sich stellt: Wäre eine Rückkehr überhaupt sinnvoll und richtig?
Neun mickrige Punkte nach 22 Spieltagen. Die Aussichten für Schalke 04 sind ebenso bitter wie verdient: Am Ende der Saison wird es in die 2. Bundesliga gehen, sollte kein Fußballwunder im XXL-Format auf den Klub hereinbrechen. Heißt: Die Planungen für die neue Saison in der unteren Liga müssen längst laufen.
Dazu gehört auch ein neuer Trainer. Dass Christian Gross den S04 allerspätestens zum Saisonende wieder verlassen wird, ist klar. Wer also soll die große Aufgabe des schwierigen Neustarts beim Riesen-Klub übernehmen? Lothar Matthäus hat einen klaren Favoriten, nämlich Domenico Tedesco (via Sky): "Tedesco hat auf Schalke immer noch einen großen Stellenwert. Ich würde es ihm zutrauen, auf Schalke mit dem Wiederaufbau eine neue Ära einzuleiten."
Einfach aus der Luft gegriffen ist dieses Szenario nicht. So wie Sky und andere Redaktionen über die letzten Wochen rund um Schalke berichteten, ist der 35-Jährige intern ein Thema. Dazu passt, dass er Spartak Moskau - wo er seit dem Oktober 2019 im Amt und derzeit auf dem dritten Tabellenplatz ist - am Ende der laufenden Spielzeit verlassen wird. Theoretisch wäre er für diesen Job also zu haben.
Tedesco verlässt Moskau zum Saisonende - und kehrt dann zu Schalke zurück?
Die große Frage, die sich also automatisch und nahezu zwangsläufig stellt: Würde eine Tedesco-Rückkehr zu Königsblau Sinn ergeben? Zunächst muss man erwähnen, dass seine Zeit beim S04 zweiseitig gesehen wird. Zum einen war da die überraschende, aber schlussendlich verdiente Vizemeisterschaft und die große auch emotionale Verbundenheit zum Verein. Andererseits der Fehlstart in die zweite Saison inklusive des Verwerfens der eigentlichen Pläne zum spielerischen Fortschritt hin zur Abwärtsspirale. die den Klub in der Saison 2018/19 an den Rand des Abstiegs brachte.
Das ist inzwischen aber zwei Jahre her, längst hat sich Tedesco als Trainer weiterentwickelt. Gerade im Offensivspiel, was oftmals ein Manko war, ist das auch zu belegen. In der Vizemeistersaison gab Schalke unter ihm pro 90 Minuten rund elf Schüsse ab. Mittlerweile sind es bereits über 15 Schüsse, die auf ein Spiel kommen. Waren es 2017/18 noch 62 Großchancen nach 34 Spieltagen, also der ganzen Saison, waren es nach zwölf Spielen mit Spartak bereits 41 Stück, passenderweise der vierte Platz der russischen Liga.
Ohnehin dürfte der Offensivplan Tedescos damals zu kritisch gesehen worden sein. In der Hinrunde unter David Wagner, von vielen Fans wie Experten gefeiert, hat es sogar weniger Torgefahr (in Anzahl und Qualität) gegeben, als in der Hinrunde unter dem Deutsch-Italiener, in der man beinahe abgestiegen wäre (25,5 xG gegen 21,5 xG!). Dazu kommt die Weiterentwicklung.
Einen sportlich besseren Trainer würden die Knappen vermutlich nicht finden, wenn es in die 2. Bundesliga geht. Man muss bedenken: Es kann nur ein Coach werden, der zum einen frei ist und somit keinen Verein hat. Zum anderen würde sich ein guter Trainer, der Erstliga-Potenzial hat, nicht unbedingt freiwillig in der zweiten Liga (bei allem Respekt für diese Spielklasse!) an die Seitenlinie stellen - schon gar nicht bei einer so komplizierten Aufgabe. Wäre Tedesco grundsätzlich bereit für diesen Job, dann wohl aus Verbundenheit zum Klub.
Eine andere Frage, die man sich vor allem als S04-Fan stellen sollte: Möchte ich persönlich, dass Domenico Tedesco erneut das Traineramt übernimmt? Er war äußerst beliebt bei Königsblau, so wie kaum ein anderer Trainer in der jüngeren Vereinsgeschichte. S04-Anhänger wissen auch, welch eine zerstörerische Kraft der Herzensklub haben kann - sowohl bei Spielern, die plötzlich schlecht werden und woanders wieder aufblühen, als auch bei Trainern. Möchte ich als Fan also, dass ein mir sehr sympathischer, junger Coach nochmal ein solches Himmelfahrtskommando übernimmt, was ihm mehr schaden als nutzen könnte?
Man kommt fast nicht drumherum nicht sogar verleitet zu werden und ihm zu wünschen, dass er nicht zurückkehrt und das obwohl er vermutlich sogar helfen könnte. Bislang ist aber jede Spekulation nur eines: eine Spekulation. Solange noch kein neuer Sportvorstand an Bord ist, der u.a. die so wichtige Trainerdebatte entscheidend beeinflussen wird, dürfte es normalerweise (!) keine großen Annäherungen zu irgendeinem Trainer geben.