Warum Akanji beim BVB einer der größten Gewinner der letzten Wochen ist
Von Florian Bajus
Das Saison-Aus von Dan-Axel Zagadou bot eine neue Chance für Manuel Akanji. Und der Innenverteidiger, der beim BVB auf die Ersatzbank versetzt worden war, hat diese bislang genutzt. Akanji zeigt stabile Leistungen und trägt seinen Teil dazu bei, dass die Dortmunder Defensive kaum etwas zulässt.
Während der wackeligen Hinrunde wurden viele Makel beim BVB ausgemacht. Etwa, dass Trainer Lucien Favre sich lange Zeit geweigert hat, die Grundausrichtung zu verändern; dass hinter Paco Alcácer ein zweiter Mittelstürmer gefehlt hat, der den verletzungsanfälligen Spanier hätte ersetzen können; dass der Mannschaft in manchen Spielen der absolute Wille gefehlt hat, das Spiel zu gewinnen; oder, dass Manuel Akanji einen deutlich instabileren Eindruck hinterlassen hat als im Vorjahr.
Der Schweizer leistete sich teils gravierende individuelle Fehler, erhielt bis Februar dieses Jahres dennoch das uneingeschränkte Vertrauen von Favre. Erst kurz vor der Zwangspause wurde er aus der Startelf gestrichen, stand in den Bundesligaspielen gegen Werder Bremen, SC Freiburg und Borussia Mönchengladbach nur 47 Minuten auf dem Platz und verfolgte das Champions-League-Achtelfinale gegen Paris St. Germain von der Bank aus. Mit dieser Entwicklung konnte Akanji überhaupt nicht zufrieden sein.
Mit dem Re-Start in der Bundesliga ergab sich jedoch eine neue Chance. Weil sich Dan-Axel Zagadou am Knie verletzt hat und in dieser Saison nicht mehr zum Einsatz kommen wird, ist Akanji wieder gefordert. In der Dreierkette bekleidet er den Posten des linken Innenverteidigers, während Mats Hummels zentral und Lukasz Piszczek als rechter Innenverteidiger agiert.
Akanji ist deutlich stabiler - seine Zukunft scheint dennoch ungeklärt
Im Verbund ist die BVB-Abwehr auch nach der Corona-Pause stabil, in fünf Partien kassierte der Tabellenzweite nur zwei Gegentore. Das liegt auch an Akanji, der deutlich souveräner spielt als noch in der Hinrunde. Beim jüngsten 1:0-Sieg über Hertha BSC wagte er sogar ein paar Schritte nach vorne und beteiligte sich forsch am Spielaufbau - das war ihm aufgrund der defensiven Ausrichtung der Herthaner erlaubt.
82 Pässe hat Akanji gegen die Alte Dame gespielt, 75 sind angekommen. Viele Risikopässe waren nicht dabei, allerdings waren es auch die vermeintlich einfachen Bälle, mit denen Akanji den Dortmunder Anhang in dieser Saison mehr als einmal in Aufruhr versetzt hat. Zudem ist er auch wieder gewohnt resolut in den Zweikämpfen, kein einziges Duell hat er am Samstag verloren.
Passsicherheit, Robustheit und Mut zum Risiko zeichnen Akanji aus, seit der Ball wieder rollt. Langsam aber sicher gewinnt er das Vertrauen zurück, doch ein Stammplatz wäre wohl auch in der kommenden Saison ungewiss. Hummels bleibt der uneingeschränkte Abwehrchef, Zagadou gehörte vor seiner Verletzung zu den besten Dortmundern und Emre Can, der eigentlich für die Dreierkette verpflichtet worden war, kassierte nach dem Sieg über die Hertha für seinen Auftritt als Hummels-Vertreter ein Sonderlob von Favre. Der deutsche Nationalspieler dürfte den Vorzug vor Akanji erhalten, wenn der unermüdliche Lukasz Piszczek eines Tages nachlässt; denn gleichbedeutend damit würde das Überangebot im Mittelfeld verringert.
Wie sich Akanjis Zukunft gestaltet, bleibt daher trotz der Leistungssteigerung offen. Sein Vertrag ist bis 2022 datiert, eine Trennung nach der Saison ist also kein Muss. Und doch wird er sich Gedanken darüber machen, ob er sich mit seiner neuen Rolle als Edelreservist anfreunden kann oder nicht.