From Zero to Hero: Lucas Hernández ist die Abwehrhoffnung bei den Bayern
Von Dominik Hager
Noch vor wenigen Monaten galt Lucas Hernández als "80-Millionen-Flop" und "größter Fehler der Vereinsgeschichte". Aufgrund von zahlreichen Verletzungen kam der Franzose einfach nicht in Tritt und spielte beim Triple-Gewinn keine Rolle. So manch einer wird sich gefragt haben, ob Atlético seinen schwächeren Zwillingsbruder nach München geschickt hat. Kurz vor Abschluss seiner zweiten Bayern-Saison ist jedoch klar: Wir haben es hier mit dem echten Lucas Hernández zu tun, der die Münchner Defensive jahrelang prägen kann.
Wer ein Preisschild in Höhe von 80 Millionen Euro rumschleppt, der hat definitiv bereits vor seinen ersten Einsätzen eine schwere Last zu schultern. Absolviert man diese auch noch nach einer langen Verletzungspause, wird es für einen Spieler fast unmöglich, den Erwartungen gerecht zu werden. Dem 25-Jährigen ereilte in der letzten Saison genau dieses Schicksal, woraufhin er konsequenterweise den Faden verloren hatte.
Hernández reift endlich zur erhofften Verstärkung
In der Saison 2020/21 sehen wir jedoch endlich den Hernández, den sich alle Bayern-Fans gewünscht haben. Obwohl er noch immer keinen festen Stammplatz besitzt, hat er konstant bewiesen, warum die Münchner eine solche Mega-Summe investiert haben. Sowohl innen als auch auf der linken Abwehrseite präsentiert sich der Franzose bissig, zweikampfstark und abgeklärt. Damit führt er genau die Eigenschaften zur Schau, die ihn in Madrid so stark gemacht haben. Den absoluten Durchbruch von Hernández konnte lange Zeit eigentlich nur David Alaba verhindern. Der Österreicher ist bei Trainer Hansi Flick gesetzt und rotierte trotz seiner etwas schwankenden Form kaum aus der Startelf. Für Hernández blieb demnach meist nur die Linksverteidiger-Position, wo er sich ein Duell mit Alphonso Davies liefert.
Sowohl der Kanadier als auch der Franzose haben jedoch das Glück, dass sie ihren Kampf nur noch für wenige Spiele ausfechten müssen. Alaba wird den Klub verlassen, woraufhin für Lucas Hernández der Platz als linker Innenverteidiger frei wird. Bereits jetzt sehnen sich einige danach, den 80-Millionen-Mann regelmäßig auf dieser Position zu sehen. Im Vergleich zu David Alaba ist dieser deutlich zweikampfstärker, robuster und aggressiver. Lediglich im Aufbauspiel besitzt sein 28-jähriger Konkurrent klare Vorteile.
Hernández brilliert gegen Paris Saint-Germain
Spätestens nach dem Viertelfinal-Rückspiel gegen Paris muss sich jedoch keiner mehr Sorgen darüber machen, ob Hernández den Erwartungen gerecht wird. Die Partie am Dienstagabend war jedenfalls sein bisheriges Meisterstück im roten Dress. Vor allem in der zweiten Hälfte, als er und Jerome Boateng praktisch alleine gelassen wurden, zeigte sich seine ganze Klasse.
Durch seine Geschwindigkeit und Zweikampfstärke präsentierte er sich als idealer Mann für Eins-gegen-eins-Duelle. Dabei war er fast der einzige Münchner, der in der Lage dazu war, die Pariser Superstars zu stoppen. Hernández zeichnet aus, dass er keine Angst vor Mbappé, Neymar und Co hat. Im Gegenteil: Die Stars sollen im besten Falle ihn fürchten. Nach dieser Devise tritt der Verteidiger auch auf und legte ein deutlich aggressiveres Zweikampfverhalten an den Tag, als seine Mitspieler.
Besonders beeindrucken konnte der Münchner auch mit seiner Mentalität. Obwohl man ihn keine Blessuren anmerken konnte, spielte Hernández alles andere als schmerzfrei. "Lucas Hernández hat Probleme gehabt, hat sich durchgebissen. Er hat dann auch in der zweiten Halbzeit angezeigt, dass er Schmerzen hat", erklärte Hansi Flick, der den Innenverteidiger ausdrücklich lobte: "Von der Mentalität her herausragend, wie er in das Spiel gegangen ist. Was er für die Mannschaft eingebracht hat heute. Das war top", hob er die Leistung seines Schützlings auf der PK hervor.
Genau diese Charaktereigenschaften brauchen die Bayern, wenn sie in den nächsten Jahren die großen Titel attackieren möchten. Hernández ist ein Spieler der dem Gegner auch mal weh tun kann und den man definitiv lieber im eigenen Team haben möchte als in der gegnerischen Elf.
"Wenn ich gegen ihn spielen muss, werde ich ihm zwei oder drei Worte sagen, damit er ruhig bleibt", erklärte Hernandez in einem Interview mit L'Equipe in Richtung Nationalelf-Kollege Mbappé. "Ich werde ihm sagen, er soll auf der linken Seite bei PSG spielen. Sollte er über rechts kommen, dann gibt es Krieg", tönte er im Vorfeld der Viertelfinalbegegnung.
Hierbei sehen wir die Mentalität, die einen Sergio Ramos, Arturo Vidal oder Casimiro so auszeichnet. Dem Weltmeister von 2018 gelingt aber auch, seine Heißblütigkeit zu kontrollieren und agiert weder unfair noch am Rande eines Platzverweises.
Der frühere Bayern-Verteidiger Holger Badstuber erwähnte zuletzt in einem Interview, dass er Hernández als zukünftigen Abwehrchef sehe und nicht Dayot Upamecano. Eine Prognose, womit der 32-Jährige recht haben könnte. Der widererstarkte Defensivspieler hat eindrucksvoll bewiesen, dass man mit ihm auch in die ganz großen Schlachten ziehen kann.