Leipzig krempelt Transfer-Strategie um - Mythos "starke Jugend"?
Von Yannik Möller

Bei RB Leipzig machen viele Leute ihren Job sehr gut. Wo es aber noch immer auch spürbar hakt, ist die Transfer-Strategie im Bezug auf die Jugendspieler. Nun wird es Umstrukturierungen in diesem Bereich geben. Das Ziel: Ausgebildete Jugendspieler sollen sich bei den Profis endlich durchsetzen.
Dass RB Leipzig nicht aus Zufall auf dem zweiten Platz der Bundesliga steht und in der Lage ist, im Rennen um die Meisterschaft noch immer mit dem FC Bayern mitzuhalten, ist klar. Einerseits begleitet den Klub dieser sportliche Erfolg, auch im Pokal und international ebenso; andererseits die noch immer (berechtigte) Kritik am Vereinswesen als Werbung für einen Energydrink.
Was allerdings oftmals in Vergessenheit gerät, ist die eigene Jugendarbeit. Bei den Sachsen spielen immer so viele junge Spieler, die schon sehr früh das Vertrauen bekommen und auf einem sehr hohen Niveau spielen, dass zum Teil nicht beachtet wird, dass es ein Problem mit eigenen Jugendspieler gibt. Nach wie vor schafft es keiner, sich dauerhaft bei den Profis durchzusetzen.
Nun kommt es dahingehend zu Umstrukturierungen. "Wir haben intern ein neues Konzept beschlossen", so Geschäftsführer Oliver Mintzlaff gegenüber der Bild. Die vorrangige Erklärung: "Ich kann nicht ausschließen, dass wir auch das ein oder andere Talent aus Europa holen. Aber vorrangig wollen wir uns auf den den deutschen Markt konzentrieren. Auf die Region, das Einzugsgebiet bis Berlin."
Ein Aspekt wird also sein, mehr auf Regionalität zu achten. Das wiederum dürfte bei Klubs wie Union Berlin und Hertha BSC die Glocken läuten lassen, schließlich sind sie die großen Vereine im neu ausgerufenen Jagdgebiet der Leipziger.
Leipzig mit Umdenken und Umstrukturierung in der Jugend: "Für talentierte Spieler zu viel bezahlt"
Bisher wurde sehr häufig in ganz Europa investiert, aussichtsreiche junge Spieler wurden gescoutet, nach Deutschland geholt und dort ausgebildet. Allerdings blieb das erhoffte Resultat, nämlich der Sprung zur ersten Mannschaft, in der Regel aus. Derartige Investitionen werden zwar nicht gänzlich eingestellt, wie Mintzlaff sagte, aber durchaus zurückgefahren.
"Bis jetzt war es so, dass sich das hohe Investment im Nachwuchs oft nicht ausgezahlt hat", weiß der 45-Jährige, der nun seit knapp sieben Jahren für den Verein arbeitet. Das Problem: "Wir haben zum Teil für talentierte Spieler zu viel bezahlt, die es dann doch nicht zu den Profis geschafft haben."
Bei diesem Schritt helfen soll künftig auch das sogenannte "Career Center", das nun auch zu diesem Zweck geschaffen wurde. Der ehemalige Bundesliga-Spieler Per Nilsson (1. FC Nürnberg und TSG Hoffenheim) leitet dieses Projekt, das primär dafür da ist, Spieler, die den Durchbruch bislang noch nicht geschafft haben, gezielt auszuleihen und im Auge zu behalten. So können die Youngsters noch über Umwege zurückkehren und (dank Spielpraxis) den Schritt zu den Profis schaffen.
Diese generellen Entscheidungen, zwar auch weiterhin europaweit zu scouten, aber vor allem auf Spieler aus der Region zu treffen, hat das Sportliche Triumvirat ebenfalls beschlossen. Das besteht aus Chefscout Christopher Vivell, Direktor Sport Florian Scholz und Sportdirektor Markus Krösche (via Bild). Alle sollen bei diesem Projekt anpacken und unterstützen.
Mintzlaff betont die gemeinsame Arbeit: "Wir arbeiten hier überall im Team und die Drei bilden die sportliche Führung." Auch ganz allgemein gehe es darum, "die Dinge noch besser zu strukturieren". Auch aufgrund der Erfolge der letzten Jahre: "Der Verein ist so stark gewachsen, dass es diese moderne Form der organisatorischen Weiterentwicklung brauchte."
Die gute RB-Jugend - bislang eher ein Mythos
Dass Leipzig nahezu den gesamten Ablauf und die Ausrichtung der eigenen Jugendarbeit ändert, dabei sogar die Herangehensweise beim Scouten so drastisch umstellt, ist ein Zeichen dafür, dass die eigene Spieler-Ausbildung längst nicht so erfolgreich ist, wie gedacht.
Immer wieder hört man, wie modern, professionell und gut die Jugendarbeit des derzeit Tabellenzweiten doch sei. Natürlich, eine erfolgreiche und sehr gut durchdachte Spielphilosophie schon in den U-Teams zu erlernen und zu fokussieren, das ist ein aufwendiger aber schlussendlich richtiger Schritt. Auch die Methoden und die angestellten Trainer arbeiten auf einem lobenswert hohen Niveau, die Teams an sich sind in der Regel erfolgreich.
Den großen Stresstest besteht der Klub aber nicht. Er schafft es nämlich seit Jahren nicht, dass sich eigens ausgebildete Spieler in der Bundesliga-Mannschaft durchsetzen können. Das mag an den hohen Anforderungen und der Qualität des Teams als solches liegen, ist aber keine grundsätzliche Ausrede für diesen ausbleibenden Erfolg.
Schlecht ist die Arbeit, die in den Jugendteams gemacht wird, deshalb natürlich nicht. Immerhin schaffen es immer mal wieder junge Spieler im europäischen Fußball Fuß zu fassen. Zwar nicht bei den großen und bekannten Vereinen, sondern eher in den kleineren Ligen. Das darf einerseits nicht vergessen werden, ist andererseits aber nicht das Ziel der Leipziger.
Dass die erfolgreiche Jugendarbeit RBs also (zumindest noch) eher ein Mythos ist, als Realität, wird anhand der nun vollzogenen Änderungen klarer. Die Königsdisziplin ist und bleibt doch, den jungen Spielern all das Handwerkszeug mit an die Hand zu geben, damit sie für die eigenen Profis bereit sind. Das waren sie bisher nicht. Und nein, RB Salzburg zählt hier nicht als Spieler-Ausbildung der Sachsen.