Kommentar: Nicht nur die Spielerinnen müssen sich steigern

Die DFB-Frauen haben das Halbfinale der Nations League gegen Frankreich mit 1:2 verloren. Bundestrainer Horst Hrubesch gab keine überzeugende Figur ab. Ein Kommentar
Horst Hrubesch
Horst Hrubesch / Michael Steele/GettyImages
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Der deutschen Frauen-Nationalmannschaft droht nach dem blamablen Abschneiden bei der WM die nächste Enttäuschung. Im Final Four der Nations League müssen Alexandra Popp und Co. mindestens Dritter werden, um sich für die Olympischen Spiele im Sommer zu qualifizieren. Den ersten Matchball hat das Team am Freitagabend vergeben. Im Halbfinale gegen Frankreich setzte es eine 1:2-Niederlage.

Damit es doch noch mit der Olympia-Quali klappt, müssen die deutschen Fußballerinnen nun das Spiel um Platz drei gegen die Niederlande gewinnen. Eine Leistung wie gegen die Französinnen darf sich die DFB-Elf dabei nicht erlauben. Viel zu mutlos war der Auftritt gegen die Équipe Tricolore, viel zu ideenlos das Spiel nach vorne. Torschützin Giulia Gwinn sprach hinterher zu Recht von "Angsthasenfußball". Dass Deutschland nach der Pause besser ins Spiel kam, war vor allem der Taktik der Französinnen geschuldet, die sich angesichts der 2:0-Führung zurückzogen und auf Konter lauerten.

Hrubesch redet die Niederlage schön

Umso befremdlicher wirkte die Analyse von Bundestrainer Horst Hrubesch. Der 72-Jährige redete die Niederlage schön. In der ersten Halbzeit habe seine Mannschaft zwar zu viele Fehler gemacht, gab Hrubesch am ARD-Mikrofon zu. Im zweiten Durchgang, fuhr er fort, habe man das Spiel aber bestimmt und nur keine Tore gemacht. Insgesamt fiel Hrubeschs Bewertung des Spiels reichlich oberflächlich aus. Bleibt zu hoffen, dass die HSV-Legende intern anders mit seinen Spielerinnen ins Gericht geht als nach außen.

Auch seine eigenen Entscheidungen sollte Hrubesch hinterfragen. Dass er die Aufstellung und sogar die bevorzugte Taktik (Flanken auf die kopfballstarken Popp und Schüller) schon Tage vor dem Spiel verriet, dürfte den Französinnen zumindest nicht geschadet haben. Funktioniert hat der Ansatz nicht wirklich. Flanken gut und schön, aber es braucht auch spielerische Lösungen, um überhaupt in gefährliche Flankenpositionen zu kommen. An Kreativität nach vorne mangelt es dem deutschen Team ohnehin, wie wir spätestens seit der WM wissen. Im Oktober trat Hrubesch die Nachfolge von Martina Voss-Tecklenburg an. Hat es bislang eine spielerische Weiterentwicklung gegeben?

Hinzu kommen unglückliche Personalentscheidungen. Sarai Linder hatte ihre linke Seite gegen die pfeilschnelle Kadidiatou Diani überhaupt nicht im Griff. Eine Alternative für die Hoffenheimerin gab es gegen Frankreich und gibt es auch gegen die Niederlande nicht. Auf Linders Konkurrentin Felicitas Rauch hat Hrubesch bei der Kadernominierung verzichtet und auch keine andere gelernte Linksverteidigerin berufen.

Keine Wechsel im zweiten Durchgang

Eine weitere Stürmerin im Kader hätte dem deutschen Team angesichts des 0:2-Rückstands ebenfalls gut zu Gesicht gestanden. Da Hrubesch sowohl Alexandra Popp als auch Lea Schüller von Beginn an aufbot, saßen ausschließlich Torhüterinnen, Verteidigerinnen und Mittelfeldspielerinnen auf der Ersatzbank. Warum Nicole Anyomi, immerhin eine der Topscorerinnen der Bundesliga und bisher stets fester Bestandteil des Kaders, zu Hause bleiben musste, weiß nur der Bundestrainer.

Positiv muss erwähnt werden, dass Hrubesch zur Pause reagierte, von 4-2-2 auf 4-2-3-1 umstellte und dreimal wechselte. Vor allem Jule Brand sorgte in der zweiten Halbzeit für Schwung. Unverständlich blieb jedoch, warum Hrubesch im Laufe der zweiten 45 Minuten keine weiteren Wechsel vornahm. Mit Elisa Senß, Linda Dallmann, Laura Freigang und Vivien Endemann standen genug Offensivkräfte (wenn auch keine gelernte Angreiferin) zur Verfügung. Auch die Entscheidung, die gelb-verwarnte Lena Oberdorf für die verletzte Marina Hegering ins Abwehrzentrum zu beordern, hätte Hrubesch auf die Füße fallen können. Mit Sara Doorsoun und Sophia Kleinherne saßen zwei Innenverteidigerinnen 90 Minuten lang auf der Bank.

Fazit: Gegen die Niederlande müssen sich nicht nur die Spielerinnen steigern. Auch der Bundestrainer ist in der Pflicht. Die Nationalmannschaft braucht mehr als einen Gute-Laune-Onkel. Das gilt übrigens auch dann, wenn gegen die Elftal ein Sieg gelingt - trotz der Jobgarantie, die Hrubesch im Falle einer erfolgreichen Olympia-Quali vom DFB bekommen hat.


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