Kommentar: Watzke-Frust über leere Stadien ist nachvollziehbar und richtig
Von Yannik Möller
Hans-Joachim Watzke zeigte sich angesichts der fehlenden Lockerungs-Perspektiven für Zuschauer in den Fußballstadien enttäuscht und wütend. Der BVB-Boss bezeichnete den Profifußball als "Opfer von Symbolpolitik". Deutliche Worte, mit denen er aber recht hat. Die nahezu bzw. gänzlich leeren Stadien drohen eine öffentliche Farce zu werden. Ein Kommentar.
"Es wurde immer geklagt, der Fußball bekomme in Deutschland Sonderrechte. Das Gegenteil ist gerade der Fall. Der Fußball wird zum Opfer von Symbolpolitik." Deutliche Worte von Hans-Joachim Watzke (via Bild). Der Anlass: die MPK-Runde vom Montag sah sich nicht gewillt, die derzeitigen Einschränkungen für die Fußballstadien zu lockern.
Für seinen BVB entspricht das ein Fortsetzen der Regelung, dass der riesige Signal-Iduna Park weiterhin nur 750 Fans willkommen heißen darf. Hoffnung auf mehr Zuschauer an der frischen Luft macht NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst auch nicht. Viel eher bekommt man bei seinen Äußerungen den Eindruck, er würde Geisterspiele sogar noch bevorzugen, spricht er in diesen Tagen doch häufig von Symbolen und Bildern.
Mehr Zuschauer wären problemlos möglich und keine Gefahr
Das Problem, das Watzke mit seiner scharfen Kritik ("Das ist auch keine Wissenschaft, das versteht kein Mensch mehr") trifft, ist dabei ein sehr wichtiger Punkt: selbstverständlich könnten deutlich mehr als 750 Fans in ein Stadion, das über 80.000 Personen fassen kann. Dazu kämen Vorsichtsmaßnahmen wie der Abstand, das 2G- oder gar 2G+-Modell und womöglich sogar das Tragen von Masken auch am Platz.
Unter derartigen Bedingungen ist es schlichtweg nicht mit der Gefahr auf vielerlei Infektionen zu begründen, weshalb nicht mindestens eine stufenweise Perspektive mit einem Start von etwa 20 bis 30 Prozent Auslastung möglich wäre.
Denn darum muss es doch gehen: derlei Einschränkungen müssen vernünftig begründet werden, nicht der Normalzustand sein. Oder in diesem Fall, ein kleiner Teil eines Normalzustandes. Die Maßnahmen, die uns und selbstredend auch den Profifußball begleiten, sind der Begründung verpflichtet unter dem Ziel, eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern.
Sollten an jedem zweiten Wochenende 20.000 BVB-Fans an der frischen Luft und unter strengen Hygienemaßnahmen zusammensitzen, statt lächerliche 750, würde das auf das Infektionsgeschehen entweder einen minimalen oder sogar gar keinen Einfluss haben. Das hat auch der Herbst gezeigt, wo so gut wie keine Ansteckungen auf den Stadionbesuch zurückzuführen waren.
Auch mit den teils angeführten Nebenwirkungen einer solch anteiligen Öffnung ist nichts gewonnen. Wenn 20.000 Menschen Schwarz-Gelb vor Ort anfeuern, werden die (umliegenden) Kneipen nicht plötzlich voller und dadurch "gefährlicher", als wenn sich diejenigen einen TV-Bildschirm zum Fußballschauen suchen und dann ohne Abstand und ähnlichem zusammensitzen.
Fußball-Stadien dürfen nicht zum Symbol des vermeintlichen Durchgreifens verkommen
Während die Stadien im Profifußball also nahezu leer sind, finden aber Indoor-Events mit deutlich höheren Auslastungen statt. Sowohl prozentual, als auch in der reinen Anzahl. Bis Ende Dezember konnten sich beispielsweise bis zu 1.200 Menschen das "Starlight Express"-Musical in Bochum ansehen. Von der Elbphilharmonie in Hamburg ganz zu schweigen. Wie soll eine derart starke Einschränkung dann für Veranstaltungen an der frischen Luft erklärt werden?
Somit hat Watzke völlig recht. Sowohl mit seiner scharfen Kritik, als auch mit der Ankündigung, die neue Corona-Verordnung in NRW rechtlich prüfen zu lassen. Das Beibehalten dieser Maßnahme sei nicht mehr verhältnismäßig, sondern Symbol, so der 62-Jährige.
Und mit Symbolen kann keine Pandemiebewältigung gemacht werden. Das gibt dem ein oder anderen Menschen zu Hause vielleicht ein besseres Gefühl, ist aber keinerlei Grundlage für diese so starren Grenzen. Es ist gut, dass Watzke diesen zu erwägenden Schritt so deutlich anspricht. Es wäre ein gutes Zeichen, würden einige NRW-Klubs dann auch zusammen agieren.