Kolasinac-Leihe für Schalke ein Coup - unter einer wichtigen Bedingung
Von Yannik Möller
Und plötzlich steht eine Leih-Rückkehr von Sead Kolasinac zu Schalke zur Debatte - erneut, nachdem daraus im Sommer nichts wurde. Wie schon vor einigen Monaten gilt grundsätzlich: Aus sportlicher Sicht wäre er eine Verstärkung. Dennoch wäre die Leihe nur unter einer wichtigen Bedingung auch vollumfänglich gut zu heißen. Ein Kommentar.
Die Meldungen, dass Schalke 04 kurz vor einer Rückholaktion von Sead Kolasinac stehen soll, kamen am Mittwochabend äußerst überraschend. Dass die Linksverteidiger-Position eine von mehreren Baustellen ist, sollte soweit klar und bekannt sein. Dass es dennoch auf eine Leihe des Ex-Schalkers hinauslaufen könnte, auch nach dem gescheiterten Versuch im Sommer, daran hat wohl kaum jemand gedacht.
Vorweg muss man wohl eines klarstellen: Kolasinac könnte Königsblau helfen. Er hat die Einstellung und den Willen, den Klub vor dem drohenden Abstieg zu bewahren, da kann man sich definitiv sicher sein. Auch würde er der Mannschaft schon dadurch helfen, dass er einer ist, der anpackt und auch vorneweg gehen und als eine Art Leader auftreten kann. Alleine schon aus dem Grund, weil er den Verein lange Zeit kennengelernt hat und ihn, wie schon häufig bewiesen, zu schätzen weiß. Ohnehin wäre eine weitere Option auf links, neben und dann vermutlich vor Bastian Oczipka, sehr wichtig - auch wenn es nicht die größte Problemzone im S04-Kader sein mag.
Kolasinac-Leihe nur mit Vorteilen? Keinesfalls: Eine vernünftige Finanzierung ist ein Muss
Auf den ersten Blick sieht es also nur nach Vorteilen aus, wenn man den Rahmen einer solchen Leih-Rückkehr betrachtet. Dem ist aber nicht so, und das gilt es ebenso zu betonen, wie den sportlichen Mehrwert. Damit ist aber nicht gemeint, dass er durch nur sehr wenige Einsätze in den vergangenen ein, zwei Jahren womöglich etwas Anlaufzeit bräuchte und er beim FC Arsenal auch nicht als Leistungsträger galt. Wäre er ein solcher bei den Gunners, oder irgendwo anders, wäre er schlichtweg kein Thema in Gelsenkirchen. Wie jeder andere Spieler auch.
Gemeint ist damit die finanzielle Grundlage dieser Personalie. Laut Bild und Sport Bild würde Kolasinac sogar auf einen Großteil seines Gehalts von neun Millionen Euro verzichten. Das ist nicht nur ehrenwert, sondern zeigt zugleich, wie gerne er Schalke helfen wollen würde. Diese Tatsache ist schon äußerst lobenswert und im Fußballgeschäft enorm selten, speziell wenn der Klub in einer solch misslichen Lage steckt. Arsenal würde in diesem Fall sogar auch noch Teile des Gehalts übernehmen, und doch blieben dem Bericht zufolge eine ordentliche Leihgebühr und 2,4 Millionen Euro für die Rückrunde übrig. Umgerechnet also 400.000 Euro im Monat.
Man kann es ebenso einfach wie plump sagen: Das Geld hat Schalke schlichtweg nicht. Viel mehr sieht die Lage so aus, dass Jochen Schneider erst einen eigenen Spieler verleihen oder verkaufen müsste, um selbst auf dem Winter-Transfermarkt aktiv werden zu können. Einen eigenen Spielraum, unabhängig von Einnahmen oder Einsparungen, gibt es nicht. Das war schon im vergangenen Sommer eindrucksvoll und besorgniserregend zu beobachten.
Und an dieser Stelle kommt das große "aber" ins Spiel, die so wichtige Bedingung hinter dieser grundsätzlich tollen Rückkehr: Eine Kolasinac-Leihe wäre ein Vorteil und gut, wenn sie aus eigener Kraft finanzierbar ist und dafür an anderen Stellen, was Transfers betrifft, keine Einschnitte vorgenommen werden müssen. Heißt: Würde durch diese Leihe eine andere Baustelle auch nur leicht vernachlässigt, wäre sie es eigentlich nicht wert. Das lässt sich ebenso leicht betonen, wie die potenziellen Vorteile, die mit diesen "Coup" einhergehen könnten.
Ein Beispiel: Die Rechtsverteidiger-Position hat oberste Priorität. Kilian Ludewig fällt nach seiner Fuß-Operation um die zweieinhalb Monate aus. Er ist der einzige rechte Außenverteidiger im ganzen Kader. Benjamin Stambouli und Malick Thiaw, die dort bereits ausgeholfen haben, sind alles andere als eine Optimalbesetzung und werden - so wie man den S04 kennt - früher oder später ebenfalls an anderer Stelle gebraucht. Durch den wahrscheinlichen Ausfall von Omar Mascarell am kommenden Spieltag müsste eigentlich Stambouli ins defensive Mittelfeld rücken. Das wird nun vielleicht gar nicht möglich sein. Eine ähnliche Situation bietet sich bei den Außen- oder Flügelspielern. Es gibt sie quasi nicht auf Schalke.
Prioritätensetzung bei S04-Transfers darf nicht wackeln - ansonsten ist Kolasinac ein gern gesehener Rückkehrer
Natürlich müssen diese Baustellen nicht der Priorität nach zeitlich abgearbeitet werden. Wenn ein Rechtsverteidiger dringend benötigt wird, kann auch erst ein Linksverteidiger kommen. Dann ist es aber wichtig, dass diese Problemzone nicht hinten rüber fällt und somit nicht mehr zu bedienen wäre. Und das ist die Sorge beim Kolasinac-Deal. Ist sichergestellt, dass es dadurch an anderen Stellen keine Nachteile gibt - dann ist diese Leihe mehr als in Ordnung. Angesichts der Zahlen fehlt allerdings die Fantasie, wie das funktionieren sollte.
Die Mutmaßungen, es könnte einen externen Geldgeber geben, vielleicht sogar einen gewissen Clemens Tönnies, der ganz aktuell finanzielle Hilfe indirekt anbot, stellen sich hoffentlich als falsch heraus. Dass man über ein solches Szenario nachdenken muss, ist klar. Schließlich ist das Geld, was für einen offenbar fast fixen Leih-Transfer benötigt wäre, eigentlich gar nicht da. So bleibt schon fast die Hoffnung, dass man fest mit einem gewöhnlichen Geldregen rechnet, etwa durch einen nahenden Verkauf von Ozan Kabak. Aber auch dabei muss sichergestellt sein, dass Kolasinac keine weiteren Transferaktivitäten einschränkt. Tut er das nicht: Willkommen zurück auf Schalke, Seo!