Klopp kritisiert Chelseas Transferoffensive: "Geht nicht nur darum, Qualität reinzubringen!"
Von Guido Müller
Es ist eine der Gretchenfragen im Fußball: ist der sportliche Erfolg mit nur genügend viel Geld im Rücken schnell planbar? Oder kommt es doch mehr auf Nachhaltigkeit und vor allem Geduld an? Liverpools Meistertrainer Jürgen Klopp hat diesbezüglich eine klare Meinung.
Denn der 53-Jährige zeigt sich ob der schwindelerregenden Transferoffensive der Konkurrenten weiterhin gelassen. Während der FC Chelsea (223 Millionen Euro Transferausgaben) oder Manchester City (79) bereits kräftig geklotzt haben, kleckern die Scousers noch. Bislang wurden erst 13 Millionen Euro für die wenig spektakuläre Verpflichtung von Verteidiger Konstantinos Tsimikas (von Olympiakos Piräus) in die Hand genommen.
Corona und der Blick auf die Nachhaltigkeit
Natürlich ist diese Zurückhaltung auch mit der Corona-Krise zu erklären (wobei die für Blues und Skyblues offenbar keine große Rolle spielt). Aber eben auch mit der Tatsache, dass Klopp beim FC Liverpool auf ein bewährtes Gerüst zurückgreifen kann. Die Reds sind Champions League-Sieger 2019 (nach der Finalteilnahme im Jahr zuvor) und englischer Meister 2020 (nach dreißig Jahren Pause) - und wer solche Erfolge vorweisen kann und auch keinen Aderlass im Personal verkraften muss, kann erstmal mit dem, was er hat, in Ruhe weiter arbeiten. Nichts anderes hat Klopp im Sinn.
In Richtung der Blues aus London kommentierte Klopp deren Gebaren auf dem Transfermarkt gegenüber dem Fernsehsender BBC folgendermaßen : "Sie haben viele Spieler verpflichtet. Das kann ein Vorteil für sie sein, klar, aber das bedeutet auch, dass sie ziemlich schnell gut zusammenpassen müssen. Es geht nicht nur darum, Qualität reinzubringen. Du kannst nicht die elf besten Spieler der Welt holen und hoffen, dass sie nur eine Woche später den besten Fußball spielen, den es je gab."
Und auch eine Ansammlung von vermeintlichen (oder zukünftigen) Superstars will sich erstmal finden. Ein Vorteil für die Reds, deren Mannschaftsgefüge, mit den zwangsläufigen jährlichen und punktuellen Korrekturen, seit einigen Jahren zu einer erfolgreichen Einheit zusammengewachsen ist. Denn: "Es geht darum, zusammen auf dem Trainingsgelände zu arbeiten. Das wird wahrscheinlich ein Vorteil für uns sein. Wir haben schon eine ganze Weile miteinander gearbeitet."
Auch ManU scheint in diesem Sommer einen Sparkurs zu fahren
Unterstützung in dieser Sicht der Dinge erhält Klopp ausgerechnet von einem der Erzrivalen der Liverpooler. Gegenüber demselben Sender sagte United-Trainer Ole Gunnar Solskjaer: "Wir haben gesehen, dass sich einige Klubs für die schnelle Lösung entschieden haben, und einige haben Vertrauen in den Prozess."
Und tatsächlich scheint auch bei Manchester United seit der definitiven Anstellung des Norwegers im März 2019 ein Umdenken bezüglich der Transferstrategie stattgefunden zu haben. Wobei die Red Devils im Sommer 2019 nochmal in die Vollen gegangen sind - und für Harry Maguire, Bruno Fernandes, Aaron Wan-Bissaka und Daniel James satte 214 Millionen (!) gezahlt haben. In diesem Jahr aber scheint auch am Old Trafford der Rotstift die Schritte der Verantwortlichen zu lenken. Bislang gaben die Nordengländer erst 39 Millionen Euro aus. Freilich für einen einzigen Spieler (Donny van de Beek).
Welche Strategie in der in der kommenden Woche startenden Spielzeit in England nun die erfolgreichere sein wird, wird am Ende - wie eigentlich immer im Fußball - auf dem grünen Rasen entschieden. Aber wie heißt es so schön: "Die Wahrheit liegt auf dem Platz!"