Kenan Kocak resümiert erstes Jahr bei Hannover 96: "Schiff wieder auf Kurs gebracht"
Von Stefan Janssen
Seit fast genau einem Jahr ist Kenan Kocak jetzt bei Hannover 96 im Amt und brachte die Niedersachen wieder auf Kurs. In einem Interview blickte der Trainer auf seine bisherige Zeit bei 96 zurück und äußerte sich auch zum Umbruch der Mannschaft, der die umstrittene Trennung von Ron-Robert Zieler beinhaltete. Zudem warnte er vor Selbstzufriedenheit.
Als Bundesliga-Absteiger war Hannover 96 vor einem Jahr auch in der 2. Bundesliga in akuter Abstiegsnot. Trainer Mirko Slomka musste schließlich gehen und es kam Kenan Kocak, der das Ruder erfolgreich herumreißen konnte: Am Ende der Saison wurden die Roten letztlich sogar noch Sechster. Bereits im April bekam Kocak deshalb eine Verlängerung seines Vertrages bis 2023.
Kocak hat Hannover wieder auf Kurs gebracht
"Es war vom ersten Tag an sehr spannend, mit der Mammutaufgabe, den GAU Abstieg zu verhindern. Das haben wir ganz gut hinbekommen", sagte Kocak im Sportbuzzer-Interview anlässlich seines ersten Jahrestages als 96-Trainer. "Wir haben das Schiff wieder gemeinsam auf Kurs gebracht, anders als andere Traditionsklubs, die im Niemandsland gelandet sind. Es war aber nicht so einfach, wie es vielleicht aussah. Mit Platz sechs haben wir mehr erreicht, als uns viele zugetraut haben. Wir sind dadurch auch auf Platz eins in der TV-Geld-Tabelle der 2. Liga geklettert, was immens wichtig war."
Trotz der deutlichen Leistungssteigerung unter Kocak gab es im vergangenen Sommer sehr viele Transfers bei den Niedersachsen, wobei der Trainer den ein oder anderen Spieler auch gerne gehalten hätte: "Der Umbruch war zum Teil erzwungen. Wenn wir uns umschauen in der 2. Liga, ob beispielsweise Karlsruhe, Fürth oder HSV – fast alle haben trotz der Corona-Krise ihre Säulen halten können. Das ist uns nicht gelungen. Wir haben mit Waldemar Anton, Jannes Horn, John Guidetti und Cedric Teuchert Spieler verloren, die sich sehr gut entwickelt hatten und bis auf Guidetti in der Bundesliga gelandet sind."
Allerdings gab es auch altgediente 96-Spieler, die von Vereinsseite aus gehen sollten, wie Edgar Prib, Felipe oder Marvin Bakalorz. "Wir mussten eine Analyse vornehmen und uns einen sportlichen Plan zurechtlegen. Das habe ich mit Gerry Zuber und in Absprache mit Martin Kind getan", erklärte Kocak. "Das lief alles sehr transparent, offen und ehrlich ab. Wir haben uns für diesen Weg entschieden, um der Mannschaft neue Impulse zu verleihen."
Kocak über Zieler & Co.: "Haben keinen vom Hof gejagt"
Allen voran machte aber die Trennung von Torwart Ron-Robert Zieler, der jetzt beim 1. FC Köln spielt, Schlagzeilen: Präsident Martin Kind wurde überraschend deutlich und verkündete, dass der ehemalige Nationalkeeper keine Chance mehr hätte und sagte, man hätte ihn gar nicht verpflichten dürfen. Dafür hagelte es viel Kritik am Boss der Hannoveraner. "Wir haben ja keinen vom Hof gejagt, sondern den Spielern aufgezeigt, welche sportliche Perspektive sie haben und wo die Gefahren sind", sagte Kocak dazu. "Mir ist klar, dass das für die Spieler trotzdem nicht schön war. Ich bin mir aber sicher, dass sie mit Abstand erkennen werden – okay, das war in dem Moment bitter, aber wenigstens ehrlich und offen. Für diese Werte sollten wir auch gemeinsam als Verein stehen."
Bislang ist der Umbruch ganz ordentlich gelaufen: Hannover steht in der 2. Bundesliga auf Rang sieben und hat Tuchfühlung zu den Aufstiegsplätzen. Kocak mahnte aber zur Vorsicht: "In der 2. Liga muss man um jeden Punkt kämpfen. Gegen 96 sind alle Gegner motiviert, das ist für viele von ihnen ein Spiel des Jahres." Bei einem Traditionsklub wie Hannover könnte es schnell passieren, dass Spieler selbstzufrieden werden, einfach weil sie dort spielen. Das wolle er nicht: "Ich erwarte von unseren Spielern, dass sie den Ehrgeiz haben, sich sowohl persönlich, als auch für den Verein zu verbessern. Wir müssen für den Erfolg arbeiten und kämpfen."