Die Kaderbaustellen beim BVB im Check
Von Simon Zimmermann
Der BVB will 2024/25 "um Titel mitspielen". Das machte nicht nur der neue Cheftrainer Nuri Sahin deutlich, sondern betonte auch Neuzugang Serhou Guirassy. Nach dem Einzug ins Champions-League-Finale in der abgelaufenen Spielzeit will sich die Dortmunder Borussia vor allem in der Bundesliga wieder deutlich verbessert zeigen. Die Liga-Saison 23/24 war mit Platz fünf eine Enttäuschung. Die Spielweise war vielen Anhängern ein Dorn im Auge.
Sahin will nun wieder dominanter spielen lassen und einen Fußball zeigen, "der zur Stadt Dortmund passt". Auf dem Transfermarkt hat der BVB in diesem Sommer erst zweimal zugeschlagen. Waldemar Anton und Guirassy kamen für zusammen knapp über 40 Millionen Euro vom VfB Stuttgart. Anton soll Mats Hummels ersetzen, Guirassy wieder ein Torjäger in Schwarzgelb werden, der 20+ Saisontore garantiert.
Weitere Transfers dürften in diesem Sommer noch folgen. Mutmaßlich braucht es aber Abgänge, um weitere Neuzugänge finanzieren zu können. Zwei Positionen stehen dabei besonders im Fokus.
Tor und Abwehr
Tor
- Gregor Kobel
- Alexander Meyer
- Marcel Lotka
Zwischen den Pfosten ist der BVB stark besetzt. Gregor Kobel in Top-Verfassung ist einer, vielleicht sogar der beste Torhüter der Bundesliga und ein Rückhalt von internationalem Top-Format. Einzig die häufigen Verletzungen des Schweizers geben leichten Grund zur Sorge. Mit Alexander Meyer verfügt der BVB aber über eine starke Nummer zwei, die verlässlich einspringen kann. Lotka dürfte erneut vor allem in der 3. Liga Spielpraxis sammeln. Laut Ruhrnachrichten wird der 23-Jährige definitiv bleiben.
Fazit: Zwischen den Pfosten wird in Dortmund diesen Sommer nichts mehr passieren.
Abwehr
Innenverteidiger
- Nico Schlotterbeck
- Niklas Süle
- Waldemar Anton
- Soumaila Coulibaly
Die Situation in der Innenverteidigung ist ähnlich wie im Vorjahr. Drei namhafte Anwärter stehen für zwei Positionen zur Verfügung. Mit Coulibaly gibt es dahinter noch einen Youngster, bei dem es allerdings fraglich ist, ob er bleibt. Nico Schlotterbeck hat sich im vergangenen Halbjahr auf hohem Niveau stabilisiert und dürfte als Linksfuß gesetzt sein. Daneben streiten sich Neuzugang Anton und Süle um den zweiten Platz im Abwehrzentrum. Süle kam deutlich fitter aus der Sommerpause und scheint wieder angreifen zu wollen.
Fazit: Mutmaßlich wird sich auf der Zugangsseite nichts mehr tun. Das Transferbudget dürfte für andere Positionen gebraucht werden. Mit Linksverteidiger Ramy Bensebaini gibt es noch einen weiteren Kandidaten, der auch innen verteidigen kann.
Außenverteidiger
- Julian Ryerson
- Ramy Bensebaini
- Tom Rothe
Allein schon an der Anzahl der Spieler für die beiden Außenverteidiger-Positionen sieht man, dass hier die wohl größte Kader-Baustelle liegt. Gefühlt ist das beim BVB schon seit einigen Jahren der Fall. Gut, dass man mit Ryerson einen ultra-zuverlässigen Spieler hat, der auf beiden Seiten auflaufen kann. Bensebaini soll nach seinem schwachen ersten BVB-Jahr und nach langer Verletzung eine neue Chance erhalten. Youngster Rothe kam mit viel Selbstvertrauen von der Leihe zu Aufsteiger Kiel zurück und könnte eine der positiven Überraschungen der Saison werden - falls er bleibt und nicht erneut verliehen wird.
Fazit: Der BVB muss noch mindestens einen weiteren Außenverteidiger verpflichten. Mit Ian Maatsen ging ein Linksverteidiger, der dem Team mit seiner Spielstärke sehr gut getan hat und ein gutes Gegenstück zu Dauerläufer Ryerson war. Die BVB-Verantwortlichen sollten sich deshalb nach einem Außenverteidiger mit einem ähnlichen Spielerprofil umschauen. Heißester Kandidat ist derzeit der 22-jährige Brasilianer Yan Couto von Manchester City. Sollte Rechtsverteidiger Couto tatsächlich kommen, könnte Ryerson wieder häufiger auf der linken Seite auflaufen.
Mittelfeld
Sechser
- Emre Can
- Salih Özcan
- Abdoulaye Kamara
Aktuell geht man mit derselben Besetzung im defensiven Mittelfeld in die Saison wie im Vorjahr. Meist war Kapitän Emre Can gesetzt - mit schwankenden Leistungen. Özcan dürfte auch unter Sahin der Backup bleiben. Bei beiden wäre der BVB aber bei einem guten Angebot gesprächsbereit, heißt es. Youngster Kamara befand sich schon auf dem Weg nach Fürth, der Transfer des 19-Jährigen platzte aber auf den letzten Metern. Geplant zu werden scheint mit ihm nicht.
Fazit: Auf der Sechs sollte sich beim BVB noch etwas tun. Vor allem dann, wenn Sahin seinen Plan, dominanter zu spielen, auch konsequent umsetzen möchte. Dafür bräuchte es einen ballsichereren Spieler als Can, der in diesem Fall sogar eine Option für die offensiveren Plätze im Mittelfeld wäre. Oder aber ein Verkaufskandidat. Özcan dürfte nicht viel mehr als ein Backup bleiben. Sollte man gute Einnahmen generieren können, wäre es ratsam, den 26-Jährigen ziehen zu lassen. Pascal Groß gilt weiterhin als Wunschlösung. Der 33-Jährige wäre eine recht kurzfristige Option, die dem BVB deutlich mehr Spielstärke verleihen würde.
Achter/Zehner
- Marcel Sabitzer
- Felix Nmecha
- Julian Brandt
- Gio Reyna
- Kjell Wätjen
Ob Sahin mit einer Doppelsechs und einem Zehner oder zwei Achtern vor dem defensiven Mittelfeldspieler agieren lassen möchte, ist lediglich eine taktische Nuance, die für die Transferpläne keine große Rolle spielen sollte. Sabitzer hat im zweiten Teil der Vorsaison gezeigt, dass er ein Stabilitätsfaktor im Team sein kann, der offensiv immer wieder Akzente setzt. Der Österreicher dürfte demnach auch im Zentrum gesetzt sein. Daneben verfügt Sahin in Brandt und Reyna über zwei Spieler, die sich gut als Zehner eignen. Nmecha wäre eher der Achter-Typ als sogenannter Box-to-Box-Spieler. Bislang konnte er im BVB-Trikot aber kaum überzeugen. Spannend ist die Personalie Wätjen. Der 18-Jährige gilt als großes Talent, kann im zentralen Mittelfeld alle Positionen bekleiden. Unter Sahin könnte der Youngster weiter reifen und so zu einer Überraschung im Team werden.
Fazit: Sollte kein zentraler Mittelfeldspieler mehr den Klub verlassen, dürfte sich hier nichts mehr tun. Im Fokus steht die Verpflichtung eines Sechsers. Pascal Groß wäre ohnehin ein Spieler, der auch für offensivere Rollen infrage käme.
Sturm
Mittelstürmer
- Niclas Füllkrug
- Serhou Guirassy
- Sebastien Haller
- Youssoufa Moukoko
Im Sturmzentrum herrscht ein Überangebot. Vor allem dann, wenn Sahin nur mit einem Neuner agieren lässt. Mit Füllkrug, Guirassy und Haller verfügt der BVB über drei klassische Mittelstürmer, die allesamt auch zu den Topverdienern im Team gehören. Es ist davon auszugehen, dass mindestens noch einer gehen soll. Moukoko hatte dagegen zuletzt erklärt, dass er unter Sahin eine neue Chance sucht. Der Youngster ist vom Profil ein anderer Stürmertyp, weshalb es nicht unlogisch wäre, ihn zu halten. Abgangskandidaten sind dagegen Füllkrug und Haller. Bei letzterem wurde es zuletzt ruhig, bei Füllkrug soll es Interesse von Milan und Atletico geben.
Update: Wie die Bild am Montagnachmittag berichtet, haben die BVB-Bosse beschlossen, Füllkrug nicht abzugeben. Demnach wolle man unbedingt mit dem Stürmer in die neue Saison gehen, um zwei Top-Torjäger im Kader zu haben. Sebastian Kehl hatte zuletzt noch erklärt: "Uns ist bewusst, dass es nicht optimal ist, mit vier Stürmern in die Saison zu gehen." Nur bei einem sehr hohen Angebot, das über 30 Millionen Euro liegt, würde man beim deutschen Nationalspieler ins Grübeln kommen.
Fazit: Mit Füllkrug, Guirassy und Haller in die Saison zu gehen, wäre alles andere als ratsam. Spannungen und Diskussionen wären vorprogrammiert. Mit Blick auf die Finanzen scheint es unerlässlich, Füllkrug oder Haller zu verkaufen. Glaubt man dem Bild-Bericht und Füllkrug soll gehalten werden, rückt Haller umso mehr in den Transfer-Fokus.
Außenstürmer
- Karim Adeyemi
- Donyell Malen
- Jamie Bynoe-Gittens
- Julien Duranville
Quantitativ ist der BVB auf den Außen ordentlich aufgestellt. Mit Adeyemi und Malen gäbe es auch zwei etablierte Spieler, die von den Talenten Bynoe-Gittens und Duranville ergänzt werden. Alle vier haben aber häufiger mit Verletzungen zu kämpfen und schwanken in ihren Leistungen. Eine weitere Option würde dem BVB hier sicher guttun. Der 20-jährige Rayan Cherki gilt als Wunschkandidat. Der Franzose wäre eine Option für beide Seiten, kann aber auch auf der Zehn spielen. Möglich ist aber auch, dass noch mindestens ein Spieler den BVB verlässt. Sowohl Adeyemi als auch Malen werden als Abgangskandidaten gehandelt.
Mit Reyna und Brandt hat man zudem zwei weitere Spieler als Option, die auch auf dem Flügel spielen können. Beide sind im Zentrum aber definitiv stärker. Sahins Ansatz sieht allerdings den Fokus im Spiel nach vorne durch die Mitte vor. Brandt und Reyna wären Spielertypen für die offensiven Halbräume.
Fazit: Auf den Außen wird sich beim BVB über den Sommer hinweg noch etwas tun. Dem Team würde ein weiterer dribbelstarker Spieler auf dem Flügel sehr guttun. Bei Adeyemi und Malen könnte es bis Ende August Wechselgerüchte geben. Aktuell scheint es völlig offen, ob einer der beiden Dortmund verlässt.
Das BVB-Baustellen-Fazit
Borussia Dortmund wird in der aktuellen Kader-Zusammenstellung nicht in die Saison gehen. Die größte Kaderbaustelle ist die Außenverteidigung. Hier muss sich definitiv noch etwas tun. Baustelle Nummer zwei ist das Sturmzentrum, das überbesetzt ist. Die Verantwortlichen werden darauf setzen, dass man Füllkrug oder Haller für einen guten Preis verkaufen kann. Dann wären auch wieder Mittel frei, um in der Offensive noch etwas zu tun. Im zentralen Mittelfeld, wo qualitativ eine kleine Baustelle herrscht, würde ein Groß-Transfer durchaus Sinn machen. Ebenso wie ein Verkauf von Öczan oder Can.