5 Gründe für das frühe Leipzig-Aus von Jesse Marsch
Von Dominik Hager
Die Bürde, Julian Nagelsmann bei RB Leipzig zu ersetzen, hat sich für Jesse Marsch als zu hoch herausgestellt. Die Leipziger belegen lediglich den elften Tabellenrang und scheiterten auch in der Champions League klar. Die BILD hat zusammengefasst, woran der Coach letztlich gescheitert ist. Nimmt man diese als Maßstab, war die Entlassung von Marsch wohl längst überfällig.
1. Keine Hierarchie
Selbstredend ist es nicht leicht, wenn der Kapitän unmittelbar vor Saisonstart von Bord geht. Mit dem Wechsel von Marcel Sabitzer ist jedoch exakt dieses Szenario eingetroffen.
Vor dem Saisonstart versprach Marsch mehreren Routiniers die Kapitänsbinde, weil er keinen Torwart als Kapitän wollte. Letztlich entschied er sich dann aber doch für Péter Gulácsi. Somit bewies der Coach früh, dass er in seiner Linie nicht konsequent ist.
Vermutlich hatte die Entscheidung auch damit zu tun, dass zahlreiche Führungsspieler von Beginn an nicht unumstritten waren und letztlich auch nur sporadisch auf dem Platz standen und dann wieder auf der Ersatzbank landeten. Spieler wie Forsberg, Poulsen oder Kampl stellten demnach nie ein Gerüst dar, sondern wurden viel zu oft zu Nebencharakteren.
Junge Spieler wie Tyler Adams schafften es nicht, einen Schritt nach vorne zu machen und mehr Verantwortung zu übernehmen. Demnach blieben nur wenige Spieler übrig, die wirklich dauerhaft als Leitfigur dienen konnten.
2. Kein Alternativplan
Julian Nagelsmann hat sich stets auf die Fahnen geschrieben, vielseitig zu sein und je nach Gegner oder Spielidee verschiedene Taktiken verwenden zu können. Prinzipiell forderte Marsch aggressives Pressing, konnte als Motivator die Power im Team aber nie so ganz entfachen. Gerade dies ist jedoch wichtig, wenn man eine solche Spielidee verfolgt.
Probleme hatte RB zudem immer, wenn das gegnerische Team tief verteidigte. Hierbei fehlte es dem Trainer wohl sowohl an Know-How als auch an Sprachkenntnissen, um seine Vorhaben klar zu vermitteln. Jeder weiß, dass es ein großes Maß an taktischem Geschick und Kreativität verlangt, destruktiv agierende Gegner zu bezwingen.
3. Kein erste Elf und keine Entwicklung
Beinahe die komplette Saison über machte RB einen Schritt nach vorne, um gleich danach wieder einen nach hinten zu machen. Kontinuität und Fortschritt waren letztlich Fehlanzeige. Dies lag mit Sicherheit auch daran, dass Marsch permanent Änderungen in seiner Startelf vornahm.
Nach ein paar Monaten hätte der US-Amerikaner längst ein Grundgerüst finden müssen, mit dem er die überwiegende Zahl der Spiele gestalten möchte. Selbstverständlich laden der breite RB-Kader und der enge Termin zur Rotation ein, jedoch muss man diese gezielt vollziehen. Besonders bei Haidara, Adams, Laimer und Kampl wurde ziemlich wild rotiert.
Letztlich wirkten alle Spieler irgendwie verunsichert und Marsch gelang es nicht, das Maximum aus den Akteuren herauszuholen. Es sollte jedenfalls klar sein, dass Profis wie Silva deutlich mehr können.
4. Keine Unterstützung
"Zu viele Köche verderben den Brei." Dieses Sprichwort trifft auch auf die Situation bei RB zu. Marsch soll frühzeitig kritisiert haben, dass der Betreuer-Apparat mit 40 Mann viel zu groß sei.
Nach dem Abgang von Sportdirektor Markus Krösche, der nicht ersetzt wurde, fehlte es an einem weiteren starken Mann im sportlichen Bereich. Jesse Marsch stand mit seinem riesigen Betreuer-Team praktisch alleine da und hatte seine liebe Mühe, den gesamten Laden alleine zu koordinieren. Gerade für einen neuen Coach ist es natürlich schwierig, eine so große Anzahl an Betreuern zu managen, wenn es darüber hinaus an Koordinatoren mangelt.
Somit ist es wenig verwunderlich, dass die Probleme auf dem Fuß folgten. Unter anderem soll zuletzt keiner der Spieler noch Deutsch-Unterricht genommen haben. Ein Zeichen, dass irgendwann jeder ein Stück weit das gemacht hat, was er will und dabei die Interessen des Teams vergaß.
5. Kein Standing
Ein neuer Trainer kann sich das Vertrauen von Spielern und Fans natürlich am leichtesten sichern, wenn die Ergebnisse passen. Ist dies nicht der Fall, wird es immer schwieriger, seine Ideen und Vorstellungen zu rechtfertigen. Marsch ist anscheinend nie so wirklich zu seinen Stars durchgedrungen.
Schon im Herbst soll er Boss Oliver Mintzlaff gegenüber Zweifel angebracht haben, ob er der Richtige für diese Mannschaft ist. Worte, die man von einem Coach normalerweise nicht hört. Wenn solche Zweifel geäußert werden, ist es in neun von zehn Fällen eigentlich auch schon zu spät.