Ist Grammozis der richtige für den Neuaufbau auf Schalke?

Mit Dimitrios Grammozis soll Schalke der Wiederaufbau gelingen
Mit Dimitrios Grammozis soll Schalke der Wiederaufbau gelingen / Frederic Scheidemann/Getty Images
facebooktwitterreddit

Schalke ist mit Dimitrios Grammozis als Trainer abgestiegen. Das ist natürlich alles andere als seine Schuld, aber damit ist er gebrandmarkt. Gleichzeitig soll mit ihm der große Wiederaufbau über den Sommer und der schnelle Wiederaufstieg in die Bundesliga gelingen. Es droht großes Konfliktpotenzial.


"Wir sind überzeugt, dass wir mit Dimitrios Grammozis den richtigen Trainer für das letzte Drittel der Saison gefunden haben", erklärte Peter Knäbel, Sportvorstand von Schalke 04, zur Einstellung des Coahes. Für den Saisonendspurt sei er "fachlich wie menschlich die richtige Wahl", hieß es weiter. Viel wichtiger als die letzten Spiele: Grammozis soll nicht nur den inzwischen sicheren Abstieg mitbegleiten - er soll den großem Umbruch über den Sommer leiten, als Trainer an Bord bleiben und den möglichst schnellen Wiederaufstieg schaffen.

Vom ersten Tag seiner Amtszeit an war die große Frage: Wird er mit der frühzeitigen Übernahme des Teams im Abstiegskampf mitsamt des bitteren Endes, am Ende der Spielzeit nicht schon verbrannt sein?

Der Schalke-Abstieg ist mit Grammozis verbunden - historischer Tiefpunkt als Trademark sorgt nicht unbedingt für Auftrieb

Es ist eine Frage, die den Klub noch immer begleitet. Mittlerweile steht der Abstieg fest, er ist fest mit Grammozis verbunden - auch wenn er insgesamt nur ein kleines Rädchen in einer großen, völlig falsch aufgebauten Maschine war. Er ist mit S04 abgestiegen, er hat über die letzten Wochen der Saison noch die allermeisten Spiele verloren, darunter erneut desaströse Auftritte, wie man sie seit dem Februar 2020 regelmäßig gesehen hat.

Nun soll er in etwa zwei Monaten damit beginnen, ein neues Feuer zu entfachen. Eine große Idee, einen großen Plan formen, mit dem er den Verein zum Wiederaufstieg führen kann. Denn das ist das erklärte Ziel: Man will so schnell wie möglich in die Bundesliga zurück, notfalls auf Biegen und Brechen. Der Aufenthalt in der 2. Bundesliga soll nur ein Ausrutscher und alsbald wieder vergessen sein.

Dimitrios Grammozis
Mit Dimitrios Grammozis will und muss Schalke wieder aufsteigen / FEDERICO GAMBARINI/Getty Images

Allerdings gibt es schon jetzt große, berechtigte Zweifel, dass dieser Weg mit Grammozis an der Seitenlinie beschritten werden kann. In den bisherigen Spielen unter ihm gab es keine spielerischen Fortschritte. Teilweise ist sogar das Gegenteil der Fall: So werden unter ihm noch weniger Torschüsse abgegeben, als unter seinen Vorgängern.

Zwar gibt er jungen Nachwuchsspielern regelmäßig eine Chance, was mittel- und langfristig ein wichtiger Eckpfeiler sein wird, auch schon in Liga zwei, doch schlussendlich ist auch dies ein verlorener Aspekt, wenn sich keine Spielidee formt oder durchsetzen kann.

Natürlich ist es alles andere als leicht, diese aktuelle Schalke-Truppe zu diesem Zeitpunkt noch umzuformen. Es jedoch in keinem Punkt zu schaffen, dazu bei teilweise äußerst bescheidenen Auftritten noch davon zu reden, dem Team nichts vorwerfen zu können - das sind Punkte, die vor allem bei den Fans für Unruhe sorgen.

Peter Knäbel
Peter Knäbel setzt weiterhin voll auf seinen Coach / FEDERICO GAMBARINI/Getty Images

So sympathisch Grammozis auch sein mag, so verbunden er sich dem Verein offenbar schon jetzt fühlt: Bislang hat er nichts gezeigt, was dafür spricht, dass er den Neuaufbau begleiten und den Aufstieg schaffen kann. Die Versprechungen seitens Knäbel, der zuletzt seine Jobgarantie für ihn erneuerte, das läge nur am bislang fehlenden Spielermaterial, sind natürlich leer.

Droht Knäbel mit Grammozis ein "Schneider und Wagner 2.0"?

Es ist viel mehr das Klammern an die eigenen Idee, an den eigenen Wunsch, die Zusammenarbeit fortzusetzen. Schalke muss aufpassen, dass es kein "Schneider und Wagner 2.0" vom letzten Sommer gibt. Ein Sportvorstand, der nur der Kontinuität willen auf eben diese setzt und dabei wichtige andere Faktoren außer acht lässt, kann eine sportliche Krise deutlich verschärfen.

Die Hoffnung, mit einer fast gänzlich neuen Mannschaft im Sommer anfangen und somit den bitteren Abstieg mit Grammozis an der Seite vergessen zu können, trügt. Es ist ein gefährliches Wagnis, das offenbar eingegangen werden soll. Die Spieler, die bleiben - sie werden sich an die restlichen Spiele, die Auftritte, die Vorbereitung erinnern und diese einzuschätzen wissen. Man wird mit einer Hypothek in die Saison gehen.

David Wagner, Jochen Schneider
Jochen Schneider hielt auch ohne Not viel zu lang an David Wagner fest / Christof Koepsel/Getty Images

Zahlt sich dieser Plan nicht aus, steht Schalke nach den ersten etwa zehn Spielen nicht auf Kurs Wiederaufstieg, wird es automatisch ungemütlich. Dann wird frühzeitig über den Trainer diskutiert, viel früher, als es mit einem neuen Coach der Fall gewesen wäre. Immerhin war dieser schon einige Monate im Verein, wusste um die Bedingungen und um das öffentlich ausgegebene Ziel der schnellen Rückkehr - und dieser Vorgaben könnte er in diesem Fall nicht gerecht werden.

Ob Grammozis schon jetzt, oder spätestens mit dem Abpfiff am 34. Spieltag verbrannt ist, das ist schwer zu sagen. Vermutlich noch nicht. Er wird es aber aufgrund dieser Vergangenheit sein, sobald das Projekt in der nächsten Saison ins Stottern gerät. Es ist ein sehr großes Risiko, das schon mit der Suche nach einem Trainer begonnen hat, der den Abstieg nicht nur moderieren, sondern auch den Neustart initiieren soll. Schon aufgrund dieser Ausgangslage wäre es egal, wie der Trainer nun heißt. Es hätte so oder so große Zweifel gegeben, ob dieses Wagnis aufgehen kann.