Individuelle Fehler leiten Niederlage im Kollektiv ein: Schalke am nächsten Abgrund

So sah man nach der Niederlage gegen den VfL Wolfsburg viele Schalker Spieler.
So sah man nach der Niederlage gegen den VfL Wolfsburg viele Schalker Spieler. / HANNIBAL HANSCHKE/Getty Images
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Nach der Niederlage gegen den VfL Wolfsburg hingen die Köpfe auf Schalke mal wieder tief. Gefühlt hingen sie diesmal allerdings noch tiefer als so oft in dieser Saison schon. Der Grund war ein unwürdiger Auftritt in der Autostadt. So kann sich Schalke nicht in der Bundesliga halten. Selten wirkte die Rettung so fern wie jetzt.

Grammozis verteidigt die Spieler - Aber liegt damit nur halb richtig

"Gegen Kritik an einzelnen Spielern verwehre ich mich. Wir haben als Kollektiv verloren, ich nehme mich da gar nicht aus." Das waren die Worte, die Dimitrios Grammozis nach dem Spiel am Sky-Mikrofon fand. Es müssen elendig lange 90 Minuten für den Neu-Coach der Knappen gewesen sein. Fünf Gegentore musste er mit ansehen. Er musste beobachten, wie seine Mannschaft im Kollektiv zerfiel.

Doch auch wenn man im Kollektiv verlor, gingen vier Toren individuelle Fehler oder schlechtes Zweikampfverhalten voraus. Nur beim 4:0 der Wolfsburger hat wirklich die komplette Hintermannschaft den Dienst verweigert. Wie unerfahrene Jugendspieler standen die Schalker Verteidiger alle auf einer Seite. Hauptsache irgendwie in Ballnähe zu sein, schien das Ziel. Aber dadurch wurde der komplette halblinke Raum frei für Brekalo. Weghorst musste nur einen Querpass spielen und die Defensive war überrumpelt.

Es sollte das einzige Gegentor an diesem Tag sein, das ohne wirklich krasse Fehler einer einzigen Person entstanden ist. Grammozis mag richtig liegen, dass man als Mannschaft verloren habe. Dass er keine einzelnen Spieler bei einem Interview für Kritik raussucht, ist auch verständlich. Aber tief im Inneren weiß er bestimmt, dass die individuellen Fehler Schalke das Spiel gekostet haben.

Mustafi, Kolasinac und William patzen - Die Neuzugänge waren heillos überfordert

Denn bis zur 31. Spielminute gelang dem VfL herzlich wenig im Strafraum der Gäste. Dann legte Königstransfer Mustafi den Ball unhaltbar für Rönnow ins eigene Tor. Wie der 2014er Weltmeister auf die Idee kam, dass dies die beste Lösung in der Situation sei, weiß nur er. Jeder Jugendspieler lernt, den Ball raus zu köpfen und neu zu sortieren, ist in diesem Moment das sicherste. Stattdessen lag Schalke nach dem ersten dicken Bock hinten und schien nicht in der Lage, auf offensiven Fußball umzustellen.

Kolasinac wagte heute das Experiment als Sechser zu spielen. Das ging gehörig schief, als er vor dem 2:0 den Ball nicht kontrollieren konnte und damit das Gegentor einleitete. Er war als Stabilisator für die linke Abwehrseite gekommen und hatte dort auch schon einige respektable Szenen gezeigt. Grammozis Entscheidung den bosnischen Nationalspieler vor der Abwehr spielen zu lassen, sorgte für Verunsicherung. Es ist nicht mehr die Zeit für Experimente. Jetzt muss das gespielt werden, was funktioniert. Kolasinac vor der Abwehr funktionierte auf jeden Fall nicht.

Mustafi patzte dann noch ein zweites Mal. Er vertendelte ohne Absicherung den Ball gegen Wout Weghorst und leitete damit den Knockout der Schalker ein. Wieder fragt man sich, was er mit dem Alleingang hätte erreichen wollen. Dafür hat Schalke ihn nicht aus London nach Gelsenkirchen geholt. Das 5:0 verschuldete Schließlich Neuzugang William, der sich im Zweikampf gegen Jerome Roussillon allzu leicht abschütteln ließ. Man kann sich also schon einzelne Spieler raussuchen.

Grammozis spricht von guten Dingen - Dabei waren keine zu sehen

"Uns bleibt nur, einige gute Sachen, die durchaus da waren, in die kommenden Spiele mitzunehmen." Anscheinend gab es also doch Dinge, die dem Trainer gefallen haben. Es bleibt ihm überlassen, was das ist. Doch für den Betrachter ergibt sich das nicht. Dass Wolfsburg nicht schon früher führte lag am fehlerhaften Passspiel der Mannschaft von Oliver Glasner. Im Mittelfeld verspielte man den Ball durch ungenaue Abspiele und nicht durch ein grandioses Schalker Zweikampfverhalten.

Offensiv fand Schalke so gut wie gar nicht statt. Der Versuch die Spitzen ins Spiel mit einzubeziehen, schlug genauso wie das Kolasinac-Experiment fehl. Die Versuche, Ballbesitzspiel aufzubauen und dann durch Kombinationen oder Flanken zum Torerfolg zu kommen, zerschellten am massiven Wolfsburger Abwehrbollwerk. Natürlich spielte Schalke gegen einen kommenden Champions-League-Teilnehmer. Aber das darf keine Entschuldigung für ein derartiges auseinander brechen sein.

Grammozis ist sich bewusst, welch schwierige Aufgabe er vor sich hat. Eine Aufgabe, die möglicherweise den Gang in die zweite Liga erfordert. Doch die individuellen Fehler müssen unbedingt abgeschaltet werden. Wenn die Saison im Abstieg endet, dann sollte sich die Mannschaft mit einem guten Eindruck verabschieden. Für genug Ablenkung und Rumor drumherum sorgt der Verein schon selbst.