Bericht: Beim HSV brodelt es gewaltig!
Von Yannik Möller
Anstatt auf den letzten Fortschritten aufzubauen, erstickt der Hamburger SV in Intrigen, Machtkämpfen und einem Scheinfrieden. Intern gibt es wachsende Mauern und schrumpfendes Vertrauen - offenbar droht ein kompletter Bruch.
Der HSV hätte die Möglichkeit, nach der verlorenen Relegation auf den Fortschritten der letzten Wochen aufzubauen. Im Endspurt der Saison konnte sich die Mannschaft nochmal fangen. Nicht nur unter, sondern auch mit Tim Walter hat sich eine Einheit geformt. Dass der Relegationsplatz überhaupt noch erreicht wurde, war schon eine Überraschung.
Darauf könnte der Klub aufbauen. Die Einheit weiter formen, mit weiteren Transfers verstärken und mit einer guten Vorbereitung in die Saison starten. Nichts da! Stattdessen brodelt es in der Vereinsführung - Gräben tun sich auf.
Die aktuelle Gemengelage grob zusammengefasst: Es geht um Marcell Jansen als Chef des Aufsichtsrats, Vorstandsmitglied Thomas Wüstefeld und Sportdirektor Michael Mutzel auf der einen Seite, gegen Sportvorstand Jonas Boldt, Trainer Walter, Horst Hrubesch, große Teile der Geschäftsstellen-Mitarbeiter und der Mannschaft auf der anderen Seite.
Grabenkämpfe, fehlendes Vertrauen und Eigenprofilierung: HSV zerfleischt sich selbst
Von einem intakten Vertrauensverhältnis, aus dem eine gute Zusammenarbeit entsteht, ist längst nicht mehr zu reden.
Eine Aussprache gab es nicht, als sich Vorstand und Aufsichtsrat am Mittwochabend trafen. Die Bild spricht von einem "Scheinfrieden". In Wahrheit soll der Klub "vor der Explosion" stehen.
Die vorhandenen Probleme, etwa das Mutmaßen, Jansen und Wüstefeld hätten Boldt und Walter schon nach der Niederlage gegen Kiel loswerden wollen, wurden nicht abgehakt. Sie wurden viel eher unter den Teppich gekehrt, während ein klarer Plan für den Transfer-Sommer und die Vorbereitung noch immer fehlen.
Auch Mutzel soll sich von Boldt und Walter abgewandt haben. So wird vermutet, er habe sich aufgrund eigener Profilierung ins andere Lager geschlagen. Dort könnte er auf eine Beförderung zum Sportvorstand hoffen, sollte das Duo doch noch gehen müssen. Auffällig sei dahingehend, dass er zuletzt lieber mit Wüstefeld nach Auswärtsspielen im Auto fuhr, anstatt zusammen mit der Mannschaft im Bus.
Letzterer sorgt auch selbst für Komplikationen. Der Anteilseigner (5,07 Prozent an der HSV-AG) wurde vom Aufsichtsrat in den Vorstand entsandt. Dass er einige Termine alleine wahrnimmt und somit niemand Genaueres von den Plänen weiß, und dass noch immer eine verbindliche Auskunft bezüglich der finanziellen Mittel für Neuverpflichtungen fehlt, sorgt für Unmut.
Er selbst soll auf einen größeren Posten drängen. Offenbar möchte er sich stärker im Vorstand engagieren. Angestoßene Projekte, die durchaus zu begrüßen sind, wurden allerdings nur angefangen und zu selten beendet. Das eröffnet Baustellen, Unruhe und sorgt für Fragezeichen.
Es gibt Kleinkriege an mehreren Fronten mit jeweils unterschiedlichen Lagern.
Da Mutzel in den Verantwortungsbereich von Boldt fällt, vermutet die Bild, bleibe dem Vorstand nichts anderes übrig, als ihn freizustellen. Eine gute Zusammenarbeit ist nicht mehr zu erwarten. Einen Rauswurf könnte hingegen Wüstefeld verhindern.
Es sind äußerst komplizierte Probleme, die dem HSV eine gute Saisonvorbereitung enorm erschweren. Probleme, die sich viel mehr mit dem Personal beschäftigen, als mit sportlichen Herausforderungen. Diese könnte man immerhin zusammen angehen. Doch ein 'Zusammen' ist derzeit nicht denkbar.