HSV: Torwartdiskussion vor dem Stadtderby völlig fehl am Platz

Wackelte schon vor dem 0:1, bei dem er ebenfalls nicht gut aussah: HSV-Keeper Sven Ulreich
Wackelte schon vor dem 0:1, bei dem er ebenfalls nicht gut aussah: HSV-Keeper Sven Ulreich / Christian Kaspar-Bartke/Getty Images
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Mit seinem Beinahe-Eigentor in der 11. Minute sorgte HSV-Keeper Sven Ulreich bei der überraschenden 2:3-Niederlage seiner Mannschaft in Würzburg gleich zu Beginn des Spiels für viel Unsicherheit bei seinen Vorderleuten. Auch beim Führungstor der Gastgeber acht Minuten später sah der 32-Jährige (wie auch seine Vorderleute) nicht wirklich gut aus. Doch eine Torwartdiskussion sollte das Letzte sein, in dem sich der Klub jetzt verliert.

Der HSV hat in Würzburg nicht wegen Sven Ulreich verloren

Denn zunächst einmal würde es von dem Kern des Problems ablenken. Der HSV hat nämlich beim Schlusslicht der Zweiten Liga nicht verloren, weil ihr Torwart ein bisschen geschwächelt hat, sondern weil in der Flyeralarm-Arena eine Mannschaft auflief, die von Anfang an nicht bereit war, den zu erwartenden Zweitliga-Fußball anzunehmen.

Ich will sogar noch weiter gehen: Hätte der HSV in allen anderen Mannschaftsteilen (die umgekrempelte Innenverteidigung eingeschlossen) eine zumindest durchschnittliche Leistung abgeliefert, hätte er früh seine drei Tore gemacht und sich über eventuelle ein oder zwei Gegentreffer nicht weiter grämen brauchen.

Zeitpunkt für einen Torwartwechsel vor dem Stadtderby denkbar ungünstig

Zudem spricht der aktuelle Zeitpunkt gegen einen Torwartwechsel. Vor einem der beiden emotionalsten Spiele der Saison, einem Hamburg-Derby, wechselt man nicht mal eben den Torwart. Zumal der Gastgeber am kommenden Montag sich seit Wochen in starker Form präsentiert.

Man stelle sich vor (schwer fällt es einem momentan nicht!), der HSV verliert das Nachbarschaftsduell. Womöglich noch aufgrund eines Patzers eines seit Monaten inaktiven Daniel Heuer Fernandes. Der HSV hätte dann ein doppeltes Torwartproblem: Nämlich einen enteierten Stammtorwart und einen Ersatzkeeper, der seine Chance nicht nutzen konnte.

Die Nummer 2 der Hanseaten: Daniel Heuer Fernandes
Die Nummer 2 der Hanseaten: Daniel Heuer Fernandes / Martin Rose/Getty Images

Wie wäre es mal mit intensivem Ball-Training für Ulreich und die anderen Keeper?

Nein, Ulreich muss auch am nächsten Montag im Millerntor-Stadion den Kasten der Rothosen hüten. Alles andere wäre selbstzerstörerischer Aktionismus. Kein Aktionismus wäre es hingegen, die Torhüter (nicht nur Ulreich, sondern ganz allgemein) vielleicht mehr zu schulen bezüglich der Ballbehandlung.

Eine halb- oder dreiviertelstündige Session, in der es nur um Rückgaben, deren Annahme und anschließende Weiterverarbeitung geht. Einfach als fester Bestandteil der tagtäglichen Trainingsarbeit. Warum wohl können ein Marc-André ter Stegen oder ein Manuel Neuer so gut mit dem Ball umgehen? Sicherlich nicht, weil sie vor dem Einschlafen die gute Fee angebetet und um über Nacht kommende Talente gebeten haben.

Nein! Vielmehr weil sie es immer und immer wieder trainiert haben. Zugegeben, große Namen. Andererseits: Sollte man sich als Profi-Fußballer, ganz gleich auf welchem Niveau, nicht immer an den Besten orientieren? Und kann nicht auch ein 32-jähriger Torwart noch dazu lernen?

Alternativ könnte man auch über einen allgemeinen Strategiewechsel nachdenken und - ich schrieb es an dieser Stelle schon mehrfach - einfach dafür Sorge tragen, den Torwart nur noch in Ausnahmefällen in das Aufbauspiel einzubinden.

Derartig viele Ballkontakte des Torwarts im Aufbauspiel wie beim HSV sehe ich bei den anderen Mannschaften jedenfalls nicht. Auch nicht bei denen, die gerade ebenfalls 42 Punkte auf dem Konto stehen haben.

Auch Sportdirektor Michael Mutzel will erst gar keine Diskussion um seine Nummer eins aufkommen lassen. "Da denken wir nicht drüber nach." Und verweist ebenfalls auf die am Sonntag kollektiv schlechte Leistung der Mannschaft. "In Würzburg", so Mutzel, "waren gleich elf Spieler richtig schlecht."

Holt Ortega nach Hamburg!

Doch an Mutzel würde ich an dieser Stelle noch gerne eine Bitte loswerden: Vorausgesetzt, dass es mit dem Aufstieg in diesem Jahr klappt und die zur Zeit auf einem Relegationsplatz stehende Arminia nach einem Jahr im Oberhaus gleich wieder runtermuss, könnte ich mir einen Stefan Ortega (Vertrag beim DSC läuft noch bis Sommer 2022) im HSV-Kasten mehr als gut vorstellen. Bitte mal vorsichtig anfragen...