HSV - oder: die Suche nach der Selbstverständlichkeit!

Sucht noch immer die Ideal-Formation für sein Team: HSV-Coach Thioune
Sucht noch immer die Ideal-Formation für sein Team: HSV-Coach Thioune / Simon Hofmann/Getty Images
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Das hart umkämpfte 2:1 des HSV in Darmstadt hat zwar nach fünf sieglosen Spielen in Folge für einen vorübergehenden Stop des Negativ-Trends gesorgt, doch wirklich erleichtert kann angesichts des spielerisch dürftigen Vortrags wohl kaum einer sein. Und am Dienstag kommt schon der Alptraum-Gegner Sandhausen (18.30 Uhr) in den Volkspark.

Gegen die Sandhäuser hatten die Rothosen am letzten Spieltag der vergangenen Saison noch die Chance, sich über ein Unentschieden zumindest für die Relegations-Spiele gegen den SV Werder Bremen zu qualifizieren.

Es ging bekanntlich gründlich in die Hose. Der HSV verlor nicht nur mit 1:5, sondern zerfiel geradezu in seine Einzelteile. Weshalb ich damals auch schrieb, dass es fast besser so war - als sich in zwei Spielen gegen den ewigen Nordrivalen abermals demütigen lassen zu müssen.

Doch morgen geht es nicht so sehr um Revanche für die Schmach vom Juni, sondern darum, endlich wieder in die Spur zu kommen und an die Leistungen der ersten fünf Spieltage heranzureichen. Ein Blick auf die Aufstellungen dieser Spiele könnte eventuell auch für den Coach Aufschluss bringen.

Die Selbstverständlichkeit der ersten Spiele ist verloren gegangen

Bei den Spielen gegen Fortuna Düsseldorf, SC Paderborn, Erzgebirge Aue und Würzburger Kickers stand Toni Leistner nicht auf dem Platz. Lediglich beim hart erkämpften 1:0-Sieg in Fürth war der Neuzugang zumindest für 55 Minuten auf dem Feld.

Unabhängig davon, dass die besagten Gegner damals vielleicht auch nicht in Top-Form waren, fällt doch auf, dass sich der HSV zu diesem Zeitpunkt weitaus leichter tat, den Ball von hinten nach vorne zu tragen. Das Aufbauspiel der Hanseaten wirkte mit Ambrosius und Heyer in der defensiven Zentrale und dem vor ihnen operierenden Onana flotter, mutiger, flüssiger - kurzum: selbstverständlicher.

Leistner ist eher der Spieler fürs Grobe
Leistner ist eher der Spieler fürs Grobe / DeFodi Images/Getty Images

Ohne Leistner absprechen zu wollen (und zu können), dass er ein robuster Innenverteidiger ist, der auch mal das eine oder andere Kopfballduell gewinnt (was im letzten Jahr eine der Schwächen der Hamburger Hintermannschaft war), ist es doch leider auch so, dass seine Spieleröffnung für heutige Maßstäbe viel zu behäbig und durchschaubar ist.

Ferner sieht man bei ihm in Drucksituationen noch zu oft unkontrolliertes Ballwegschlagen. Gleichzeitig hat Moritz Heyer seine bislang besten Spiele für den HSV als Innenverteidiger gemacht. Da Stephan Ambrosius aufgrund seiner Leistungen auf dieser Position gesetzt sein dürfte, wäre es für Thioune vielleicht eine Überlegung wert, seine defensive Zentrale umzubauen. Heyer für Leistner.

Doch nicht nur im Aufbau krankt das Spiel der Hamburger. Auch aus dem Mittelfeld kommen seit einigen Wochen viel zu wenig Impulse. Gegen Darmstadt musste der HSV ohne den rotgesperrten Sonny Kittel auskommen.

Ich habe mich schon des Öfteren über Kittels Defizite im Anlaufspiel und generell über seinen oftmals mangelnden Einsatz auf dem Platz ausgelassen. Das Wort Schönwetter-Spieler habe ich dabei zwar nicht in den Mund genommen, aber in den entsprechenden HSV-Foren findet man es zur Zeit häufiger.

Ein fitter und williger Kittel kann dem Team viel geben

Doch wenn Kittel mal Lust hat, und in Form ist, kann er mit seinen technischen Fähigkeiten immer für eine spielentscheidende Szene sorgen. Mir im Gedächtnis geblieben ist jener Wahnsinns-Hackentrick auf Narey im Spiel gegen Aue, der zum 2:0 führte. Aktionen wie diese traue ich im Hamburger Kader höchstens noch einem Dudziak oder Hunt zu.

Das Kardinal-Problem ist Folgendes: mit schönem, auf rein spielerischen Elementen basierenden Fußball kommt man in Liga 2 in der Regel nicht weit. Ganz einfach deshalb, weil es in dieser Liga vor allem auf Robustheit ankommt. Doch dafür sind die Techniker im HSV-Kader einfach nicht gemacht. Und wenn sie mal austeilen wollen, fliegen sie vom Platz.

Gegen Darmstadt fehlte also Kittel. Und weil Thioune auch Aaron Hunt zunächst auf der Bank ließ, war Jeremy Dudziak der einzige kreative Spieler im Team. Doch mit dieser Rolle ist er schlichtweg überfordert. Entsprechend zäh war das Spiel der Hamburger am Böllenfalltor.

Die einzige "Torchance", wenn wir sie denn als solche bezeichnen wollen, resultierte in Halbzeit eins aus einem Kopfball von Ambrosius nach einer von Ecke von Narey (dessen Standards übrigens weitaus besser gefallen als die von Kittel getretenen). Aus dem Spiel heraus gelang dem HSV so gut wie gar nichts.

Hunt gegen Sandhausen wieder in der Startelf?

Erst mit der Hereinnahme von Hunt im zweiten Durchgang änderte sich das. Dass das Tor zum 1:0 nach einem von Hunt geschossenen Freistoß aus dem Halbfeld fiel, ist dabei nur am Rande erwähnenswert. Denn vor allem sorgte er mit seiner Ruhe am Ball und einigen guten Pässen in die Tiefe für mehr Offensivpräsenz der Hamburger.

Auch sein Trainer kam nach dem Spiel (via kicker) nicht umhin, Hunts Einfluss auf die Partie lobend hervorzuheben: "Aaron hat einen Impuls gebracht, der förderlich für uns war." Schon ein Fingerzeig in Richtung Startelfplatz für den Routinier?

Thioune hielt sich diesbezüglich in der gestrigen Pressekonferenz bedeckt: "Ich möchte nicht ausschließen, dass Aaron wieder längere Spielzeit bekommt und von Beginn an startet."

Dem Spiel der Hamburger würde etwas mehr Kreativität im Offensivspiel und mehr Flüssigkeit im Aufbauspiel auf jeden Fall gut tun.