"Mein Gott, Walter!" - Neuer HSV-Coach fordert die Rothosen!
Von Guido Müller
Wohlfühloase, Komfortzone - mit solchen oder ähnlichen Begriffen wurde der Hamburger SV in den letzten Jahren nicht selten assoziiert. Wohl auch nicht ganz zu unrecht. Mit dem neuen Trainer Tim Walter scheinen die Verantwortlichen nun endlich jemand gefunden zu haben, der diesem schlechten Ruf entgegenwirken will.
Und das bekamen die HSV-Profis in den bisherigen knapp vier Wochen der Vorbereitungsphase auf die kommende Saison schon hinlänglich zu spüren.
Es kann aber auch eigentlich gar nicht anders sein. Denn für das ambitionierte sportliche Projekt des neuen Übungsleiters ("Walter-Ball") bedarf es vor allem eines - Fitness! Und die versucht der 45-jährige Coach seinen Spielern nun einzutrichtern. Ohne wenn und aber.
Die Bild-Zeitung spricht sogar von der härtesten Vorbereitung am Volkspark seit der zweiten Amtszeit von Bruno Labbadia (die im September 2016 endete).
Tatsächlich hat sich unter Walter einiges getan in puncto Trainingsintensität: 34 Einheiten in 26 Tagen sprechen eine deutliche Sprache. Hinzu kam das Grundstein-Trainingslager im bayrischen Grassau, in dem noch zwei Testspiele (gegen den österreichischen Zweitligisten Wacker Innsbruck und den Bundesligisten FC Augsburg) absolviert wurden.
Immer wieder kleine "Bestrafungen"
Doch Masse ist nicht immer Klasse. Wichtig ist, wie die jeweiligen Einheiten mit Inhalt gefüllt werden. So führte Walter beispielsweise kleine (auch in anderen Klubs nicht unübliche) "Straf-Aktionen" ein.
Das kann dann auch mal für den Außenstehenden durchaus erheiternd wirken. Wie z.B. 50 ad hoc befohlene Liegestützen als Quittung für laschen Trainingseifer. Oder das Naserutschen über den Rasen für die Spieler der im Trainingsspielchen unterlegenen Mannschaft.
Bakery Jatta musste sogar schon aufgrund einer Verspätung eine Art Spießrutenlaufen über sich ergehen lassen. Statt Spießruten gab es zwar nur Klapse der spalierstehenden Mitspieler - dennoch eine durchaus schmerzhafte Angelegenheit.
Ungewöhnliche Methoden zur Willensschulung
Den tieferliegenden, psychologischen Sinn hinter solchen Methoden erklärt Walter selbst: "Wir müssen lernen, Widerstände zu überwinden, um für die kommenden Aufgaben gewappnet zu sein. Die Zweite Liga verlangt einem unheimlich viel ab."
Mit solchen Aktionen wird der Wille gestärkt, auch jede noch so scheinbar banale Übung, jedes noch so vermeintlich unwichtige Trainingsspiel mit höchster Intensität anzugehen.
Und wenn dieses Leistungsdenken erst einmal vollständig verankert ist, muss man am Spieltag auch keinen Schalter mehr umlegen. Was in den letzten drei (Zweitliga-) Jahren ja sowieso nur selten bis gar nicht geklappt hat.
Doch Walter beherrscht nicht nur das Prinzip Peitsche. Auch das Zuckerbrot darf natürlich nicht fehlen. Entsprechend lobt er seine Jungs für die bisherige Performance in der Vorbereitung. Wenn auch nicht überschwänglich. Stichwort: Wohlfühloase....
"Die Intensität in den ersten Wochen war hoch", resümiert der Coach die ersten vier Wochen bei seinem neuen Klub, "die Bereitschaft der Jungs ist aber ebenso groß. Sie ziehen voll mit. Ich weiß, dass ich von meiner Mannschaft viel verlange, aber ich versuche ihr auch viel zu geben."
Bestenfalls genügend Fitness, um nach dem abermaligen Gang durch das Stahlbad Zweite Liga am Ende der Saison vielleicht endlich mal was feiern zu können.
In einer vorherigen Version des Artikels hatten wir geschrieben, dass "die Verlierer des Trainingskicks die Hosen runterlassen" mussten, "während die anderen Spieler knackige Schüsse auf die entblößten Hinterteile abfeuern durften". Diese Aussage war falsch, niemand hat beim HSV die Hosen runtergelassen. Dies möchten wir richtigstellen und uns für die falschen Angaben entschuldigen.