HSV bleibt im Volkspark ungeschlagen: Freude und Frust beim dritten Heim-Remis der Saison
Von Guido Müller
Der Hamburger SV bleibt im heimischen Volksparkstadion auch nach dem vierten Heimspiel der Saison ungeschlagen. Gegen disziplinierte Gäste aus Nürnberg hätte es am Ende sogar fast noch zum Dreier gereicht - doch schlussendlich trennten sich beide Teams leistungsgerecht unentschieden.
Leistungsgerecht deshalb, weil beide Teams nach vorne bisweilen ganz gefällig, hinten aber auch durchaus fehlerhaft agierten.
Vuskovic provoziert Foulelfmeter bei seinem Startelf-Debüt
Auf HSV-Seite war das vielleicht sogar ein Stück weit einkalkuliert: denn Tim Walter ging bei seiner Start-Aufstellung ins Risiko und schenkte dem 19-jährigen Neuzugang Mario Vuskovic das Vertrauen als Ersatz für den gelbrot-gesperrten Kapitän Sebastian Schonlau.
Zunächst machte der Kroate auch einen ganz anständigen Job, traute sich des Öfteren auch mal mit dem Ball am Fuß durch den von den Nürnbergern angebotenen Korridor zu marschieren oder verteilte mit klugen langen Bällen.
Doch das ist Zweite Liga. Kleinste Fehler werden hier prompt bestraft. Wie z.B. Vuskovic´ dilettantisches Zweikampfverhalten in der 19. Minute, als er den anstürmenden Nürnberger Dovedan im eigenen Strafraum etwas zu plump mit dem Arm stoppte.
Nach kurzer Überprüfung auf Hinweis des VAR zeigte Schiri Felix Zwayer auf den Punkt - und Valentini verwandelte sicher zum 0:1.
HSV zeigt wieder Nehmer-Qualitäten
Wenn jedoch in dieser noch jungen Saison eines auffällt, ist es, dass der HSV sich nach Rückständen kaum aus dem Konzept bringen lässt. Ein paar Augenblicke schüttelten sich die Gastgeber - und dann waren sie auch schon wieder in der Spur.
Sonny Kittel hatte fast postwendend den Ausgleich auf dem Fuß, verzog seinen Schuss von der Strafraumkante aber um wenige Zentimeter.
Kaum zehn Minuten später belohnten sich die Hamburger für ihr verstärktes Engagement nach dem Rückstand. Eine Flanke aus dem Halbfeld von Jonas Meffert fand im Strafraum Robert Glatzel als Abnehmer, der sich im Luftkampf durchsetzen konnte und den Gleichstand besorgte.
Fast hätte ein übereifriger Tim Leibold, aus einer Abseitsposition heraus, den Ball kurz vor der Linie noch berührt, doch nach erneuter Überprüfung durch den VAR wurde das Tor schließlich anerkannt. Mit dem 1:1 ging es verdientermaßen in die Pause.
Schlafmütziger Start der Gastgeber in Durchgang zwei
Aus der die Gäste allerdings um einiges wacher kamen. Kaum eine Minute war in Durchgang zwei gespielt, als drei Nürnberger (Möller-Daehli, Tempelmann und Valentini) die komplette Hamburger Hintermannschaft narrten.
In der Folge ließ sich Heyer von Valentini viel zu leicht ausspielen, und dessen Flanke fand am Fünfer den völlig blanken Tempelmann, der keine Mühe hatte, zur abermaligen Führung der Franken einzuköpfen.
Ein erneuter Schock für den HSV und die 25.000 Fans im ausverkauften Volksparkstadion. Doch abermals reagierten die Gastgeber sehr cool, verfielen keinesfalls in Hektik. Wenngleich sie, das gehört auch zur Wahrheit, dieses Mal weitaus mehr Zeit brauchten, um wieder zu klaren Torchancen zu kommen.
Trotz minütlich steigender Ballbesitzwerte war eine Halbchance von Kinsombi (58.) noch das Zwingendste, was der HSV lange Zeit zustande brachte.
Optisch zwar überlegen, mussten die Rothosen zudem immer wieder darauf achten, in keine Konter zu laufen. Den Nürnbergern ist vielleicht der Vorwurf zu machen, nach der Führung etwas zu passiv agiert und die wenigen guten Kontermöglichkeiten nicht sauber genug ausgespielt zu haben.
So stand es dann auch zehn Minuten vor Schluss "nur" 2:1 aus Franken-Sicht. Und der HSV warf noch mal alles nach vorne. Zunächst hatte der für Jatta eingewechselte Wintzheimer eine gute Abschlussmöglichkeit, wirkte dabei aber etwas überhastet.
Glatzel mit erstem Doppelpack - und starker Gesamtbilanz
Doch im Anschluss bekam dann der in der zweiten Halbzeit stark aufspielende Kittel den Ball, flankte maßgeschneidert auf Glatzel, der seinen ersten Doppelpack für die Hamburger schnürte.
Mit nunmehr 5 Treffern in 8 Liga-Spielen (zuzüglich eines Treffers im DFB-Pokal) kann der gebürtige Münchener zwar keine Terodde´sche Bilanz vorweisen (wer kann das schon in Liga 2?), beweist aber, dass der HSV mit seiner Verpflichtung offenbar doch nicht so falsch lag.
Und fast hätte es in einer hektischen Schlussphase sogar noch zum Siegtreffer für die Hamburger gereicht. Doch der Pfosten rettete in der 82. Minute für den schon geschlagenen EX-HSVer Mathenia.
Wieder war der rechte Flügel des HSV der Ausgangspunkt gewesen. Diesmal hatte Gyamerah geflankt, und bei seiner Rettungsaktion vor dem heranstürmenden Kittel hätte Valentini beinahe seinen eigenen Keeper bezwungen.
In den Schlusssekunden reklamierten die Hamburger dann noch ein elfmeterwürdiges Foul am eingewechselten Anssi Suhonen - doch diesmal gab es keinen Hinweis aus dem Keller. Der Finne war etwas zu ungestüm in zwei Nürnberger Verteidiger reingelaufen.
Bittersüßes Fazit von Kinsombi
Am Ende ein Punkt, über den man sich, je nach Gemütslage, ärgern oder freuen kann. Oder man nimmt ihn schlichtweg zur Kenntnis. Fakt ist: nach der bitteren Stadtderby-Niederlage am Millerntor am 3. Spieltag ist der HSV seit nunmehr fünf Spielen ungeschlagen.
Und zweimal gegen ein bisher ungeschlagenes Nürnberg zurückzukommen, spricht zumindest von einer intakten Moral der Truppe. Entsprechend bittersüß fiel denn auch Kinsombis Fazit aus: "Es ist ein gutes Zeichen, dass wir zweimal nach einem Rückstand zurückgekommen sind, aber wir ärgern uns auch, dass wir aus unserer Überlegenheit nicht mehr gemacht haben. Uns fehlte in einigen Situationen das Quäntchen Glück."