HSV: Erster Test, erster Sieg - und ein neues Angebot für Onana!
Von Guido Müller
Mit 1:0 hat der Hamburger SV sein erstes Vorbereitungsspiel auf die neue Saison gegen den österreichischen Zweitligisten Wacker Innsbruck gewonnen - und dabei vor allem in der ersten Halbzeit gute Eindrücke hinterlassen.
Denn bei der Bewertung dieses Testkicks im Rahmen des Trainingslagers der Hamburger im oberbayrischen Grassau ist natürlich auch zu bemerken, dass Trainer Tim Walter seine Schützlinge noch am Vormittag desselben Tages zu einer intensiven Trainingseinheit gebeten hatte.
Doch von Müdigkeit war bei den Rothosen in der Anfangsphase nichts zu sehen. Sie begannen in der Abwehr mit Daniel Heuer Fernandes im Tor, den etatmäßigen Außenverteidigern Tim Leibold (auf links) und Jan Gyamerah (auf rechts), sowie einer eher ungewohnten Innenverteidigung, die von Jonas David und Maximilian Rohr gebildet wurde.
Im defensiven Mittelfeld teilten sich Neuzugang Jonas Meffert (eher defensiv) und Moritz Heyer (eher in Richtung Achter) den Part auf der Sechs, während David Kinsombi die Transition zur Angriffsreihe herstellen sollte.
Sonny Kittel und Bakery Jatta auf den offensiven Flügeln sowie Robin Meißner als einzige echte Spitze komplettierten die Startformation gegen die Innsbrucker.
"System Walter-Ball": alle sind in Bewegung und wollen den Ball
Schnell wurde die Spielidee Walters sichtbar, der am Spielfeldrand fast die gesamte Spielzeit über lautstark sein Team coachte. Die Idee ist so simpel wie gleichzeitig physisch und psychisch anspruchsvoll: alle sind permanent in Bewegung und rochieren innerhalb der einzelnen Linien.
Und vor allem soll auch in Bedrängnis immer der spielerische Ansatz gewählt werden. Lange Bälle, wie sie am Mittwoch ganz selten mal geschlagen wurden, will Walter nicht sehen. Und lässt daran qua seines lautstarken Inputs auch keinerlei Zweifel.
Stattdessen wird der Torwart auch im eigenen Abwehrdrittel mit in die Kombinationen einbezogen. Das sieht bisweilen fast ein bisschen nach Harakiri aus - ist aber, wenn sich alle dran halten, ein interessanter Ansatz.
Klar erkennbar wurde dabei auch, dass mit einem Sven Ulreich ein solches System nicht gespielt werden könnte. Denn die spielerischen Mittel dafür gehen dem neuen (alten) Bayern-Ersatzkeeper komplett ab.
Da war im Passspiel der neuen (alten) Hamburger Nummer eins doch ein ganz anderes Niveau zu erkennen. Und wenn Heuer Fernandes' Vorderleute im Laufe der Saison die zarten Versprechen halten, die sie im ersten Test ansatzweise gegeben haben, fällt die große Schwäche des 28-jährigen Deutsch-Portugiesen, die Strafraumbeherrschung, womöglich gar nicht so schwer ins Gewicht.
Jonas David hat einen großen Entwicklungsschritt gemacht
Denn am Mittwoch räumten Rohr und David in Halbzeit eins vieles bereits im Vorfeld ab. Vor allem Jonas David, bis vor kurzem eigentlich noch einer der heißesten Kandidaten auf eine abermalige Leihe, zeigte eine starke und konzentrierte Leistung.
Ein Entwicklungsschritt gegenüber dem Vorjahr ist jedenfalls klar zu erkennen bei dem 21-jährigen gebürtigen Hamburger. So sehr, dass selbst Walter nicht umhin kam, den Youngster für seine Darbietung ausdrücklich (und namentlich) zu loben: "Jonas David macht es schon die ganze Vorbereitung gut. Damit bin ich sehr zufrieden." (via mopo.de)
David belohnte sich für seinen couragierten Auftritt mit dem Tor des Tages, das er per wuchtigem Kopfball nach Kittel-Freistoß (26. Minute) erzielen konnte. Kittel selbst musste nach einem harten Zweikampf wenig später ausgewechselt werden.
Die besorgten HSV-Fans konnte Walter in dieser Personalie indes schon gestern beruhigen. "Vom Gefühl her ist es nicht so schlimm." Der erste Test war jedoch für Kittel bereits nach einer knappen halben Stunde vorbei.
Für ihn kam Aaron Opoku aufs Feld, der nach anfänglicher Nervosität zum Ende der Partie immer schwungvoller ins Spiel kam.
Auch Heuer Fernandes, Rohr, Kinsombi und Meffert sammeln Pluspunkte
Neben Heuer Fernandes' gutem Spiel mit dem Ball am Fuß, der soliden Abwehrleistung von Rohr und David und einer endlich mal über einen längeren Zeitraum dynamischen Vorstellung von Kinsombi in der Schaltzentrale sei auch der starke Auftritt von Meffert erwähnt.
Entsprechend seiner eigenen Beschreibung von sich selbst ("Falle nie groß auf, bin aber ein Teamplayer und mache das, was für die Mannschaft wichtig ist") räumte der 26-Jährige im ersten Durchgang nahezu alles in seinem Wirkungsbereich ab. Im Vergleich zum HSV-Debüt von Klaus Gjasula vor Jahresfrist lagen Welten dazwischen.
In der zweiten Halbzeit jedoch verlor der erste Test der Hamburger auch durch die vielen getätigten Wechsel etwas an Substanz und Aussagekraft.
Leistner und Gjasula mit durchwachsenen Leistungen
Dennoch kann man festhalten: ein Toni Leistner wird sich noch gewaltig steigern müssen, wenn er zu Saisonbeginn in der Startelf stehen will. In der Form von Mittwoch jedenfalls erscheint es keinesfalls unmöglich, dass David den Vorzug erhält.
Von den in der zweiten Halbzeit eingesetzten Spielern konnten der finnische Youngster Anssi Suhonen (20), der Kinsombi ersetzte, Manuel Wintzheimer (anstelle von Meißner) und Neuzugang Ludovit Reis (kam für Heyer) sowie Josha Vagnoman noch Pluspunkte sammeln.
Neuzugang Sebastian Schonlau, der Rohr ersetzte, blieb solide, ohne zu glänzen, während die Routiniers Toni Leistner und Klaus Gjasula mit einigen Fehlpässen und Stockfehlern in der Ballverarbeitung bisweilen für Unordnung in der ansonsten selten geprüften Hamburger Defensive sorgten.
Insgesamt ein Auftritt, der zu zartem Optimismus berechtigt. Zumal bis zum Saisonstart in gut drei Wochen (am 23. Juli) noch mit weiteren Neuzugängen zu rechnen ist.
Neuer Interessent für Amadou Onana
Die dafür nötigen Geldmittel sollen auch über Spielerverkäufe generiert werden. Wie der intern wohl bereits entschiedene Transfer eines Amadou Onana. An dem 19-jährigen Belgier hat nun auch der französische Meister OSC Lille sein Interesse bekundet.
Die von der Bild-Zeitung kolportierten vier Millionen Euro, die der Champion aus dem Nachbarland angeboten haben soll, werden aber nicht ausreichen, um die Hamburger auch nur an den Verhandlungstisch zu bringen. Den Hanseaten schwebt vielmehr ein Transfererlös zwischen acht und zehn Millionen Euro vor.
Weiterhin hält sich in dieser Personalie auch der Name Borussia Dortmund in der Gerüchteküche. Und auch aus der englischen Premier League soll es mit dem FC Watford zumindest einen Interessenten geben. Gut für den HSV. Je mehr Bewerber, um so höher der finale Preis.
Absolute Not, den noch bis 2024 an den Klub gebundenen defensiven Mittelfeldspieler unter Wert zu verramschen, hat der HSV schließlich keine.