HSV: Die Tops und Flops vom Unentschieden in Kiel
Von Marcel Stummeyer
Auch im fünften Aufeinandertreffen mit Holstein Kiel gab es für den Hamburger Sport-Verein keinen Sieg. Zu passiv agierten die Hamburger im zweiten Spielabschnitt - Kiel nutzte diese Halbherzigkeit gekonnt aus und kam in der 90. Minute nicht unverdient zum Ausgleich, obwohl die Rothosen das Spiel hätten entscheiden müssen. Wer war gut und wer war schlecht? Wir blicken auf die Tops und Flops gegen Kiel.
Der HSV kann einfach nicht gegen Holstein Kiel gewinnen. Auch der fünfte Anlauf schlug fehl. Damit gehört Kiel neben de VfL Osnabrück und Union Berlin noch immer zu den drei Teams, gegen die der Hamburger SV nach Gründung der Bundesliga noch kein Spiel gewinnen konnte.
Nach ordentlicher Halbzeit eins verloren die Schützlinge von Daniel Thioune in Durchgang zwei den Faden. Kiel kam hochmotiviert aus der Kabine und übernahm das Zepter, welches in den ersten 45 Minuten noch fest in den Händen des HSV war. In einem Spiel, das arm an Großchancen war, gingen die Rothosen in der 43. Spielminute mit 1:0 in Führung - Moritz Heyer war nach einer Ecke mit dem Kopf zur Stelle und erzielte sein erstes Tor für seinen neuen Verein.
Alles andere als sicher war der Vorsprung - auch die Gastgeber spürten die Fahrlässigkeit der Gäste und nutzten - natürlich - eine der letzten Aktionen zum Ausgleich. Erschreckend passiv, unsicher und viel zu lässig präsentierte sich der HSV in den entscheidenden Phasen des Spiels - das 1:1 fiel im Gegenzug an eine Aktion, die du als Spitzenreiter mit dem 2:0 abschließen musst - nun geht es mit nur einem Punkt zurück in den Volkspark.
ABER: Der HSV bleibt weiter ungeschlagen und steht mit vier Punkten Vorsprung an der Spitze der 2. Bundesliga - eine Momentaufnahme, die allerdings in den kommenden Wochen sehr gefährlich werden kann.
Zugegeben, bei einem Sieg wäre eine Bewertung der individuellen Leistungen deutlich einfacher gefallen. Der Ausgleich macht einige souveräne Auftritte zunichte. Trotzdem ist die folgende Auflistung darum bemüht, eine faire Analyse zu geben.
Die Tops der Partie - mit Abzügen
1. Toni Leistner
Ja, der Toni spielte 89 Minuten so, wie man es sich von ihm erwartet hat. Sicher, ohne große Wackler und vor allem ohne dumme Fouls. Leistner kratzte nahezu jeden Ball vor dem eigenen Kasten weg und war oftmals das unüberwindbare Bollwerk für die Störche. Am Ausgleich hat aber auch der 30-jährige zu nagen, denn er war unglücklicherweise am 1:1 beteiligt und lies das Leder passieren.
Wäre dieser Moment nicht gewesen, dann hätte sich Toni Leistner ein gutes Zeugnis abholen können. so gibt es leider Abzüge in der B-Note, die vor allem beim Blick auf die Anzeigetafel sehr wehgetan haben. Im Hinblick auf die kommende Aufgaben offenbarte der Innenverteidiger jedoch, dass auch er eine Verstärkung für die Defensive des HSV sein kann.
2. Stephan Ambrosius
Auch Stephan Ambrosius gehörte zur lange standhaften Defensivzentrale des HSV und sicherte sich sogar Kredite am 1:0, als er sich stark gegen zwei Kieler durchsetzte und den Ball im Anschluss zu Vorlagengeber Dudziak beförderte.
Gewohnt robust agierte der 21-Jährige, der oft die Oberhand im Zweikampf behielt und seinen Gegenspielern das Spiel erschwerte. Mit dem Ausgleich bekam allerdings auch der Auftritt des U21-Nationalspielers einen faden Beigeschmack - schade - im Dress des HSV gehörte der Verteidiger allerdings mal wieder zu den besten.
3. Moritz Heyer
War auf den Kieler Spielmacher Lee angesetzt und nahm den Koreaner zumindest im ersten Spielabschnitt fast vollständig aus dem Spiel.
Heyer belohnte sich für seine enorme Zuverlässigkeit mit seinem ersten Saisontor im Dress des HSV. Im zweiten Spielabschnitt tauchte aber auch der ehemalige Osnabrücker ab und setzte kaum noch defensive Akzente. Schönes und verdientes Tor, aber auch Moritz Heyer war in Halbzeit zwei nur noch ein Schatten seiner selbst.
4. Sven Ulreich
Am Ende der wohl ärmste Akteur auf dem Spielfeld. Sven Ulreich war über 89 Minuten ein sicherer Rückhalt, wurde in der letzte Minute der regulären Spielzeit aber kalt erwischt. Das vermeidbare Gegentor resultierte allerdings aus einigen Unkonzentriertheiten seiner Vorderleute, weshalb sich der ehemalige Bayern-Fänger keinen Vorwurf machen darf, denn ansonsten war "Ulle" immer anspielbar, ruhig und vor allem sicher.
Die erste klare Torchance der Störche vermieste Ulreich einen sonst souveränen Auftritt.
Ganz nebenbei legte Jeremy Dudziak das zwischenzeitliche 1:0 durch Moritz Heyer stark vor und sackte damit bereits seinen fünften Assist in der laufenden Saison ein - eine nette Randerscheinung, wenn auch nur ein sehr schwacher Trost.
Die Flops der Partie
5. Khaled Narey
Khaled Narey erwischte keinen guten Arbeitstag. Der sich in den letzten Wochen aufdrängende Flügelstürmer konnte gegen die Störche keinen Stich setzen und war nahezu unsichtbar. Die wenigen Aktionen, die der 26-jährige hatte, verpufften, da sich Narey mit einer engen Manndeckung auseinandersetzen musste, die keinen Stich zuließ.
Mit Aussicht auf die Zeit nach der Länderspielpause muss Narey ordentlich nachlegen - auf der Bank lauern einige Alternativen.
6. Sonny Kittel
Manchmal fragt man sich: Was soll das? Warum so lässig? Besonders wenn Sonny Kittel in der Nähe ist fehlt oft der gewünschte Elan im Spiel des HSV. Der sonst so talentierte Edeltechniker lässt das Spiel zunehmend an sich vorbeiziehen, ohne selbst ernsthaft in das Geschehen einzugreifen.
Der Wille, gewinnen zu wollen, ist bei Kittel leider nur noch sehr selten zu erkennen. Auch die Ecken des Zehners kommen häufig nicht so, dass diese verwertet werden können, auch wenn eine dieser Standards zur zwischenzeitlichen Führung führten. Es überwiegen de Aktionen, in denen Kittel fahrlässig den Ball verspielt - in der Pause sollte der Dribbler dringend an seiner Einstellung arbeiten, ansonsten droht ein Platz auf der Bank.
7. Josha Vagnoman
Ist zunehmend damit beschäftigt nach Ballverlusten zu lamentieren, anstatt dem verlorenen Leder hinterherzujagen. Sein Gegenspieler Joshua Mees war für den Ausgleich verantwortlich und profitierte vom schlechten Stellungsspiel Vagnomans. Fast schon stümperhaft sah der klägliche Klärungsversuch des U21-Nationalspielers aus, der nun wohl mit Bauchschmerzen zum Team von Stefan Kunz reisen wird.
Natürlich hat Vagnoman noch viel vor sich - einige Bewegungsabläufe muss der talentierte Abwehrmann jedoch definitiv verbessern - Kopf hoch, Josha!
8. David Kinsombi
Ob es nochmal was wird mit Kinsombi und dem HSV? Seit Monaten befindet sich der 24-jährige auf einem besorgniserregenden Level, weit weg von seiner Topform. Oft ist der Deutsch-Kongolese nur Nebendarsteller. Seinen Gegenspielern gewährt Kinsombi Freiräume, die auf Seiten des HSV vermieden werden sollten, da sie häufig bestraft werden. Auch gegen seinen Ex-Verein vermisste man die Robustheit und Spielstärke, die ihn an der Förde einst auszeichneten.
Es bleibt nur eins: Daumen drücken, dass der Knoten endlich platzt. Hoffentlich nutzt David Kinsombi die Länderspielpause um sich zu ordnen.
Viele Gutscheine wird Daniel Thioune sicher nicht mehr verteilen.
In der zweiwöchigen Pause wird es für den HSV und Daniel Thioune viel zu tun geben. Neben sicherlich intensiven Einheiten ist ein Testspiel gegen einen dänischen Zweitligisten geplant.
Besonders an der Einstellung einiger seiner Schützlinge muss der Fußballlehrer arbeiten - zu lässig geht es einfach nicht. Vier Punkte Vorsprung scheinen zwar relativ souverän zu sein - der Schein trügt jedoch gewaltig. Zu bitter sind die Erfahrungen aus den vergangenen beiden Jahren...