HSV-Coach Thioune über Hunts Nichtberücksichtigung: "War keine Entscheidung gegen Aaron!"
Von Guido Müller
Es fällt schwer, nach dieser ersten Pflichtspiel-Woche der Spielzeit 2020/21 bezüglich der Personalie Aaron Hunt (34) nicht an den Begriff Sündenbock zu denken. Denn zu offensichtlich war die Verbindung zwischen einem schwachen Auftritt des Routiniers bei der 1:4-Niederlage im Pokal bei Dynamo Dresden und seiner Nicht-Berücksichtigung beim Liga-Auftakt gegen Düsseldorf.
Und so billig (oder einfach) es auch bisweilen daherkommen mag, für ein kollektives Versagen einen einzelnen Akteur an den Pranger zu stellen - Daniel Thioune hat es, durch die Blume, am vergangenen Freitag getan.
Denn beim Liga-Auftakt gegen Absteiger Fortuna Düsseldorf schmorte Aaron Hunt über die gesamte Spielzeit auf der Bank. Obwohl er körperlich fit war. Selbst ein sich eher im hinteren Bereich der Kader-Hierarchie einreihender Spieler wie Hunts Namensvetter Aaron Opoku bekam noch ein paar Minuten gegen die Fortunen.
Der Vollständigkeit halber sei natürlich auch erwähnt, dass Hunt am letzten Freitag nicht der einzige Spieler war, der sich gegenüber dem Pokal-Spiel auf einmal auf der Bank wiederfand. Doch genauso wahr ist eben auch, dass vor allem der Routinier eine große Diskrepanz zwischen seinem Potential und der abgelieferten Leistung offenbarte.
Thioune verweist auf intensive Saison
Doch einen Fingerzeig für die gesamte Saison will HSV-Coach Daniel Thioune laut BILD aus seiner Personalentscheidung vom Freitag nicht abgeleitet wissen. Aarons Fehlen beim Auftaktspiel sei grundsätzlich abgesprochen gewesen. "Es war keine Entscheidung gegen Aaron. Wir haben viele gute Fußballer im Kader und haben immer gesagt, dass wir flexibel sein wollen. Aaron trägt das Ganze mit." Und - ganz Psychologe - fügt er noch hinzu: "Er ist ein sehr guter Fußballer. Beim nächsten Spiel in Paderborn kann schon alles wieder ganz anders aussehen. Es wird eine intensive Saison, wir haben keine Winterpause, da brauchen wir den gesamten Kader."
Wären die Worte Thiounes im Kern nicht unbestreitbar, könnte man fast von Allgemeinplätzen oder Phrasendrescherei sprechen. Doch dass Aaron Hunt, bei allen Schwierigkeiten, die ein großer Teil der Anhängerschaft mit ihm hat, punktuell noch wichtig werden kann, steht ebenfalls außer Frage. Rein statistisch gesehen hat der HSV mit Hunt auf dem Feld durchschnittlich immer noch mehr Punkte eingesammelt, als ohne ihn. Entsprechend wird der Trainer einen Teufel tun, seinen Routinier - zusätzlich zu der Nicht-Berücksichtigung am ersten Spieltag - auch noch verbal zur Schnecke zu machen. Was auch unfair wäre, zumal sich der Spieler per se nie etwas zu Schulden hat kommen lassen.
Es gilt nun einfach, für Hunt die für die Mannschaft produktivste und zweckdienlichste Funktion zu finden. Laufintensives, ekliges, auf den Füßen stehendes Spiel, wie es nun einmal von fünfundneunzig Prozent der Zweitliga-Mannschaften betrieben wird, war noch nie sein Ding. Und wird es auch nicht mehr werden. Doch um in bestimmten Phasen, irgendwann Mitte der zweiten Halbzeit, ein wenig Ruhe in das Spiel zu bekommen - dafür ist der Edeltechniker eigentlich immer noch prädestiniert.