Horst Hrubesch sagt Au Revoir - Ein Rückblick auf seine Zeit als Bundestrainer bei den DFB-Frauen

Der Gewinn der Bronze-Medaille bei Olympia war auch das letzte Spiel von Horst Hrubesch als Bundestrainer bei den DFB-Frauen. Ein Blick zurück auf seine letzte Amtszeit mit der Nationalelf.
Horst Hrubesch verabschiedet sich als Bundestrainer.
Horst Hrubesch verabschiedet sich als Bundestrainer. / Alex Livesey/GettyImages
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Mit dem Abpfiff in Lyon und dem Gewinn der Bronze-Medaille gingen für die DFB-Frauen nicht nur die Olympischen Spiele zu Ende, sondern auch die Zeit mit Horst Hrubesch als Bundestrainer. Der 73-Jährige übernahm die deutsche Frauennationalmannschaft nach einer gescheiterten Weltmeisterschaft. Hrubesch päppelte das Team wieder auf und erfüllte sich und der Mannschaft vor seiner Trainer-Rente noch einen letzten großen Traum: Die Olympischen Spiele in Paris. Ein Blick zurück auf Horst Hrubeschs zweite Amtszeit an der Seitenlinie der DFB-Frauen.

Der Notnagel Hrubesch

Das Kopfballungeheuer Hrubesch begann seine Karriere beim Deutschen Fußball-Bund zunächst als Trainer des Herren-Nachwuchses - mit dem gewann er die U19- und U21-Europameisterschaft sowie olympisches Silber 2016 in Rio. Im März 2018 sprang Horst Hrubesch zum ersten Mal interimsweise als Bundestrainer der Frauennationalmannschaft in die Presche und führte das Team prompt zur WM-Qualifikation. Nach acht Monaten war dann Schluss und Martina Voss-Tecklenburg übernahm.

Der DFB hatte ihn von da an als Notnagel auf dem Zettel und so kontaktierte der Verband den damals 72-Jährigen abermals, als die Rückkehr von Martina Voss-Tecklenburg nach der krachend gescheiterten Weltmeisterschaft aussichtslos erschien. Hrubesch sollte es wieder richten, doch zu reparieren gab es einiges: Fehlendes Selbstbewusstsein und Vertrauen, mangelnde Kommunikation und Unzufriedenheit prägten das Bild der DFB-Auswahl im November 2023. Und neben all den Baustellen gab es dann auch noch ein ambitioniertes Ziel zu erreichen: Die Olympischen Spiele 2024 in Paris.

Communication is Key

"Er ist ein Vertreter der älteren Schule, er bringt uns die Sicherheit zurück und gibt jeder Spielerin das Vertrauen, das sie benötigt", schwärmte Alexandra Popp über den neu-alten Trainer. Tatsächlich machte sich das auch auf dem Rasen bemerkbar: Mit 5:1 gewannen die DFB-Frauen bei Hrubeschs Einstand gegen Wales und machten einen großen Schritt in der Nations-League.

"Er weiß, wie er Menschen anfassen muss, damit Harmonie einkehrt. Und da gehört auch mal eine ruppige Ansage dazu", sagte Torwarttrainer Michael Fuchs vor einigen Monaten. Wenn Personen, die mit Hrubesch zusammengearbeitet haben, über ihn erzählen, zieht sich ein Attribut wie ein roter Faden durch die Schilderungen: Die Kommunikation des 73-Jährigen soll einzigartig sein. Der Bundestrainer würde laut Popp "kein Blatt vor dem Mund nehmen", ehrlich sein und offen mit dem Team kommunizieren - das soll besonders bei Martina Voss-Tecklenburg nicht so gut funktioniert haben.

Im Dezember erhöhte sich dann der Druck auf das Team: Nur im Falle der Qualifikation für Olympia wird Horst Hrubesch auch weiterhin auf der Trainerbank zu finden sein. Für viele überraschend schafften die DFB-Frauen das große Ziel auch zu erreichen, nachdem sie im Spiel um Platz 3 der Nations-League die Niederlande besiegten. Es mag nicht immer der schönste Fußball gewesen sein, doch die Stimmung auf und neben dem Platz schien einfach gepasst zu haben.

Kathrin Hendrich, Giulia Gwinn, Lena Oberdorf, Sjoeke Nusken, Alexandra Popp, Lea Schuller, Vivien Endemann, Klara Buhl
Die DFB-Frauen konnten das Olympia-Ticket lösen. / BSR Agency/GettyImages

Doch bevor der olympische Traum gelebt werden konnte, stand mit der EM-Qualifikationen die nächste Hürde vor der Brust. Nach holprigen und mitunter wenig überzeugenden Spielen konnten die DFB-Frauen mit Horst Hrubesch auch noch das EM-Ticket lösen. Der Cheftrainer zeigte sich selbst nach fragwürdigen Leistungen seiner Schützlinge optimistisch und fungierte als Motivator. Dennoch übte er durchaus auch Kritik, fand aber stets die gesunde Mischung.

Mit Bronze in Rente

Ende Juli ging es dann zu seiner letzten Mission an der Seitenlinie der DFB-Frauen: Die Olympischen Spiele. Versprühte der Start mit dem 3:0 Sieg über Australien Hoffnung, wurde diese nach der deutlichen Klatsche gegen die USA zunichtegemacht. Doch Horst Hrubesch bliebt weiterhin optimistisch - und das sollte sich auszahlen. Im Elfmeterschießen gegen Kanada machten "seine Mädels" das Halbfinale perfekt. Im Spiel um Platz 3 gewannen die DFB-Frauen auch für ihren Bundestrainer die Bronze-Medaille: "Wir freuen uns riesig für den Trainer, das rundet die Sache ab. Er bekommt ein Abschiedsgeschenk", so Giulia Gwinn nach dem Spiel.

Im leeren Stadion in Lyon war der Einfluss von Horst Hrubesch beim Spiel gegen Spanien auch vor dem Bildschirm zu spüren: Unermüdlich gab er seinen Spielerinnen Tipps. Im verbalen Dauereinsatz waren Floskeln wie "Druck drauf" oder "Höher stehen" fast alle fünf Minuten zu hören. Gefühlt absolvierte der 73-Jährige an der Seitenlinie mehr Kilometer als die Spielerinnen auf dem Platz. Die deutsche Frauennationalelf war vielleicht taktisch nicht immer perfekt aufgestellt, doch der Kampfgeist und die Mentalität stimmten unter Hrubesch wieder.

Horst Hrubesch
Erschöpft: Horst Hrubesch nach dem kleinen Finale gegen Spanien. / Claudio Villa/GettyImages

Mit Sicherheit hat der nun scheidende Bundestrainer einen großen Anteil am Gewinn dieser Medaille. Doch Horst Hrubesch stellt sich nicht gerne in den Mittelpunkt: "Ich habe den Mädels das gegeben, was ich kann, und sie haben mir gegeben, was sie können. Das hat funktioniert, das ist das Schöne am Ende".

Zum Schluss seiner Amtszeit als Bundestrainer der DFB-Frauen fand der 73-Jährige folgende Worte: "Ich konnte es mit den Mädels beim ersten und auch beim zweiten Mal. Es hat auch für mich einfach riesig Spaß gemacht. Ich kann nur danke sagen, dass sie mich so mitgenommen und mir das alles hier ermöglicht haben" - bescheiden wird er wohl immer bleiben.

Die Bilanz seiner zweiten Amtszeit bei den DFB-Frauen

Unter der Führung von Horst Hrubesch absolvierten die DFB-Frauen seit Ende Oktober insgesamt 18 Partien. 13 Mal ging der 73-Jährige mit seinem Team als Sieger hervor, ein Mal wurden sich die Punkte geteilt. Auch vier Niederlagen gab es für den Bundestrainer und seine Auswahl.

Als letzte Amtshandlung darf sich Horst Hrubesch am Samstag noch die Bronze-Medaille in Paris abholen und somit seine Era bei den DFB-Frauen krönen. Dem Frauenfußball will er aber in jedem Fall erhalten bleiben. Ein Pflichttermin steht schon in seinem Kalender: Die Europameisterschaft in der Schweiz im nächsten Jahr. Dorthin will Horst Hrubesch reisen und der Frauennationalmannschaft weiterhin als Fan erhalten bleiben.

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