Hertha BSC und das Chaos: Kein Ende in Sicht

Sebastian Frej/MB Media/Getty Images
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Bundesligist Hertha BSC hatte das schlimmste hinter sich. Die Jürgen Klinsmann-Posse war Geschichte. Die Verpflichtung von Trainer Bruno Labbadia als neuer Chef-Trainer versprach so etwas wie Konstanz und sportlich gesehen konnte den Berlinern fast nichts besseres passieren als eine Pause, wie sie die Corona-Krise verursachte. Im Grunde genommen konnte man zuversichtlich auf den Wiederanpfiff der Liga blicken. Dann kam Salomon Kalou.

In Berlin hoffte man, dass mit der Verpflichtung eines neuen Trainers endlich und endgültig Ruhe einkehren würde, nach der insgesamt sehr aufreibenden und kräftezehrenden Zeit mit und nach Jürgen Klinsmann. Dann kam die Corona-Krise und damit die Zwangspause in der Bundesliga. An sich gar nicht mal schlecht für die Hertha, die sich Stand jetzt auf Platz 13 in der Tabelle, lediglich sechs Punkte vor dem Relegationsplatz, wiederfindet.

Die Hertha unterwegs in die Bedeutungslosigkeit

Von daher kam eine Pause den Berlinern ganz gelegen, die eine Unterbrechung des Spielbetriebs hätten nutzen können, um zum einen in Ansätzen das neue System des neuen Trainers zu studieren, und zum anderen die Neuankömmlinge um Piatek, Cunha und Ascacibar noch besser zu integrieren. Denn zuletzt sah die Idee vom Big City Klub immer mehr nach Wunschdenken aus. Die letzt Partie in der Liga gegen den akut abstiegsgefährdeten Tabellenvorletzten SV Werder Bremen ging mit 2:2 aus, und damit enttäuschend für die Hertha, die sich durch einen Sieg nicht nur etwas Luft auf die Abstiegszone hätte holen können, sondern auch neues Selbstvertrauen tanken.

Es wird einfach nicht ruhig in Berlin: Michael Preetz hat erneut Baustellen zu bearbeiten
Es wird einfach nicht ruhig in Berlin: Michael Preetz hat erneut Baustellen zu bearbeiten / DeFodi Images/Getty Images

Zudem war man bei der Alten Dame besonders in Person von Manager Michael Preetz sehr darauf bedacht, das Bild, das Jürgen Klinsmann zeichnete, nämlich das eines chaotischen Vereins ohne Struktur, ohne Vision und ohne kompetente Führung, vehement zu widerlegen und ein anderes, ein besseres Bild zu zeichnen. Das funktionierte in den letzten Wochen auch tatsächlich recht ordentlich. Dann kam Salomon Kalou und riss die im Eilverfahren hochgezogene Sichtschutzmauer mit der Abrissbirne Social Media wieder ein.

Handshake und brisante Aufnahmen

Die Geschichte um den ivorischen Angreifer ist schnell erzählt. Kalou drehte für den Facebook-Livestream ein Video, in dem er nicht nur seinen Weg zum Hertha-Trainingsgelände filmte, sondern auch Aufnahmen aus der Kabine und seine Begrüßung einiger Mitarbeiter und Spieler. Das Problem: Nicht nur Kalou selbst, sondern beinahe alle in dem Clip gezeigten Protagonisten halten in keiner Weise die von der DFL bestimmten hygienischen Corona-Richtlinien ein.

Handshake zu Begrüßung mit Fitnesstrainer Hendrik Kuchno und Vedad Ibisevic? Ja! Mindestabstand von 1,5 Metern? Fehlanzeige. Dazu wird Jordan Torunarigha sogar noch beim Corona-Test gefilmt. Das wirklich brisante jedoch ist etwas anderes. Etwas, das erneut die Frage aufwirft, wie in Berlin überhaupt miteinander kommuniziert wird. Denn was auf der Aufnahme ebenfalls zu hören ist, sind Beschwerden über den zu hohen Gehaltsausfall für die Spieler. Gerade Kapitän Ibisevic scheint vollkommen perplex zu sein und fordert lautstark, man solle den unter Klinsmann als Performance-Manager eingestellten Arne Friedrich konsultieren, dieser habe schließlich die Unterschrift unter den Gehaltsverzicht gefordert.

Kein Ende in Sicht

Wirklich klargemacht zu haben, was im Kleingedruckten steht, scheint den Spielern jedoch niemand. Auch wenn mittlerweile klar ist, das es sich tatsächlich um einen Abrechnungsfehler vonseiten des Vereins handelte. Doch wie kann es sein, dass Regeln der DFL nicht eingehalten werden und sich selbst Vereinsmitarbeiter nicht an diese halten? Zumal die der Fußball an sich derzeit sehr kritisch beäugt wird und immer mehr Stimmen laut werden, die einen Start der Liga für verfrüht halten und vor allem auch gesellschaftlich ungerecht. In diesem Zusammenhang wirkt der gesamte Auftritt Kalous noch unglücklicher.

Dieser wurde bereits suspendiert und stellt somit im Grunde genommen das Bauernopfer dar. Denn es war nicht Kalou allein, der aus der Reihe tanzte, er war es lediglich, der die erneuten Mängel der Hertha ans Tageslicht und an die Öffentlichkeit brachte. Quasi ein unfreiwilliger Maulwurf. Man fragt sich, warum es ausgerechnet erneut den Hauptstadtklub trifft, der doch eigentlich durchstarten wollte und auf ruhige Wochen blickte. Denn es ist nicht auszuschließen, dass auch bei anderen Vereinen die ein oder andere Regel recht großzügig interpretiert wird.