Hertha BSC braucht einen Neuanfang - allen voran ohne Michael Preetz

Bruno Labbadia (mitte) und Michael Preetz (l.) werden aller Voraussicht nach ihre Koffer packen müssen
Bruno Labbadia (mitte) und Michael Preetz (l.) werden aller Voraussicht nach ihre Koffer packen müssen / ODD ANDERSEN/Getty Images
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Von den vergangenen fünf Spielen gegen die direkte Konkurrenz konnte Hertha BSC nur ein einziges gewinnen. Nach den Niederlagen gegen Hoffenheim (0:3) und Werder Bremen (1:4) braucht es einen kompletten Neuanfang - ohne Bruno Labbadia und ohne Michael Preetz.

Es war eine surreale Niederlage, die Hertha BSC am Samstagabend gegen Werder Bremen einstecken musste. In allen Belangen waren die Gastgeber aus der Hauptstadt die bessere Mannschaft, doch die Dynamiken, die sich innerhalb des Abstiegskampfes entwickeln, haben von Beginn an ihren Lauf genommen. Und so ging die Hertha nach einem berechtigten Elfmeter in Rückstand (10.), verschoss wenige Minuten später selbst einen Strafstoß (21.) und kassierte kurz darauf nach einer Standardsituation das 0:2 (29.).

Zwar verkürzte Jhon Cordoba unmittelbar vor der Halbzeitpause auf 1:2, doch inmitten einer ordentlichen Phase erhöhte Werder auf 3:1 (57.) und erzielte exakt 20 Minuten später Tor Nummer vier. Es war ein Sieg der Effizienz, denn die Bremer wiesen lediglich 7 Torschüsse auf - Hertha hingegen 18. Die Mannschaft von Florian Kohfeldt war es auch, die nur 34 Prozent Ballbesitz hatte (Daten via kicker), jedoch fiel den Berlinern wenig gegen diesen tiefstehenden Gegner ein - wie so häufig in der Bundesliga, in der sich viele Mannschaft bei eigenem Ballbesitz schwertun.

Hertha BSC bekommt die Wucht des Abstiegskampfes zu spüren

"Wir sind maßlos enttäuscht – auch über die Art und Weise dieser Niederlage", wird Hertha-Keeper Alexander Schwolow auf der Vereinswebsite zitiert. "Nach dem 0:2 haben wir gut reagiert, da haben wir uns ordentlich präsentiert, gute Chancen herausgespielt und uns gegenseitig unterstützt. Der Anschlusstreffer war verdient und wenn die Halbzeitpause erst drei, vier Minuten später gekommen wäre, hätten wir noch vor dem Seitenwechsel das 2:2 gemacht. Da war das Momentum klar auf unserer Seite. Das 1:3 in einer denkbar ungünstigen Phase war ein weiterer Nackenschlag."

Auch Matthew Leckie erinnerte an die Chancen, die die Hertha einfach nicht im Tor unterbringen konnte: "Wir sind mit dem 1:2 in die Kabine und hatten einige Chancen, zurück ins Spiel zu kommen. In dieser Situation, wenn du unten in der Tabelle stehst, stehst du immer unter Druck und hast das Glück selten auf deiner Seite." Bremen hingegen "hatte nicht viele Chancen, hat diese aber genutzt" - wobei Abwehrspieler Niklas Stark ergänzte, "dass wir die Gegentore dann zu einfach bekommen haben".

Schwolow verteidigt Labbadia - das Aus scheint jedoch bereits beschlossen

Die Niederlage, so wurde es schon im Vorfeld berichtet, dürfte gleichbedeutend mit dem Aus von Bruno Labbadia sein. "Wir sind von unserem Trainer überzeugt. Uns als Team tut es leid, dass so eine Diskussion um den Coach überhaupt aufgekommen ist", beteuerte Schwolow - doch auch eine solche Konsequenz gehört zu den Dynamiken im Abstiegskampf dazu.

Laut eines Berichts von Sport1 soll Pal Dardai die Alte Dame bis Saisonende übernehmen
Laut eines Berichts von Sport1 soll Pal Dardai die Alte Dame bis Saisonende übernehmen / TF-Images/Getty Images

Die Berichte über eine Ablösung des 54-Jährigen häufen sich, nach Informationen von Sport1 soll Ex-Trainer Pal Dardai bis Saisonende übernehmen. Angesichts der mageren Punkteausbeute in dieser Saison ist das voraussichtliche Labbadia-Aus nicht überraschend, allerdings braucht es Veränderungen im größeren Stil, wenn sich der Hauptstadtverein langfristig aus dem Niemandsland der Tabelle hocharbeiten will.

Hertha BSC: Die Trennung von Preetz ist unausweichlich

In diesem Zusammenhang steht besonders Michael Preetz im Fokus. Der Geschäftsführer Sport ist seit 2009 im Amt, von Fortschritt kann in mittlerweile fast elf Jahren unter seiner Ägide aber keine Rede sein. Die Abstiege in den Jahren 2011 und 2013 wurden zwar korrigiert, die erhofften Höhenflüge blieben aber mit Ausnahme der Saisons 2015/16 und 2016/17, in denen die Mannschaft unter Dardais Leitung auf den Plätzen sieben und sechs landete, aus.

Der Unterschied zu damals ist die gestiegene Erwartungshaltung nach den hohen Investitionen von Tennor Holding. Laut transfermarkt.de wurden allein seit Sommer 2019 Ablösesummen in Höhe von rund 144 Millionen Euro für neue Spieler gezahlt - dennoch spielt die Mannschaft im zweiten Jahr in Folge gegen den Abstieg.

Michael Preetz steht in allen Belangen für Stillstand
Michael Preetz steht in allen Belangen für Stillstand / Maja Hitij/Getty Images

Für das langfristige Projekt, aus der grauen Maus eine Europapokalmannschaft mit der Chance auf einen Titel zu formen, ist Preetz schlicht und ergreifend nicht geeignet. Bezeichnend dafür ist, dass es nach der Trennung von Dardai, der einen defensiven Spielstil pflegt und zu seiner Zeit für Mittelmaß stand, hoch hinaus gehen sollte - jetzt soll der Ungar die Mannschaft offenbar stabilisieren und mit ihr die Klasse halten.

Es muss das Ziel sein, die Saison zu retten und sich im Sommer komplett neu aufzustellen. Carsten Schmidt, der seit Dezember als CEO fungiert, ist gleich gefordert, schwierige Entscheidungen zu treffen. Der Zeitpunkt mag schneller kommen, als dem früheren Sky-Chef lieb sein dürfte. Aber Hertha BSC hat keine andere Wahl, als sich von Labbadia und Preetz zu trennen.