Hannovers Streichliste: Vier verdiente Stars auf dem Abstellgleis

gehören zu den Streichkandidaten - Edgar Prib (li.) und Marvin Bakalorz (re.)
gehören zu den Streichkandidaten - Edgar Prib (li.) und Marvin Bakalorz (re.) / TF-Images/Getty Images
facebooktwitterreddit

Es sind turbulente Wochen in Hannover. Am gestrigen Donnerstag mussten alle Profis den obligatorischen Corona-Test vor dem Trainingsstart durchlaufen. Auch dabei: Vier Spieler, die bei Hannover 96 wohl keine Zukunft mehr haben. Trainer Kenan Kocak soll den Beteiligten signalisiert haben, dass ihnen eine Degradierung zu den Amateuren der Roten droht, wenn kein Abnehmer gefunden werden kann, wie der Sportbuzzer berichtet.

Der Umbruch in Hannover steht unmittelbar bevor. Auch vor verdienten Spielern wird in der Landeshauptstadt Niedersachsens kein Halt gemacht. Auf den Kader wartet vor dem Start der neuen Saison ein radikaler Einschnitt, mit der Hoffnung, in der kommenden Spielzeit um den Aufstieg zur Bundesliga zu spielen. Nicht nur finanziell muss am Maschsee gespart werden, auch der Kader soll ausgedünnt und qualitativ verbessert werden.

Die Streichliste von Hannover 96

1. Ron-Robert Zieler, 31, Torwart

glücklos bei seiner zweiten Amtszeit in Hannover: Ron-Robert Zieler
glücklos bei seiner zweiten Amtszeit in Hannover: Ron-Robert Zieler / DeFodi Images/Getty Images

In der letzten Woche erlebte Ron-Robert Zieler ein Wechselbad der Gefühle. Die Geburt seiner ersten Tochter Viola Victoria machte das junge Familienglück perfekt. Aber: Öffentlich wurde der Torwart vom Verein angezählt - mehrfach wurde signalisiert, dass Zieler keine Zukunft an der Leine hat, trotz Vertrags bis 2023. Der Keeper, der nach Abenteuern in England um beim VfB Stuttgart vor einem Jahr nach Hannover zurückkehrte, konnte seine Leistungen aus seiner ersten Amtszeit bei den Roten nicht bestätigen. Schon von 2010 bis 2016 hütete der Weltmeister von 2014 das Tor der 96er. In der Zeit erlebte auch Zieler den Höhepunkt der jüngsten Vereinsgeschichte der Hannoveraner, mit der Qualifikation für die Europa League in den Jahren 2011 und 2012. Im Jahr 2016 folgte der Wechsel zu Leicester City nach England, ein Jahr später heuerte Zieler beim VfB Stuttgart an, bevor der sechsmalige Nationalspieler im vergangenen Jahr zu 96 zurückkehrte.

Mit Zieler im Tor sollte die 2. Bundesliga schnell wieder verlassen werden, was folge war eine desaströse Saison. In der Hinrunde stand Hannover mit dem Rücken zur Wand, sogar ein Absturz in die Drittklassigkeit drohte zeitweise. Erst die Verpflichtung von Kenan Kocak konnte den Kurs an der Leine richten und zu einem relativ versöhnlichen Saisonabschluss führen.
In der Führungsetage am Maschsee kristallisierte sich heraus, dass man vor allem mit den Leistungen Zielers nicht einverstanden war. Mehrfach wurde dem 31-Jährigen die Bundesligatauglichkeit abgesprochen. In 31 Spielen kassierte Zieler 45 Tore und blieb sieben mal ohne Gegentor. Es waren allerdings die zahlreichen und teilweise haarsträubenden Fehler, die den Keeper in die Schusslinie zerrten.

In den vergangenen Wochen war Hannover 96 öffentlich auf der Suche nach einer neuen Nummer 1. Das Torwart-Kuddelmuddel war perfekt, als Michael Esser am gestrigen Donnerstag als neuer starker Mann im Tor der Roten präsentiert wurde. Der Michael Esser, der Hannover erst im Januar verließ, schloss die Tür für Zieler. Die Wechselspiele im Tor scheinen nun vorerst beendet zu sein, jedoch soll der ursprünglich bis 2023 gebundene Zieler den Verein noch verlassen. Sportlich gibt es für den langjährigen Hannoveraner wohl keine Zukunft mehr bei den Niedersachsen und auch das Gehalt steht in keinem Verhältnis zum schweren Stand des Torhüters in Hannover. Nach insgesamt sieben Jahren 96 und 253 Spielen wird nun wohl endgültig Schluss sein - Interesse soll es unter anderem aus der Bundesliga geben.

2. Felipe, 33, Innenverteidiger

glücklos und bald vereinslos? - Felipe
glücklos und bald vereinslos? - Felipe / TF-Images/Getty Images

Was malerisch begann, endete nach acht Jahren mit nur 72 Spielen für Hannover. Das erste Mal liefen sich Felipe und Hannover 96 in der Europa League über den Weg. Beim damaligen Gegner der Roten, Standard Lüttich, war der Brasilianer eine Macht im Abwehrzentrum - es war sowas wie Liebe auf den ersten Blick zwischen dem Innenverteidiger und 96, denn schnell wurde klar, dass man Felipe unbedingt nach Niedersachsen holen möchte, was in der folgenden Saison auch tatsächlich klappte.
Voller Vorfreude wurde der Defensivmann verpflichtet, der zum neuen Hoffnungsträger avancierte.

Im Oktober 2012 dann jedoch der erste Schock: Felipe fiel mit einer Hüftverletzung fast ein halbes Jahr aus. Es war der Beginn einer schier endlosen Verletzungs-Odyssee, denn in den folgenden Monaten und Jahren füllte sich die Krankenakte des Brasilianers unaufhörlich.
Zwischen Gerüchten eines vorzeitigen Karriereendes und auch dem ein, oder anderen Interessenten, der Felipe (wenn fit) verpflichten wollte, schlich sich immer wieder das Fünkchen Hoffnung, dass der Verteidiger endlich zu alter Stärke finden könnte, weshalb der große Linksfuß nie fallen gelassen wurde.

Trotzdem nähert sich nun auch die Zeit von Felipe in Hannover dem Ende entgegen. Neben den noch immer hartnäckigen Verletzungspausen fällt der Brasilianer außerhalb des Platzes vermehrt negativ auf. Die zahlreichen Ausfälle scheinen an der Moral des Verteidigers gekratzt zu haben, weshalb ein Abschied wohl die einzig logische Konsequenz für alle Beteiligten ist. Zwar hat Felipe noch bis 2021 Vertrag, ein weiteres Jahr wird er wohl aber nicht durchhalten können.
Ein Karriereende scheint für den mittlerweile 33-Jährigen möglich, der in der vergangenen Saison nur noch neun Mal auf dem Platz stand.

3. Edgar Prib, 30, zentrales Mittelfeld

überzeugte auch als Führungskraft - Edgar Prib
überzeugte auch als Führungskraft - Edgar Prib / Pool/Getty Images

Auch die Zeit von Edgar Prib bei Hannover 96 ist von schweren Verletzungen geprägt, die den langjährigen Fürther immer wieder aus der Bahn warfen. Trotz zweier Kreuzbandrisse wurde der Kontakt mit dem Mittelfeldmann immer wieder verlängert, denn fit war Prib nicht selten eine Verstärkung für 96.

Auch Edgar Prib ging mit 96 durch dick und dünn - der Mittelfeldmann erlebte den Abstieg und auch die Meisterschaft in der 2. Bundesliga hautnah mit und war immer ein Teil des Mannschaftsgefüges an der Leine.
Besonders die Flexibilität des Linksfußes spielte Hannover in die Karten, denn Prib konnte nahezu alle Positionen im Mittelfeld besetzen.
Zwischenzeitlich besetzte der 30-Jährige sogar das Amt des Kapitäns in der niedersächsichen Landeshauptstadt und überzeugte auch als Führungskraft im Kader der Hannoveraner.

In der vergangenen Spielzeit kam Prib immerhin auf 26 Einsätze in denen er fünf Mal traf und ein weiteres Tor vorbereitete. Für mehr als die 2. Bundesliga wird es wohl aber nicht mehr reichen. Die schweren Verletzungen nagten zunehmend an der Substanz des Mittelfeldspielers, der noch bis 2021 bei den Roten unter Vertrag steht, nun aber nach sieben Jahren vorzeitig abgegeben werden soll.
Im gesunden Zustand wäre Edgar Prib sicherlich noch immer eine Verstärkung für den ein oder anderen Zweitligisten, an Interesse sollte es also nicht mangeln, wenn die finanziellen Rahmenbedingungen stimmen.

4. Marvin Bakalorz, 30, zentrales Mittelfeld

soll Hannover vorzeitig verlassen - Kapitän Marvin Bakalorz
soll Hannover vorzeitig verlassen - Kapitän Marvin Bakalorz / TF-Images/Getty Images

Auch der amtierende Kapitän von Hannover 96 soll von Bord gehen. Vor einem Jahr wollte man Marvin Bakalorz noch unbedingt an der Leine behalten. Schon damals standen die Zeichen auf Abschied, als sich der Mittelfeldmann nach Ablauf seines Vertrags einige Angebote anhörte. Letztendlich entschied sich Bakalorz jedoch für eine Verlängerung bei Hannover 96 und gegen mehr Geld bei anderen Vereinen, was mit der Kapitänsbinde belohnt wurde.

Zurecht, denn Bakalorz ist ein wahrer Führungsspieler, der eine ganze Mannschaft mitreißen kann. Robust, laut und verantwortungsvoll - Bakalorz erfüllt nahezu alle Punkte, die ein guter Kapitän mitbringen muss. Rein sportlich bestehen jedoch Diskrepanzen zwischen Erwartung und Realität.
Ein Rippenschaden setzte den Kapitän außer Gefecht, sodass er nur auf 19 Einsätze in der abgelaufenen Saison kam, in denen er selten einen sportlichen Mehrwert lieferte.
Unter Kenan Kocak verlor Bakalorz vor allem sportlich an Ansehen. Auch ihm soll laut Sportbuzzer mitgeteilt worden sein, dass ein Wechsel die beste Möglichkeit für alle Beteiligten sei.

Bakalorz, der seit 2016 bei Hannover 96 unter Vertrag steht und im Jahr 2012 mit Borussia Dortmund das Double gewann, ist menschlich ein einwandfreier Typ, ein wahrer Leader, der sich immer in den Dienst seiner Mannschaft stellt. Trotz der Vertragsverlängerung im letzten Jahr, die den Kontakt des Rechtsfußes bis 2022 ausweitete, scheint der 30-Jährige keine Zukunft mehr in Hannover zu haben. 107 Spiele absolvierte der Mittelfeldspieler für Hannover - womöglich kommt keines mehr dazu.


Nach den zahlreichen Abgängen von Spielern, deren Vertrag auslief, geht es nun verdienten Spielern in Hannover an den Kragen. Auf der Suche nach sportlichem Ruhm wird alles in Frage gestellt, besonders die Spieler bekommen auf teilweise sehr fragwürdige Art und Weise ihr Fett weg.
Speziell die öffentliche Degradierung von Ron-Robert Zieler zeigte erneut, dass Hannover 96 wenig Taktgefühl im Umgang mit Spielern besitzt. Schon in der Vergangenheit fiel die Führungsetage der Roten mehrfach durch plumpes Verhalten gegenüber Spielern, Verantwortlichen und Fans auf.
Der nun eingeschlagene Weg soll in der Bundesliga enden.
Den genannten Spielern droht die Abschiebung zur viertklassigen Reserve der Roten, wenn kein Wechsel finalisiert werden kann. Bei Betrachten der Vita und den Verdiensten, die diese Spieler für Hannover 96 aufweisen, ein trauriges Ende für die langjährigen Hannoveraner, die dem Verein auch in schweren Zeiten treu geblieben sind.
Sportlich ist dieser Weg mit dem Ziel Aufstieg jedoch irgendwo nachzuvollziehen, auch wenn es extrem schwer fällt.